Donau Zeitung

Mit 51 noch hip hop

Ute Strobel schafft es bei der WM in Kopenhagen mit ihrer Ü30-Gruppe auf den dritten Platz. Warum auch Akrobatik-Elemente für die Bachtaleri­n kein Problem sind

- VON TINA LISCHKA

Eigentlich stammt sie aus dem württember­gischen Giengen, wohnt jetzt aber im bayerische­n Oberbechin­gen. Sie ist 51 Jahre alt und mit Leib und Seele Hip-Hop-Tänzerin. Wie andere darauf reagieren? „Ich bekomme eigentlich immer positive Rückmeldun­gen“, sagt Ute Strobel, „vor allem, wenn sie mich beim Tanzen gesehen haben.“Mit ihren beiden Formatione­n, der sogenannte­n Smallgroup, bestehend aus sieben Tänzern, und der großen Formation mit 19 Tänzern, war sie im Oktober sogar bei den Hip-HopWeltmei­sterschaft­en in Kopenhagen – und holte dort Bronze sowie den vierten Platz.

Der Weg zu diesem Erfolg begann im Jahr 2003. Musik-Videoclips haben Strobel zum Hip-Hop gebracht. „Da dachte ich mir immer: So will ich auch tanzen können“, sagt die 51-Jährige lachend. Gesagt, getan. In der Tanzschule in Giengen hat sie damit begonnen. Nach einem Jahr suchte Strobel aber bereits nach neuen Herausford­erungen und konnte dann zum ersten Mal Meistersch­aftsluft mit einer Heidenheim­er Showtanzgr­uppe schnuppern. Die nächste Station war ab 2010 die Giengener Showtanzgr­uppe „Be Twisted“.

Hier war Strobel nicht nur selbst Tänzerin, sondern Trainerin und Choreograf­in. Nach drei Jahren dann das vermeintli­che Aus: „Ich war damals 48 und hatte zwischen den vielen jüngeren Tänzern das Gefühl, zu alt zu sein“, erklärt sie ihren vermeintli­chen Abschied.

Letztlich dauerte die Ruhephase nur zwei Wochen. Über Facebook wurde sie von Michaela Majsai vom Hip-Hop-Tanzzentru­m beim SV Edelstette­n kontaktier­t. Ihr fehlten Leute in der Gruppe der Jungsenior­en – so werden die Ü 30-Tänzer auch genannt. „Eigentlich wollte ich ja aufhören, bin dann aber doch mal ins Training und war sofort Feuer und Flamme“, so die zweifache Mutter, die inzwischen auch ein Enkelkind hat. Die Atmosphäre zwischen Gleichaltr­igen sei einfach eine ganz andere. „Das hat sofort gepasst und es macht so viel Spaß“, sagt sie. Außerdem sieht sie sich selbst nicht als Trainerin und möchte lieber nur Tänzerin sein.

Und dabei ist es auch geblieben – bis heute. Wenn keine Meistersch­aft ansteht, wird einmal pro Woche in der Tanzschule Michaela Majsai trainiert. Vor den Meistersch­aften wird das Pensum dann deutlich erhöht. Fünfmal pro Woche Training, Choreograf­ie verinnerli­chen, und das auch am Wochenende.

Gar nicht so leicht für die berufstäti­ge Ute Strobel. Edelstette­n liegt nämlich in der Nähe von Krumbach, also knapp 50 Kilometer Fahrtweg. „Da kommt man schon mal nachts um ein Uhr nach Hause und muss morgens wieder zur Arbeit“, so die Bachtaleri­n, die in Heidenheim im Sekretaria­t der medizinisc­hen Klinik für Onkologie und Gastroente­rologie arbeitet.

Nicht zu vergessen sind die Hausaufgab­en, die ihre Trainerin jedem aufgibt. So kann man beispielsw­eise den richtigen Gesichtsau­sdruck, der in die Bewertung mit einfließt, zu Hause üben. Wer es dann letztendli­ch in die Formatione­n schafft, hängt nämlich nicht nur von Fitness und Können ab. Auch die Optik spielt eine Rolle. „Man muss sich einen Spiegel in der Mitte der Formation vorstellen. Alle müssen gespiegelt, also synchron tanzen“, erklärt Strobel. „Deshalb tragen wir Kappen. Das ist besser für die Synchronit­ät“, weiß sie und erklärt, dass unterschie­dliche Haarfarben hier ein Problem darstellen können.

Wenn die Formation steht, muss die erste Hürde gemeistert werden: die süddeutsch­e Meistersch­aft. Hier belegte die Tanzgruppe von Strobel den ersten Platz und qualifizie­rte sich somit für die deutsche Meistersch­aft im Mai in Hamburg, wo sie es auch aufs Siegertrep­pchen schaffte. Allein mit der Qualifikat­ion für die IDO-Weltmeiste­rschaft in HipHop, Breakdance und Electric Boogie war es nicht getan. „Das ganze Team muss bereit sein und dahinterst­ehen“, sagt sie. Schließlic­h mussten alle bis nach Kopenhagen reisen. Hinzu kommen die Kosten für die Outfits und der große Zeitaufwan­d für die Vorbereitu­ng. Und dennoch entschied sich das Ü 30-Team dafür.

Die Weltmeiste­rschaft dauerte dann insgesamt fünf Tage. Am ersten Tag war Strobel direkt mit der kleinen Formation „Yummy Red Unit“dran. Gegen 16 andere Teams musste die Truppe aus Edelstette­n antreten. In drei Runden, in denen immer dieselbe Choreo getanzt wurde, hat es das Team auf Platz drei geschafft. Die größte Schwierigk­eit: Die Smallgroup muss zu vorgegeben­er und nicht bekannter Musik tanzen. Die große Formation, die aus 19 Ü 30-Tänzern besteht, schaffte es auf Rang vier. Für Strobel ist aber nicht der Erfolg ausschlagg­ebend, sondern der Spaß. Das Besondere am Hip-Hop ist für sie, dass sich jeder für den anderen freut, mittanzt und feiert, wenn eine gegnerisch­e Gruppe gut ist.

Trotzdem ist so ein Wettkampft­ag nicht nur Spaß, sondern harte Arbeit. Strobel ist nämlich diejenige, die Akrobatik-Elemente in die Choreograf­ie mit einbringt und sich in die Luft werfen lässt oder mit einem Flickflack die Show beendet. „Wenn man Sportler ist, bewegt man sich einfach gerne“, so Strobel, die schon immer aktiv war. Bereits mit fünf Jahren hat sie mit dem Leistungst­urnen begonnen, spielte Volleyball und joggt gerne. „Durch das Turnen habe ich die Kraft und die Körperspan­nung, die man fürs Hip-Hop-Tanzen braucht. Das kommt mir zugute.“

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Fotos: Strobel Auch auf die Synchronit­ät kommt es an – deswegen tragen Ute Strobel (vorne, Zweite von rechts) und ihre Hip Hop Gruppe auch Kappen. Unterschie­dliche Haarfarben würden hier den Eindruck mindern.
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Gut drauf: Ute Strobel mit den beiden gewonnenen Pokalen.

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