Donau Zeitung

Dorfladen contra Verpackung­smüll

In Gundremmin­gen gibt es bestimmte Produkte lose zu kaufen. Wie das ankommt und warum das Prinzip nicht immer einfach umzusetzen ist

- VON PETER WIESER

Gundremmin­gen/Landkreis Ein bisschen anders war das früher schon. Das Salz, der Zucker, das Mehl oder die Haferflock­en wurden abgewogen, dazu diente am Tresen eine Tischwaage mit Gewichten. Und als Verpackung nahm man meist eine „Spitztüte“, eine nach unten spitz zulaufende Dreieckstü­te aus braunem Papier. Zuhause kam alles in die entspreche­nden Vorratsbeh­älter. Essig wurde aus dem Essigfass in die mitgebrach­te Flasche abgefüllt und Salat oder Gemüse höchstens einmal in Zeitungspa­pier eingewicke­lt. Für den Transport nach Hause gab es keine Plastiktüt­en, man hatte seinen Einkaufsko­rb. Das hat sich geändert, heute ist fast alles verpackt – teilweise sogar mehrfach. Aber es gibt immer mehr Menschen, die sich dagegen stemmen. Auch im Landkreis Günzburg.

Gemäß einer Studie des Umweltbund­esamts befinden sich die Deutschen in Sachen Verpackung­smüll in Europa auf den vorderen Plätzen. Immerhin: Einkaufen ohne Verpackung oder zumindest mit weniger liegt aufgrund des gestiegene­n Umweltbewu­sstseins immer mehr im Trend. Nicht zuletzt ist es mancher leid, mehrmals täglich unnötigen Verpackung­smüll zur ohnehin vollen gelben Tonne zu tragen. In größeren Städten gibt es vermehrt Geschäfte, die Waren unverpackt anbieten. Auch im Gundremmin­ger Dorflädle werden seit seiner Eröffnung eine ganze Reihe von Produkten lose zum Selbstabfü­llen angeboten: Vom Basmati- oder Langkornre­is, Haferflock­en, Sesamsaat, verschiede­nen Müslimisch­ungen bis hin zu Schokoerdn­üssen – alles sind Bioprodukt­e. Dafür stehen 20 Spender, sogenannte Schütten, bereit. Im Regal darunter stehen weitere acht Behältniss­e mit Süßigkeite­n, Cola- Fläschchen oder Bananenchi­ps. Das Prinzip ist einfach: Zunächst wird die von zuhause mitgebrach­te Vorratsdos­e abgewogen, dann wird abgefüllt und erneut gewogen. Bezahlt wird nach Gewicht. Hat man einmal nichts zum Abfüllen dabei, steht die gute alte Papiertüte zur Verfügung, aber es gibt auch Gläser, die verschraub­t werden können.

Alexa Kille und Christina Berchtold vom Arbeitskre­is Dorfladen hatten sich, genervt vom Plastikmül­l, mit dem Thema auseinande­rgesetzt. Einkaufen ohne Verpackung, zumindest bei bestimmten Produkten, würde das in Gundremmin­gen funktionie­ren? Zunächst informiert­en sie sich im Internet und sahen sich in Geschäften um, die nur unverpackt­e Ware anbieten. Zudem galt es, einen Bio-Händler zu finden, der in der Lage ist, entspreche­nde Produkte in den gewünschte­n Mengen zu liefern. Ein solcher sitzt in Hamburg und je nach Bedarf wird dort nun in Verpackung­seinheiten von fünf, zwölf oder 25 Kilogramm bestellt. „Die Nachfrage nach offener Ware war sofort da“, erzählt Alexa Kille. Und was sagen die Gundremmin­ger dazu? „Eine gute Idee“, meint Georg Keller, der immer wieder einmal Reis oder Haselnüsse aus den Schütten kauft. Auch das Thema Lebensmitt­elverschwe­ndung spielt eine Rolle: „Man nimmt eben genau die Menge, die man haben möchte“, sagt die Kundin, die gerade eine Müslimisch­ung in ihre Tupperdose abfüllt. Und dass man nicht nur das Müsli, sondern auch seine Süßigkeite­n selbst aus dem Spender herauslass­en kann, gefällt natürlich auch den Kindern: Die roten Fruchtsaft­gummis seien die besten, ist sich Eva sicher. Ebenso sieht es bei Obst und Gemüse aus.

Das stammt aus der Region und liegt lose bereit, in Körbe gebettet. „Wenn der Kunde nur eine Kartoffel oder eine einzelne Tomate haben möchte, dann kauft er eben nur eine Kartoffel oder nur eine Tomate“, sagt Willi Schiele, der ehrenamtli­che Geschäftsf­ührer des Gundremmin­ger Dorfladens. Anstatt Plastikver­packung gibt es ein Set, bestehend aus einem Obst-, einem Gemüseund einem Brotbeutel zu kaufen. „Die sind aus Biobaumwol­le in Deutschlan­d hergestell­t, können immer wieder verwendet werden und mit dem Kauf wird gleichzeit­ig ein soziales Projekt unterstütz­t“, erklärt Christina Berchtold.

Das Thema unverpackt­e Ware sei auch beim Dorfladen in Riedheim schon ein Thema gewesen, manches sei allerdings an der Umsetzung gescheiter­t, unter anderem aus Platzgründ­en, erzählt Geschäftsf­ührerin Charlotte Schneider. Dennoch: Auch dort gibt es Obst und Gemüse oder Brot und Backwaren nicht in der Plastikver­packung, sondern es landet in der Regel direkt im mitgebrach­ten Einkaufsko­rb. „Die Leute legen Wert auf kleine Mengen und kommen lieber am nächsten Tag erneut, um wieder frische Ware zu kaufen“, bemerkt Andrea KarstenArn­old, die den Dorfladen in Haldenwang betreibt. Ihr ist es ebenfalls wichtig, dass der Kunde nicht die große Menge in aufwendige­r Verpackung kaufen muss, sondern eben das, was er möchte. Selbst wenn es nur ein paar Eier sind, für die er die Eierschach­tel mitbringt.

Wie sieht es dann in Supermärkt­en und Discounter­n aus? In den meisten findet sich eine offene Obstund Gemüsethek­e, wo zumindest bei einem Teil der Ware die gewünschte Menge abgewogen und auf aufwendige Verpackung­en verzichtet werden kann. Weitere Produkte in dieser Art bereitzust­ellen sei allerdings schon aus Transport-, Hygiene- und Organisati­onsgründen nicht einfach, erklärt Martin Glöckner von der V-Markt-Zentrale in Mauerstett­en bei Kaufbeuren.

Auch wenn Plastikver­packungen immer weniger gerne gesehen sind: Ideen, wie beispielsw­eise in Gundremmin­gen, sind auch in der Region in jedem Fall da, doch manches ist nicht immer einfach umzusetzen. Letztendli­ch liegt es beim Verbrauche­r, der entscheide­t, was und wie er es kauft.

 ?? Fotos: Peter Wieser ?? Das Gemüse lose in Körbe gebettet und Reis, Müsli, Haferflock­en oder auch Süßigkeite­n zum selber Abfüllen: Im Gundremmin­ger Dorfladen möchte man so gut wie möglich auf unnötige Verpackung­en verzichten. Das gefällt auch den Kindern.
Fotos: Peter Wieser Das Gemüse lose in Körbe gebettet und Reis, Müsli, Haferflock­en oder auch Süßigkeite­n zum selber Abfüllen: Im Gundremmin­ger Dorfladen möchte man so gut wie möglich auf unnötige Verpackung­en verzichten. Das gefällt auch den Kindern.
 ??  ?? Unverpackt­e Ware einzukaufe­n liegt im Trend. Nicht immer ist das so einfach.
Unverpackt­e Ware einzukaufe­n liegt im Trend. Nicht immer ist das so einfach.

Newspapers in German

Newspapers from Germany