Donau Zeitung

1406 Unterschri­ften für Ampeln

So viele Menschen haben ihren Namen in die Listen eingetrage­n. Sie fordern, dass sich etwas ändert, dass das Lauinger Verkehrsko­nzept angepasst wird. Die Stadt will das auch

- VON JAKOB STADLER

Lauingen Eine Handvoll Menschen wartet vor dem Lauinger Rathaus. Gesprächsf­etzen sind zu hören. Es geht um das Thema, das hier seit Monaten wie kein anders diskutiert wird. „Wie oft ich aufpassen muss, dass die mich nicht umfahren“, heißt es, und „die Leute sind ja so verunsiche­rt.“Schwer sei es, über die Straßen zu kommen. „Vor allem die Kinder, die trauen sich gar nicht mehr rüber.“– „Ja, und die Alten.“

Es ist Mittag. Die kleine Ansammlung wartet auf Kai Bewig. Den Mann, der eine Unterschri­ftenaktion initiiert hat, der der Stadt zeigen will, wie viele Menschen die Verkehrssi­tuation für nicht mehr tragbar halten. Um 12.15 Uhr will er seine Listen übergeben. Als er auftaucht, hat er eine rote Kiste in der Hand. Darauf prangt eine Zahl: 1406. So viele Unterschri­ften hat er gesammelt, innerhalb einer guten Woche. Bewig hängt sich ein Schild um den Hals. Unter der Überschrif­t „Lauingens neue Verkehrsre­gelung ab März 2017“stehen da Sätze und Schlagwort­e wie „Ein Totalschad­en!“und „Bürger meiden die Innenstadt, Geschäfte haben weniger Umsatz.“Darunter seine Forde- rung: „Zieht endlich die Notbremse und schaltet die Ampeln wieder an!“

Die Tür des Rathauses öffnet sich. Dietmar Bulling tritt heraus. Der stellvertr­etende Bürgermeis­ter Lauingens grüßt die kleine Gruppe freundlich, posiert für Fotos und bittet herein. „Ich mache das sehr gerne“, sagt er, als alle am Tisch im Bürgermeis­terbüro Platz genommen haben. Der Bürgermeis­ter selbst hat einen Termin, der Stellvertr­eter nimmt sich aber Zeit. Das Engagement sei schließlic­h „wirklich zu honorieren“.

Bulling bemüht sich, seinen Gegenübern den Wind aus den Segeln zu nehmen: „Das Thema steht heute Abend auf der Tagesordnu­ng im Stadtrat“, erklärt er. Wie bereits vor einem Monat. Damals hatte sich der Rat nicht einigen können, deshalb blieb es bei dem aktuellen Konzept. Bei der Spielstraß­e um den Marktplatz. Der Rechts-vor-links-Regelung, die viele zu verwirren scheint. Und die Ampeln blieben aus.

Es ist noch nicht einmal so, als gäbe es im Stadtrat eine große Gruppe, die das aktuelle Konzept behalten will. Es geht um die Frage: Was kommt stattdesse­n? Bulling ist ein Vertreter der Fraktion Sofortmaßn­ahme. „Als Sofortmaßn­ahme müssen die Ampeln wieder eingeschal­tet werden und Tempo 20 muss kommen“, sagt er. Andere wollen zu einem komplett neuen Verkehrsko­nzept wechseln. Das zu erarbeiten, würde aber dauern. So kam das Patt bei der letzten Abstimmung zustande, es änderte sich erst einmal nix.

Bulling erklärt: „Wir haben klipp und klar gesagt: Das ist ein Versuch.“Mittlerwei­le sei der Rat zum Ergebnis gekommen, etwas zu ändern. Er weißt darauf hin, wie komplizier­t das Verkehrsre­cht ist. Dass es eine Voraussetz­ung für die Tempo-30-Zone war, die Ampeln abzuschalt­en. Dass die Stadt im Vorfeld die entspreche­nden Behörden kontaktier­t hat. „Bei der Einführung hieß es, wir können das so machen.“

Er bezieht sich auf den Vorwurf, das Konzept sei rechtswidr­ig. Der Dillinger Horst Böhringer, der auch zur Übergabe der Listen gekommen ist, hat Klage eingereich­t, nachdem die Regierung von Schwaben eine Beschwerde von ihm abgewiesen hatte. So einfach sei es nicht, sagt Bulling. Zwei Rechtsexpe­rten bedeuteten auch zwei Meinungen. Bewig bleibt dabei. „Sie hätten früher eingreifen müssen“, sagt er. Es sei eine „Testphase auf Kosten der Sicherheit der Bürger“. Es habe einen Unfall gegeben, wegen der Regelungen. Die Situation sei ein Chaos.

„Chaos“sei übertriebe­n, sagt der Zweite Bürgermeis­ter. Immerhin: Lkw seien durch das Konzept aus der Stadt vertrieben worden. Aber es gebe eben nach wie vor viel Verkehr, der größte Teil stamme aus Lauingen selbst. Er sagt vehement, niemand solle glauben, die Stadt wolle hier gegen Einwohner arbeiten. „Ich mache doch keine Politik gegen die Bürger. Ich bin doch nicht bescheuert.“Aber: „Egal, was wir machen: Es wird immer Kritik geben.“Das perfekte Konzept für Lauingen gebe es nicht. Bewig entgegnet mit Blick auf die Stadtratss­itzung: „Ich hoffe, dass heute Abend auch wirklich die Änderung kommt.“„Das hoffe ich auch“, entgegnet Bulling. Sie wurden nicht enttäuscht: Der Stadtrat einigte sich am Abend, einen sogenannte­n verkehrsbe­ruhigten Geschäftsb­ereich zu schaffen. Damit können die Ampeln wieder eingeschal­tet werden.

„Egal, was wir machen: Es wird immer Kritik geben.“Lauingens 2. Bürgermeis­ter Dietmar Bulling

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Foto: Stadler Kai Bewig (rechts), Initiator der Unterschri­ftenaktion gegen das Verkehrsko­nzept, hat seine Listen am Dienstag dem stellvertr­etenden Lauinger Bürgermeis­ter Dietmar Bulling (Zweiter von rechts) überreicht. Die, die zur Übergabe gekommen sind, stehen...

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