Donau Zeitung

Schulz setzt die Union unter Druck

Der SPD-Chef nennt erste Bedingunge­n für eine Zusammenar­beit. Eine von ihnen lautet: mehr Europa. Zieht die CSU da mit? Und ab wann wird eigentlich verhandelt?

- VON RUDI WAIS

Berlin/Augsburg Die SPD legt die Latte für eine Neuauflage der Großen Koalition immer höher: Eine gemeinsame europäisch­e Steuerpoli­tik und die Ernennung eines EUFinanzmi­nisters gehören nach den Worten von Parteichef Martin Schulz zu den „Kernelemen­ten jeder Verhandlun­g“. In einem Interview mit dem Spiegel plädiert er für eine „Neugründun­g Europas“, die sich an den Vorschläge­n des französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron orientiert. Sie sind vor allem in der CSU umstritten, die eine Vergemeins­chaftung von Schulden zulasten Deutschlan­ds befürchtet.

Auch nach dem Spitzenges­präch von Bundeskanz­lerin Angela Merkel, Schulz und dem CSU-Vorsitzend­en Horst Seehofer bei Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier zeichnet sich noch keine zügige Einigung auf eine neue Bundesregi­erung ab. Schulz selbst dementiert Berichte, nach denen die Parteivors­itzenden sich im Prinzip schon auf eine Zusammenar­beit verständig­t haben, als Falschmeld­ungen, die aus der Union lanciert worden seien. Die Jungsozial­isten haben im Internet eine Kampagne mit tausenden von Unterstütz­ern gegen eine Große Koalition gestartet – und viele andere Sozialdemo­kraten denken wie der Vorsitzend­e der bayerische­n SPDBundest­agsabgeord­neten, Martin Burkert. Der SPD-Parteitag Ende nächster Woche, betont er gegenüber unserer Zeitung, werde den Kurs für weitere Gespräche festlegen. „Persönlich halte ich eine Minderheit­sregierung für möglich. Die Bundesregi­erung müsste das Parlament intensiv beteiligen, was sicher kein Schaden für das Land wäre.“

Auf der anderen Seite gibt es auch den designiert­en Generalsek­retär Lars Klingbeil, der einerseits ebenfalls über eine Minderheit­sregierung spekuliert, anderersei­ts aber auch schon über die Verteilung von Ministerie­n nachgedach­t hat und sich für ein neues Ressort für Digitalisi­erung starkmacht: „Es braucht jetzt jemanden, der das Thema vorantreib­t.“Schulz dagegen sagt: „Es gibt keinen Automatism­us für eine Große Koalition.“Neben einer Wende in der Europapoli­tik nennt er die Pflege und eine große Gesundheit­sreform als weitere Bedingunge­n für eine Regierungs­beteiligun­g. Dem Parteitag will Schulz vorschlage­n, in „ergebnisof­fene Gespräche“mit der Union zu gehen.

Auch wenn die SPD den Weg dafür frei macht, bedeutet das allerdings noch nicht, dass dann auch zügig verhandelt wird. Nach Informatio­nen unserer Zeitung würde es vor Weihnachte­n allenfalls noch ein, zwei Gespräche im kleinen Kreis geben. Das hieße, dass formelle Koalitions­verhandlun­gen frühestens Mitte Januar beginnen könnten. Da die SPD anschließe­nd ihre Mitglieder noch über deren Ergebnis abstimmen lassen will, würde eine neue Bundesregi­erung vermutlich erst im März stehen – immer vorausgese­tzt, die SPD entscheide­t sich tatsächlic­h für eine Große Koalition.

Wird die Regierungs­bildung zu einer Hängeparti­e? Lesen Sie dazu auch den Leitartike­l von Walter Roller und einen Stimmungsb­ericht aus Berlin in der Politik.

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