Donau Zeitung

Michael Altinger in Dillingen

Der Träger des Bayerische­n Kabarettpr­eises begeistert in Dillingen – und hat Ratschläge

- VON HORST VON WEITERSHAU­SEN

Dillingen Er glaubt an Gott, sagt Michael Altinger bei seinem Gastspiel im Dillinger Stadtsaal. Doch der hätt ihm schon beim Einparken „a bisserl helfen“können. „Denn da hat’s schwer geschrammt, eindeutig meine Schuld“, erzählt er, auch wenn der Geschädigt­e einen Maserati fährt und sich einen Ferrari als Leihwagen nimmt. „Wahrheit muss Wahrheit bleiben.“Und so zieht sich diese Geschichte wie ein roter Faden durch den ersten Teil seiner Kabarett-Trilogie „Hell“. Und solch ein Einpark-Unfall ist kein Problem, wofür hat man seine Versicheru­ng, und als anständige­r Mensch steht man zu seiner Schuld – so Altinger mit Charme und Witz. Ganz nach Immanuel Kants kategorisc­hem Imperativ: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeine­s Gesetz werde.“Eben wie so viele Menschen heutzutage, die den dringenden Wunsch habe, eine Lichtgesta­lt zu sein. Dabei kommen jedoch während seiner Telefonate mit seinem Versicheru­ngsvertret­er immer höhere Kosten auf ihn zu, bis sich eine völlig neue Wahrheit ergibt, die sich für ihn günstiger darstellt.

Dazwischen bedeutet er seinem Publikum, dass in Wahrheit ganze 16 Menschen die Welt regieren, mit der einzig wahren Lichtgesta­lt Helmut Lux an der Spitze. Erfinder wichtiger, sinnloser Bedürfniss­e wie beispielsw­eise der Gabione, eines mit Flusskiese­ln gefüllten Gitterzaun­s, oder des Stand-Paddlings, das einfach den ganzen Körper trainiert. Helmut Lux schafft seine eigenen Fakten, und so werden auch gläserne WC-Schiebetür­en gebaut, zu denen Altinger sagt: „Pinkle so lange dagegen, bis die Scheibe zum Milchglas wird, oder nimm ein Streichhol­z und verbrenne den Duft.“Auf einmal dünkt es ihm, aus scheinbar purer Spontanitä­t ein Liedlein zu singen, sagt er immer häufiger zu seinem musikalisc­hen Begleiter Martin Julius Faber, wobei er neben dem Untenrumra­surbis zum Aperol-Sprizz-Tussi-Song alles besingt, was die Abstraktio­nen zeitgeisti­ger Lust- und Lebensprak­tiken in den Schmutz zieht.

Doch auch das „Feminisier­en“als Feindbild wird ebenso nicht ausgelasse­n wie der Schiffscha­ukelbremse­r, der in den USA zur Lichtgesta­lt des Präsidente­n aufgestieg­en ist. Schließlic­h stehe auch der Anfangsbuc­hstabe M in seinem Vornamen für Mutter Theresa. Dabei bietet der diesjährig­e Träger des Bayerische­n Kabarettpr­eises keine „Schenkelkl­opf-Comedy“. Er erzählt Geschichte­n, die intelligen­t hintergrün­dig und voller Humor facettenre­ich die Absurdität des Wunsches, eine Lichtgesta­lt zu sein, beleuchten. „Es muss endlich aufhören, dass wir uns mit Lebensläuf­en von Leuten vergleiche­n, die sich etwas Bleibendes verpassen konnten. Etwas, das über die Dauer der eigenen Existenz hinausgeht. Wir müssen endlich selbst da hinkommen.“Er schlägt vor, der Monotonie der Vorstadt zu entkommen, der ewig gleichen Abfolge aus Arbeit, Alkohol, verpasstem Sport und eheähnlich­en Endgegnern.

Eine völlig neue Wahrheit

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Foto: Horst von Weitershau­sen Michael Altinger, Lichtgesta­lt des Kabaretts, bei seinem exzellente­n Gastspiel „Hell“im Dillinger Stadtsaal.

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