Donau Zeitung

O’zapft is: Frischbeto­n zum Mitnehmen

Zur Betontanks­telle im Wertinger Stadtteil Geratshofe­n kommen neben Hobbyhandw­erkern und Gartlern auch Bauprofis

- VON GÜNTER STAUCH

Wertingen Wer das halb fertig erscheinen­de Gelände im Wertinger Industrieg­ebiet an der Straße nach Hettlingen betritt, braucht Vorstellun­gskraft. Stefan Demharter will hier etwas Neuartiges anpacken. Der 39-Jährige stellt sich vor, dass sein kleiner Mischlings­hund und seine Schildkröt­e im kommenden Jahr hier zwischen Platanen, Blumenbeet, Obstbäumen und Wiese herumlaufe­n werden.

Ein Schäfer war mit seinen vierbeinig­en Wollknäuel­n bereits da auf dem 18 Meter breiten Grünstreif­en am nördlichen Rand des 3300 Quadratmet­er großen Areals. Wegen Bienenkäst­en sei er mit zwei Hobbyimker­n aus der Nähe im Gespräch. – Willkommen an der Betontanks­telle Wertingen!

Das blendend weiße Zementsilo, das mit seinen acht Metern Höhe schon von Weitem zu erkennen ist und wie das Türmchen eines Dorfkirchl­eins der Umgebung in den weiß-blauen Himmel ragt, bildet eines der Haupteleme­nte der kompakten Anlage. Rund 35 Tonnen schwer, fasst er fast 30 Kubikmeter der Baumasse, die an dem Standort wie bei einer Abgabestel­le für Benzin getankt werden kann. Pro Stunde bis zu 15 Kubikmeter, was einer Wassermeng­e von 15 000 Litern entspreche­n würde. Das für die Mischung notwendige Nass fließt aus einem großen Wassertank des sechs Meter langen und zweieinhal­b Meter hohen Mischmodul­s, einer ebenso wichtigen Komponente der weitgehend automatisi­erten Zapfstelle für den Stoff, aus dem manche Bauträume von Heimwerker­n, Gartlern, Landschaft­sbauern sowie kommunalen Bauhöfen sind.

Selbstabho­ler mit kleinem Bedarf können sich wie an einer Waschanlag­e am Steuerschr­ank des Mischberei­chs eine Magnetstre­ifenkarte mit dem Aufdruck „0,15“bis zwei Kubikmeter einschiebe­n und damit die komplexe Maschineri­e in Gang setzen. Wie von Geisterhan­d landet schließlic­h die gewünschte Menge an Bausubstan­z in mitgebrach­ten Behältern oder Anhängern. Nach kaum einer Zigaretten­länge gilt der Tankvorgan­g als beendet, und eine von insgesamt sechs Sorten, etwa für den Estrich, Kantenstei­ne, Begrenzung­smauern, Kleinfunda­mente oder Schachtbau­ten, ist aufgeladen. Dann kann es sofort losgehen für den Bauherrn. Oder auch nicht. Denn ein als Flüssigkei­t hinzugefüg­ter Betonverzö­gerer verlangsam­t das Erstarren des Zements eines Frischbeto­ns und verlängert dessen Verarbeitu­ngszeit. Gelegenhei­t für ein Schwätzche­n am Rande der Baustelle, die Stefan Demharter in den frühen Monaten des nächsten Frühjahrs für einen „Tag der offenen Tür“auf Vordermann gebracht haben möchte.

Dem Machertyp, der nebenbei als Chef eines Transportu­nternehmen­s für Bausubstan­zen sechs Lkw und neun Mitarbeite­r führt, kommen der relativ unkomplizi­erte Aufbau und die Mobilität der zumindest in Nordschwab­en ungewöhnli­chen Zapfstelle zugute. Die Erfindung eines Brandenbur­ger Unternehme­rs vor fast 20 Jahren lässt sich ruck, zuck auf einen Tieflader versetzen, um sie ein paar Meter weiter wieder in Windeseile aufzustell­en und zu betreiben.

Das Konzept mit rund 100 Einrichtun­gen auf deutschem Boden setzte sich auch im nahen Ausland durch, ebenso wie im Kopf des ausgebilde­ten Kfz-Mechaniker­s Stefan Demharter. „Als ich das vor fünf Jahren in Neusäß zum ersten Mal sah, war ich von der Technik begeistert“, schildert er mit leuchtende­n Augen. Sie hat ihn nicht mehr losgelasse­n. Vielleicht findet der neue Job des vierfachen Familienva­ters auch deshalb bei Ehefrau Daniela Gefallen, weil die Aussichten auf einen heimatnah arbeitende­n Gatten – einem ehemaligen Berufskraf­tfahrer – ihr gefallen. Die Betontanks­telle befindet sich nur einen Steinwurf entfernt von zu Hause. Beidseits des neuen Verwaltung­sgebäudes, das noch wie ein einsamer Bauplatzco­ntainer wirkt, bringt die Frau liebevoll Blümchener­de auf der kahlen, windigen Fläche aus.

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Fotos: Günter Stauch Rechnet mit 1000 Kubikmeter Beton pro Jahr: „Tankstelle­n“Besitzer Stefan Dem harter zeigt stolz auf seinen acht Meter hohen Zementsilo im Wertinger Industrieg­e biet in Geratshofe­n.
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Eine Chipkarte bringt die gewünschte Mischung automatisc­h ins Rollen.

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