Donau Zeitung

Schau mir in die Augen, Kätzchen

Einst war die Wildkatze in Bayern ausgerotte­t, dank des Einsatzes von Naturschüt­zern werden die Tiere hier langsam wieder heimisch. Doch die Suche nach ihnen ist schwierig

- VON MICHAEL BÖHM

Augsburg/Nürnberg Wieder nichts! Nur ein Fuchs. Ein Reh. Und ein Hase. Hubert Dorste ist enttäuscht. Acht Wochen lang ist der Förster regelmäßig in den Wald im Anhauser Tal gegangen. Immer zur selben Stelle, an der er einen Holzpflock in den Boden gerammt, ihn mit Baldrian eingeriebe­n und daneben eine Kamera aufgestell­t hatte. Alles mit dem Ziel, endlich eine Wildkatze zu fotografie­ren. Doch daraus wurde nichts. Zwar löste die auf Bewegungen programmie­rte Kamera einige Male aus. Zu sehen bekam Förster Dorste bei der Durchsicht der Bilder aber nur Füchse, Rehe und allerlei Vögel.

„Natürlich war ich da ein Stück weit enttäuscht“, erklärt der Leiter des Forstbetri­ebs Zusmarshau­sen (Landkreis Augsburg). Denn dass in „seinem“Wald die einst ausgestorb­enen Wildkatzen heute wieder heimisch sind, davon ist Dorste überzeugt. „Das Anhauser Tal ist von der Größe und der Vegetation her für Wildkatzen ideal“, sagt er. Zweimal, in den Jahren 2013 und 2015, hat er bereits mithilfe der oben beschriebe­nen Stöcke die scheuen Waldbewohn­er angelockt und durch Spuren von Haaren nachgewies­en. 2016 startete Dorste dann seinen Versuch mit der Kamera – der fehlschlug. „Ich überlege, ob ich es nächstes Jahr wieder probiere“, erzählt der Förster. Am besten geeignet wären dafür die Wochen im Februar und März, der sogenannte­n Ranzzeit der Tiere. Dann entfalte die Anziehungs­kraft des Baldrians bei den paarungswi­lligen Tieren die größte Wirkung.

Die Suche nach Wildkatzen ist nicht nur für Dorste ein großes Thema. Bayernweit sind seit einigen Jahren Förster, Umweltschü­tzer und Interessie­rte den seltenen Vierbeiner­n auf der Spur, die bis in die 1980er Jahre nach vielen Jahrzehnte­n der Bejagung hierzuland­e als ausgerotte­t galten. Nachdem der Bund Naturschut­z (BN) ab 1984 im Spessart über Jahre hinweg rund 600 Wildkatzen ausgesetzt hatte, wurden 2013 und 2015 große Suchaktion­en gestartet, um zu überprüfen, was mit den Tieren geschehen ist. Vielerorts wurden daraufhin Wildkatzen gesehen, Spuren von ihnen gefunden, hunderte Fellproben in Labors überprüft. Die Erkenntnis der Naturschüt­zer: Die Wildkatze ist vor allem in Nordbayern wieder heimisch, in Schwaben streifen of- fenbar nur einige wenige der Tiere durch die Wälder. „Es sieht so aus, als wäre die Donau eine Art Grenze“, sagt Ulrike Geise vom BN.

Auch dieses Jahr machten sich wieder hunderte Ehrenamtli­che auf die Suche nach den Tieren. Mit Erfolg, wie Geise und weitere Vertreter des Bund Naturschut­z am Freitag in Nürnberg freudig verkündete­n. In mehreren Landkreise­n, in denen bislang noch keine Wildkatzen gesichtet wurden, waren Anfang des Jahres 235 der sogenannte­n Lockstöcke aufgestell­t worden. Das Ergebnis: An 23 Stellen wurden Haare von Wildkatzen gefunden. In den Kreisen Miltenberg, Würzburg und Schweinfur­t wurden die Vorfahren der heutigen Hauskatzen erstmals nachgewies­en. Wie ein „Sechser im Lotto“sei der Fund einer Katze in der Rhön gewesen, die zwei Jahre zuvor 40 Kilometer entfernt schon einmal ihre Spuren hinterlass­en hatte. In Deggendorf und im Oberallgäu blieb die Suche dagegen erfolglos. Dort hätten sich die Tiere entweder noch nicht angesiedel­t oder es seien zu wenige, um sie innerhalb weniger Wochen zu finden. Die Naturschüt­zer schätzen, dass bayernweit etwa 700 Wildkatzen leben. Vor zwei Jahren war Forstminis­ter Helmut Brunner noch von etwa 600 ausgegange­n. „Die Population ist aber noch zu gering, um von einer dauerhafte­n Sicherung der Wildkatze auszugehen“, sagte BN-Chef Hubert Weiger. Dies werde noch Jahrzehnte dauern. Wie viele Wildkatzen in Schwaben heimisch sind, ist unklar. Fest steht, dass in den vergangene­n Jahren an 19 Orten Spuren von Wildkatzen entdeckt wurden.

 ?? Foto: Thomas Stephan, Bund Naturschut­z ?? Selbst Experten tun sich mitunter schwer, eine Wildkatze von einer Hauskatze zu unterschei­den. Generell wirken Wildkatzen kräf tiger, zudem haben sie einen buschigen Schwanz mit Kringeln und schwarzem Ende.
Foto: Thomas Stephan, Bund Naturschut­z Selbst Experten tun sich mitunter schwer, eine Wildkatze von einer Hauskatze zu unterschei­den. Generell wirken Wildkatzen kräf tiger, zudem haben sie einen buschigen Schwanz mit Kringeln und schwarzem Ende.
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