Dorfladen contra Verpackungsmüll
In Gundremmingen gibt es bestimmte Produkte lose zu kaufen. Wie das ankommt und warum das Prinzip nicht immer einfach umzusetzen ist
Gundremmingen/Landkreis Ein bisschen anders war das früher schon. Das Salz, der Zucker, das Mehl oder die Haferflocken wurden abgewogen, dazu diente am Tresen eine Tischwaage mit Gewichten. Und als Verpackung nahm man meist eine „Spitztüte“, eine nach unten spitz zulaufende Dreieckstüte aus braunem Papier. Zuhause kam alles in die entsprechenden Vorratsbehälter. Essig wurde aus dem Essigfass in die mitgebrachte Flasche abgefüllt und Salat oder Gemüse höchstens einmal in Zeitungspapier eingewickelt. Für den Transport nach Hause gab es keine Plastiktüten, man hatte seinen Einkaufskorb. Das hat sich geändert, heute ist fast alles verpackt – teilweise sogar mehrfach. Aber es gibt immer mehr Menschen, die sich dagegen stemmen. Auch im Landkreis Günzburg.
Gemäß einer Studie des Umweltbundesamts befinden sich die Deutschen in Sachen Verpackungsmüll in Europa auf den vorderen Plätzen. Immerhin: Einkaufen ohne Verpackung oder zumindest mit weniger liegt aufgrund des gestiegenen Umweltbewusstseins immer mehr im Trend. Nicht zuletzt ist es mancher leid, mehrmals täglich unnötigen Verpackungsmüll zur ohnehin vollen gelben Tonne zu tragen. In größeren Städten gibt es vermehrt Geschäfte, die Waren unverpackt anbieten. Auch im Gundremminger Dorflädle werden seit seiner Eröffnung eine ganze Reihe von Produkten lose zum Selbstabfüllen angeboten: Vom Basmati- oder Langkornreis, Haferflocken, Sesamsaat, verschiedenen Müslimischungen bis hin zu Schokoerdnüssen – alles sind Bioprodukte. Dafür stehen 20 Spender, sogenannte Schütten, bereit. Im Regal darunter stehen weitere acht Behältnisse mit Süßigkeiten, Cola- Fläschchen oder Bananenchips. Das Prinzip ist einfach: Zunächst wird die von zuhause mitgebrachte Vorratsdose abgewogen, dann wird abgefüllt und erneut gewogen. Bezahlt wird nach Gewicht. Hat man einmal nichts zum Abfüllen dabei, steht die gute alte Papiertüte zur Verfügung, aber es gibt auch Gläser, die verschraubt werden können.
Alexa Kille und Christina Berchtold vom Arbeitskreis Dorfladen hatten sich, genervt vom Plastikmüll, mit dem Thema auseinandergesetzt. Einkaufen ohne Verpackung, zumindest bei bestimmten Produkten, würde das in Gundremmingen funktionieren? Zunächst informierten sie sich im Internet und sahen sich in Geschäften um, die nur unverpackte Ware anbieten. Zudem galt es, einen Bio-Händler zu finden, der in der Lage ist, entsprechende Produkte in den gewünschten Mengen zu liefern. Ein solcher sitzt in Hamburg und je nach Bedarf wird dort nun in Verpackungseinheiten von fünf, zwölf oder 25 Kilogramm bestellt. „Die Nachfrage nach offener Ware war sofort da“, erzählt Alexa Kille. Und was sagen die Gundremminger dazu? „Eine gute Idee“, meint Georg Keller, der immer wieder einmal Reis oder Haselnüsse aus den Schütten kauft. Auch das Thema Lebensmittelverschwendung spielt eine Rolle: „Man nimmt eben genau die Menge, die man haben möchte“, sagt die Kundin, die gerade eine Müslimischung in ihre Tupperdose abfüllt. Und dass man nicht nur das Müsli, sondern auch seine Süßigkeiten selbst aus dem Spender herauslassen kann, gefällt natürlich auch den Kindern: Die roten Fruchtsaftgummis seien die besten, ist sich Eva sicher. Ebenso sieht es bei Obst und Gemüse aus.
Das stammt aus der Region und liegt lose bereit, in Körbe gebettet. „Wenn der Kunde nur eine Kartoffel oder eine einzelne Tomate haben möchte, dann kauft er eben nur eine Kartoffel oder nur eine Tomate“, sagt Willi Schiele, der ehrenamtliche Geschäftsführer des Gundremminger Dorfladens. Anstatt Plastikverpackung gibt es ein Set, bestehend aus einem Obst-, einem Gemüseund einem Brotbeutel zu kaufen. „Die sind aus Biobaumwolle in Deutschland hergestellt, können immer wieder verwendet werden und mit dem Kauf wird gleichzeitig ein soziales Projekt unterstützt“, erklärt Christina Berchtold.
Das Thema unverpackte Ware sei auch beim Dorfladen in Riedheim schon ein Thema gewesen, manches sei allerdings an der Umsetzung gescheitert, unter anderem aus Platzgründen, erzählt Geschäftsführerin Charlotte Schneider. Dennoch: Auch dort gibt es Obst und Gemüse oder Brot und Backwaren nicht in der Plastikverpackung, sondern es landet in der Regel direkt im mitgebrachten Einkaufskorb. „Die Leute legen Wert auf kleine Mengen und kommen lieber am nächsten Tag erneut, um wieder frische Ware zu kaufen“, bemerkt Andrea KarstenArnold, die den Dorfladen in Haldenwang betreibt. Ihr ist es ebenfalls wichtig, dass der Kunde nicht die große Menge in aufwendiger Verpackung kaufen muss, sondern eben das, was er möchte. Selbst wenn es nur ein paar Eier sind, für die er die Eierschachtel mitbringt.
Wie sieht es dann in Supermärkten und Discountern aus? In den meisten findet sich eine offene Obstund Gemüsetheke, wo zumindest bei einem Teil der Ware die gewünschte Menge abgewogen und auf aufwendige Verpackungen verzichtet werden kann. Weitere Produkte in dieser Art bereitzustellen sei allerdings schon aus Transport-, Hygiene- und Organisationsgründen nicht einfach, erklärt Martin Glöckner von der V-Markt-Zentrale in Mauerstetten bei Kaufbeuren.
Auch wenn Plastikverpackungen immer weniger gerne gesehen sind: Ideen, wie beispielsweise in Gundremmingen, sind auch in der Region in jedem Fall da, doch manches ist nicht immer einfach umzusetzen. Letztendlich liegt es beim Verbraucher, der entscheidet, was und wie er es kauft.