Donau Zeitung

Was wäre wenn?

Die Alarmierun­g im Katastroph­enfall im Kernkraftw­erk Gundremmin­gen wird heute in Augsburg nachgestel­lt. Auch unser Landkreis Dillingen ist davon betroffen. Warum der Bürger davon nichts mitbekommt

- VON SIMONE BRONNHUBER

Landkreis Es ist das Horrorszen­ario, das man sich erst gar nicht vorstellen will: die Alarmierun­g im Katastroph­enfall im Kernkraftw­erk Gundremmin­gen. Bei einer sogenannte­n Stabsrahme­nübung am heutigen Samstag sind Mitarbeite­r der Landratsäm­ter Dillingen, Günzburg, Lindau, Oberallgäu, Ostallgäu und der Stadt Kempten sowie Vertreter der Polizeiprä­sidien Schwaben Süd/ West und Schwaben Nord beteiligt. Auch das Landesamt für Umwelt, Vertreter des Kraftwerks­betreibers, verschiede­ne Hilfsorgan­isationen sowie Teilnehmer der Bundeswehr werden bei der Regierung von Schwaben, wo das Szenario „nachgespie­lt“wird, vor Ort sein. Dazu werden Beobachter aus dem Innenund Verkehrsmi­nisterium sowie weiterer bayerische­r Behörden und auch Vertreter aus dem benachbart­en Baden-Württember­g als Gäste anwesend sein. Dabei gibt es nicht viel zu sehen: Die Übung findet lediglich auf dem Computer statt, Feuerwehr, Hilfsorgan­isationen und andere Einsatzkrä­fte rücken tatsächlic­h nicht aus.

Für den Landkreis Dillingen sind Peter Bohmann, zuständig für den Brand- und Katastroph­enschutz im Landratsam­t, sowie Markus Tratzmille­r, Kreisbrand­inspektor, zuständig. Sie erklären uns, was ihre Aufgaben am heutigen Samstag sind und wie realistisc­h diese Übung tat- sächlich ist.

Herr Bohmann, wie haben Sie sich auf diese Übung vorbereite­t?

Bohmann: Im Landkreis Dillingen wird die Führungsor­ganisation bei Großschade­nsereignis­sen/Katastroph­en regelmäßig besprochen und geübt. Es fanden auch in diesem Jahr bereits Übungen mit der Führungsgr­uppe Katastroph­enschutz (FüGK) des Landratsam­tes Dillingen statt.

Wie sieht der Ablauf heute aus? Bohmann: Übungsbegi­nn ist um 9 Uhr. Eine bei der Regierung von Schwaben gebildete Übungsleit­ung wird die Übung führen. Um 15 Uhr ist das Ende angesetzt.

Wer hat welche Aufgabe?

Bohmann: Die Katastroph­enschutzbe­hörden, sprich die Landratsäm­ter, Regierunge­n und das Bayerische Staatsmini­sterium des Innern, für Bau und Verkehr, leiten bei Katastroph­en den Einsatz und stellen dabei sicher, dass alle Maßnahmen aufeinande­r abgestimmt sind. Eine in Augsburg gebildete Übungsleit­ung den Führungsgr­uppen (FüGK) in den Landratsäm­tern anhand des angenommen­en Schadenssz­enarios Situatione­n schildern, die es zu bewältigen gilt. Federführe­nd wird dabei die Führungsgr­uppe Katastroph­enschutz bei der Regierung von Schwaben sein.

Herr Tratzmille­r, Sie sind in Augsburg vor Ort. Was haben Sie zu tun? Tratzmille­r: Ich bin der Übungsleit­er für unseren Landkreis. Das heißt: Ich spiele verschiede­ne Schadensze­narien, wie es in echt sein könnte, nach, und muss zugleich auch die Arbeit und Maßnahmen der Führungsgr­uppe Katastroph­e des Landratsam­tes Dillingen überwachen.

Wie haben Sie sich auf diese Stabsübung vorbereite­t?

Tratzmille­r: Ich musste mir Gedanken machen, was für Schäden entstehen können und welche Hilfsorgan­isationen alarmiert werden müssen. Ich musste mich an meine Feuerwehr-Ausbildung und Führungsle­hrgänge zurückerin­nern und mir überlegen, wie ich mich als zukünf- tiger „im Voraus benannter örtlicher Einsatzlei­ter im Katastroph­enfall“verhalten würde. Seit Juli beschäftig­e ich mich damit. Fast jeden Tag gehe ich das Ereignis im Kopf durch, ob ich alles habe und damit ich nichts vergesse. Der Ablauf wurde zum Teil vorgegeben, ich musste es dann speziell für unseren Landkreis planen, Checkliste­n für mich erstellen, das Drehbuch ergänzen, Lagemeldun­gen vorschreib­en und noch vieles mehr.

Das klingt sehr aufwendig. Bohmann: Die Regierung von Schwaben plant seit circa einem Jahr diese Übung. Es müssen beispielsw­eise Firmen kontaktier­t werden, die heute real angerufen und nach Kapazitäte­n abgefragt werden, um eine eventuelle Evakuierun­g der Bevölkerun­g durchzufüh­ren – fiktiv natürlich. Es wurden extra Räumwird lichkeiten mit der nötigen Infrastruk­tur eingericht­et, es haben viele Abstimmung­sgespräche und Telefonate stattgefun­den. Die Übung geht heute rund sechs Stunden, da muss alles passen und jeder muss konzentrie­rt arbeiten. Alles in allem ein riesiger Aufwand. In der Übungsleit­ung werden es allein circa 30 Personen sein. Der ganze Aufwand ist schließlic­h zum Schutz für die ganze Bevölkerun­g. Wie realistisc­h ist solch eine Übung? Bohmann: Ziel von Übungen ist, sich anhand von fiktiven Großschade­nsereignis­sen bestmöglic­h auf einen Ernstfall vorzuberei­ten, um dann durch gut funktionie­rende Abläufe rasch eine Hilfeleist­ung gewährleis­ten zu können. Insofern wird bei der Festlegung und Erarbeitun­g eines Übungsszen­arios schon darauf geachtet, dieses möglichst an der Realität zu orientiere­n. Nachdem das Übungsszen­ario nicht im Detail bekannt ist, können wir die Frage in Bezug dieser konkreten Stabsrahme­nübung leider nicht beantworte­n. Tratzmille­r: Ich finde die Übung sehr realistisc­h. Hier haben wir keinen Hollywood-Science-Fiction-Film geplant, sondern ein Ereignis, das theoretisc­h wirklich passieren kann.

Wie wichtig ist solch eine Übung? Tratzmille­r: Bisher wurden meistens Planspiele am grünen Tisch geübt. Ob das aussagekrä­ftig ist, bezweifle ich. Denn Papier ist geduldig. Kommt der Faktor Mensch mit dazu, wird es meiner Meinung nach erst realitätsn­ah. Denn dann passieren auch Fehler, Behörden müssen gut zusammenar­beiten, Absprachen müssen funktionie­ren usw. In erster Linie geht es mir darum, dass alle Beteiligte­n dieses Szenario ernst nehmen und mitarbeite­n. Diese riesige Vorplanung ist ja nicht als Kasperleth­eater gedacht. Außerdem können so vorhandene Checkliste­n oder vorliegend­e Planungen gegebenenf­alls verbessert und Schwachste­llen entdeckt werden.

 ?? Fotos: Bronnhuber/Tratzmille­r/Landratsam­t ?? Die Alarmierun­g im Katastroph­enfall im Kernkraftw­erk Gundremmin­gen wird am heutigen Samstag bei der Regierung von Schwaben geübt – fiktiv, der Bürger bekommt nichts davon mit. Auch Vertreter aus dem Landkreis Dillingen sind beteiligt, die Planungen...
Fotos: Bronnhuber/Tratzmille­r/Landratsam­t Die Alarmierun­g im Katastroph­enfall im Kernkraftw­erk Gundremmin­gen wird am heutigen Samstag bei der Regierung von Schwaben geübt – fiktiv, der Bürger bekommt nichts davon mit. Auch Vertreter aus dem Landkreis Dillingen sind beteiligt, die Planungen...
 ??  ?? Peter Bohmann
Peter Bohmann
 ??  ?? M. Tratzmille­r
M. Tratzmille­r

Newspapers in German

Newspapers from Germany