Ein bunter Farbtupfer für die Toten
Heute von Religionspädagogin Anja Näpflein, Gemeinde-Jugendreferentin
Leserinnen und Leser,
jetzt kommt sie, die graue und neblige Zeit. Wenn man morgens den Rollo öffnet, muss man aufpassen, dass man nicht dem Impuls folgt, ihn gleich wieder zu schließen.
Dieses Wetter schlägt einen wohl kräftig aufs Gemüt. Und genau in diese schon deprimierende und traurige Stimmung hinein kommen dann ausgerechnet im November noch die ganzen Totengedenktage. Bei uns ist die Farbe der Trauer Schwarz. Eine Farbe, die diese negative Stimmung noch verstärkt.
Da lobe ich mir doch die Mexikaner. In Mexiko ist die Farbe der Trauer Orange. Und nicht nur das, die Feier zum Gedenken der Toten – Dias de los Muertos – ist ein Fest. Es handelt sich dabei sogar um eines der wichtigsten Feste in Mexiko. Das Fest wird ab Mitte Oktober vorbereitet und erreicht seinen Höhepunkt vom 31. Oktober bis Allerseelen, dem 2. November.
Dieses Fest wird teilweise mit großen Umzügen begangen. Nicht in jeder Region Mexikos wird er gleich gefeiert. Aber überall stehen Schädel – wir würden vielleicht sogar sagen – Totenköpfe im Mittelpunkt.
Mit diesen werden die Schaufenster der Geschäfte geschmückt, und in den Fußgängerzonen werden kleine „Altäre“aufgeLiebe baut. Mit den Schädeln werden Alltagssituationen dargestellt. Für die Mexikaner ist der Tod ein wichtiger Teil des Lebens.
Sie feiern gemeinsam mit den Seelen der Toten. Es wird davon ausgegangen, dass die Toten mit ihnen feiern. Damit die Verstorbenen es nicht so weit haben, wurden sie früher direkt unter dem Haus begraben. Für uns Europäer ist diese Vorstellung wohl eher befremdlich. Denn unser Gedenken bleibt doch meist auf den Friedhof beschränkt und hat keinen Platz in unserem Alltag. Aber vielleicht können wir das ein oder andere von den Mexikanern lernen.
Der Tod ist ein Teil des Lebens und bekommt einen anderen Stellenwert. Das Abschiednehmen und die Trauer werden dadurch sicherlich nicht leichter, aber vielleicht m sind sie dadurch leichter zu ertragen. Wenn man den Tod als etwas Dazugehöriges sieht und nicht so, wie es bei uns oft gehandhabt wird, weit wegschiebt und erst beginnt damit umzugehen, wenn es uns betrifft. Im Psalm 90, 12 heißt es: „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.“
Diese Klugheit gerade in der grauen Zeit des Novembers, das wünsche ich uns allen.
Ihre Anja Näpflein, Dipl.-Religionspädagogin, Gemeinde- und Jugendreferentin evangelische Kirchengemeinden Bächingen und Gundelfingen