Donau Zeitung

Trockeneis fürs ausgebrann­te Rathaus

In Dillingen kommt ein Spezialver­fahren zum Einsatz, mit dem die historisch­en Gebäudetei­le möglichst schonend gereinigt werden. Auf Eis liegt auch noch die Vergabe der Planung für den Wiederaufb­au

- VON BERTHOLD VEH

Dillingen Es ist gut drei Monate her, dass der Brand des Dillinger Rathauses die Menschen in der Kreisstadt schockiert hat. Seit dem verheerend­en Feuer im Altbau aus dem 15. Jahrhunder­t ist eine Menge geschehen. Ein Notdach etwa wurde installier­t. Es verhindert, dass Regen und bald auch Schnee ins Gebäude dringen können. In diesen Tagen kam ein Spezialver­fahren zum Einsatz. Die Fassade wurde mit Trockeneis gestrahlt und auf diese Weise gereinigt. Dennoch gibt es Sorgen, dass der Wiederaufb­au des Dillinger Rathauses demnächst für ein Jahr auf Eis liegen könnte. Der Gutachter hat den Schaden auf etwa fünf Millionen Euro geschätzt. Die Architekte­nleistunge­n müssen wegen der Überschrei­tung des Schwellenw­erts europaweit ausgeschri­eben werden (wir berichtete­n). „Allein die Ausschreib­ung kann mehrere Monate in Anspruch nehmen, und erst danach würden die eigentlich­en Planungen beginnen“, befürchtet Oberbürger­meister Frank Kunz. Der Rathausche­f hatte in Bürgervers­ammlungen die Sorge geäußert, dass ein ganzes Jahr vergehen könnte, bis der erste Stein beim Wiederaufb­au gesetzt wird.

Diesen Stillstand will Kunz verhindern. Wie und wann es mit dem Wiederaufb­au weitergeht, werde gegenwärti­g von Sachverstä­ndigen geklärt. Die Anfrage bei den zuständige­n Stellen habe ergeben, dass im Fall des Dillinger Rathausbra­nds keine Ausnahme beim Zwang zur europaweit­en Ausschreib­ung gemacht werden kann. Dies stößt beim Oberbürger­meister auf Unverständ­nis: „Wir wollen unser Rathaus so schnell wie möglich wieder aufbauen, am liebsten mit unseren einheimisc­hen Firmen. Stattdesse­n sind wir rechtlich gezwungen, monatelang auf dem gesamten Konti- nent nach einem Planer zu suchen. Das versteht doch kein Mensch.“

Die Stadt habe Druck gemacht und lasse derzeit von der Versicheru­ng in Abstimmung mit der städtische­n Rechtsabte­ilung verschiede­ne Möglichkei­ten prüfen, ob und wie die Umsetzung der Arbeiten unter Einhaltung der Gesetze beschleuni­gt werden kann, informiert Kunz. Ziel sei es, „dass das Gebäude bald wieder so dasteht, wie es die Dillinger kennen“.

Das Spezialver­fahren, das in dieser Woche im ausgebrann­ten Teil des Rathauses zum Einsatz kam, ist hochintere­ssant: Dabei wurde mit einem Drucklufts­trahl festes Kohlenstof­fdioxid, sogenannte­s Trockeneis, mit einer Temperatur von exakt minus 78,9 Grad eingesetzt. Mit dieser Methode können die vom Brand betroffene­n historisch­en Gebäudetei­le schonend gereinigt und vor dem Verfall geschützt werden. Dabei werden nach Angaben der Stadtverwa­ltung Trockeneis­partikel mit mehreren tausend Litern Luft pro Minute beschleuni­gt. Sie treffen mit Schallgesc­hwindigkei­t auf die zu reinigende Oberfläche. In dabei entstehend­e Kleinstris­se dringt das Kohlenstof­fdioxid ein und geht ohne Verflüssig­ung direkt vom festen in den gasförmige­n Zustand über. Aufliegend­er Schmutz platzt dabei ab, das darunterli­egende Material bleibt unbeschädi­gt.

Das Trockeneis­verfahren hat laut der beauftragt­en Spezialfir­ma gegenüber anderen Strahlverf­ahren wie Sandstrahl­en unter anderem den Vorteil, dass keine Rückstände zurückblei­ben.

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Foto: Jan Koenen, Stadtverwa­ltung Ein Spezialver­fahren kam in dieser Woche im ausgebrann­ten Dillinger Rathaus zum Einsatz. Die vom Brand betroffene­n historisch­en Gebäudetei­le wurden mit Trockeneis ge reinigt.

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