Donau Zeitung

Drei Männer gegen eine Frau

Jeroen Dijsselblo­em muss als Vorsitzend­er der Eurogruppe seinen Platz räumen. Sein Posten ist begehrt. Wie die Chancen der Bewerber stehen

- VON MIRJAM MOLL

Brüssel Eurogruppe­nchef Jeroen Dijsselblo­em muss abdanken: Am

13. Januar läuft seine zweite Amtszeit endgültig aus. An diesem Montag soll sein Nachfolger bestimmt werden. Deutschlan­d blieb wegen der sich verzögernd­en Sondierung­sgespräche außen vor, die Christdemo­kraten auf EU-Ebene (EVP) hatten aber ohnehin entschiede­n, keine Kandidaten ins Rennen zu schicken. Beworben haben sich stattdesse­n der Luxemburge­r Pierre Gramegna, der Slowake Peter Kazimir, die Lettin Dana Reizniece-Ozola sowie der Portugiese Mário Centeno.

● Pierre Gramegna Bislang galt als einer der wichtigste­n Voraussetz­ungen, dass das Land des Eurogruppe­nchefs Bestnoten bei der Kreditwürd­igkeit vorweisen muss. Dieses Kriterium erfüllt von den vier Ländern, aus denen die Bewerber stammen, nur Luxemburg (AAA). Dass Gramegna das Amt bekommt, obwohl Landsmann Jean-Claude Juncker Kommission­spräsident ist, scheint aber unwahrsche­inlich: Zwei EU-Spitzenämt­er werden die anderen Mitgliedst­aaten dem zweitklein­sten EU-Land kaum einräumen. Zumal Juncker zuvor zwölf Jahre lang der Eurogruppe vorstand und Luxemburg nach wie vor wegen seiner umstritten­en Steuerdeal­s in der Kritik steht. Außerdem stehen in dem Beneluxsta­at im kommenden Herbst Wahlen an – und Gramegna, ehemaliger Diplomat und einstiger Leiter der luxemburgi­schen Handelskam­mer, kann sich nicht sicher sein, dass er im Amt bleiben wird. Die Eurogruppe stünde also vor demselben Problem, das der Abwahl von Dijsselblo­ems PvdA in den Niederland­en entstanden war. Seine Kollegen hatten einer Verlängeru­ng seiner Amtszeit zugestimmt, so war es möglich, dass er weiter im Amt blieb. Das war aber nicht selbstvers­tändlich.

● Peter Kazimir Keine großen Chancen dürfte auch der Slowake Peter Kazimir haben, und das, obwohl die Slowakei die Note A bei den Ratingagen­turen bekommt. will der Osteuropäe­r „Brücken bauen“zwischen den Euroländer­n und den nicht teilnehmen­den Staaten, wie er auf dem Kurznachri­chtendiens­t Twitter verkündete. Für knackige Botschafte­n ist der 49-Jährige bekannt – unter seinen Amtskolleg­en hieß es allerdings schon, man habe den Eindruck, der Mann spreche manchmal, bevor er zu Ende gedacht hätte.

● Dana Reizniece Ozola Seiner lettinach schen Konkurrent­in Dana Reizniece-Ozola eilt hingegen der Ruf einer äußerst charmanten wie klugen Finanzmini­sterin voraus: Die 36-Jährige hält den Titel einer internatio­nalen Schachgroß­meisterin, hat Wirtschaft und Management studiert. Seit Februar 2016 ist sie im Amt und geht deutlich energische­r als ihr Amtsvorgän­ger gegen Geldwäsche lettischer Banken vor. Zuvor liberalisi­erte sie als Wirtschaft­sZwar ministerin den bis dahin vom russischen Gazprom dominierte­n lettischen Gasmarkt. Auf EU-Ebene gehört ihre Mitte-Rechts-Partei keiner Fraktion an – im Fall eines Patts wäre sie eine Kompromiss­kandidatin. Dennoch hat Lettland derzeit nur die Kreditwürd­igkeit A-.

● Mário Centeno Die größten Chancen werden ausgerechn­et dem Kandidaten, dessen Land die schlechtes­te Kreditwürd­igkeit hat, zugerechne­t. Portugal hat unter der derzeitige­n Regierung, der der sozialdemo­kratische Mário Centeno angehört, die Talsohle der Haushaltsk­rise durchschri­tten. Trotzdem rechnen Ratingagen­turen Lissabon nur die mittelpräc­htige Note BBB- zu. Der Harvard-Absolvent, der früher die portugiesi­sche Zentralban­k leitete, repräsenti­ert ein Land, das die Strukturpr­ogramme der Geldgeber umgesetzt und sich aufgerappe­lt hat. Bereits am Rande des EU-Afrika-Gipfels zeichnete sich Unterstütz­ung aus Frankreich, Deutschlan­d und Italien ab. Centenos spanischer Amtskolleg­e hatte schon Anfang November sein Wohlwollen signalisie­rt. Damit er Dijsselblo­ems Nachfolger wird, braucht er eine einfache Mehrheit: Zehn der 19 Minister müssten für ihn stimmen.

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Kreditwürd­ig, aber kurz vor Neuwahlen: der Luxemburge­r Pierre Gramegna.
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Spritzig, aber auch etwas unbedacht: der Slowake Peter Kazimir.
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Aussichtsr­eich und aufstreben­d: der Por tugiese Mário Centeno.
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Foto: dpa(3), afp(1) Charmant und klug: die Lettin Dana Reiz niece Ozola.

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