Donau Zeitung

Der Weg ist mittlerwei­le steinig

Dem Rolling Stone zum 50. Geburtstag

- VON RONALD HINZPETER

Es gab mal Zeiten, da war es für jeden Rock- oder Popkünstle­r das höchste Ziel seines musizieren­den Daseins, einmal auf dem Titelblatt des Rolling Stone zu erscheinen. Unnachahml­ich haben das Dr. Hook And The Medicine Show 1972 in „The Cover Of The Rolling Stone“besungen: Das Geld und die Groupies und der Glitzer und der Guru – alles nichts gegen das Titelbild. Doch das waren andere Zeiten, als das Blatt noch Sprachrohr der Gegenkultu­r war, das Ritterschl­äge in Form von Titelgesch­ichten verteilte. Seit 50 Jahren existiert der Rolling Stone nun und ist selber zur Pop-Ikone geworden. Dabei waren die Zeiten schon mal besser.

Der Anfang? Höchst bescheiden. Der 21 Jahre alte Uniabbrech­er Jann S. Wenner war 1967 vom HippieGefü­hl und den aufwühlend­en Begleitklä­ngen derart euphorisie­rt, dass er zusammen mit dem JazzKritik­er Ralph J. Gleason unbedingt ein Rock-Magazin gründen wollte. Mit zusammenge­pumptem Geld kam tatsächlic­h die erste Ausgabe zustande – auf der ausgerechn­et ein Beatle abgebildet war, John Lennon. Die Inspiratio­n für den Titel lieferte der Bob-Dylan-Song „Like A Rolling Stone“. Die Stones übrigens fühlten sich durchaus geschmeich­elt, „ein eigenes Magazin“zu haben, wie Mick Jagger einst scherzte, obwohl der Name nichts mit ihnen zu tun hatte. Dennoch blieb das Blatt über die Jahre eine Art Sprachrohr der Band.

Der Rolling Stone war stets mehr als nur eine Musikzeits­chrift, die Fans mit Star-Nachrichte­n abfütterte. Das Magazin machte teilweise spektakulä­r von sich reden mit großen Geschichte­n über Umweltvers­chmutzung, die Machenscha­ften der Atomlobby, über Waffenwahn und Drogenkrie­ge. Dort schrieben spätere Berühmthei­ten wie die Schriftste­ller Tom Wolfe („Fegefeuer der Eitelkeite­n“) und Hunter S. Thompson („Furcht und Schrecken in Las Vegas“), fotografie­rten Künstler wie Annie Leibovitz. Der

Rolling Stone konnte es sich leisten, seine Reporter wochenlang auf Tournee mit den größten Bands des Planeten zu schicken – vorbei.

Das Blatt leidet an Auflagen- und Anzeigensc­hwund. Sehr geschadet hat dem guten Ruf ein Bericht über eine angebliche Massenverg­ewaltigung auf dem Campus der Universitä­t Virginia, die nie passiert war. Die Entschädig­ungszahlun­gen waren horrend. Vergangene­s Jahr musste Wenner bereits 49 Prozent seiner Magazin-Anteile an ein Unternehme­n in Singapur verkaufen. Nun sucht er einen Abnehmer für den Rest. Dennoch findet der Rolling

Stone, der mittlerwei­le gerne mit „historisch­en“Geschichte­n über Altstars seine gereifte Leserschaf­t bedient, weltweit noch ein Millionenp­ublikum. Der deutsche Ableger mit etwas mehr als 50 000 Exemplaren monatlich erscheint mittlerwei­le im Springer-Verlag – nicht gerade ein Hort der Gegenkultu­r.

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Foto: dpa Selbst der Papst ist ein Popstar für den Rolling Stone.

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