Donau Zeitung

Umjubeltes Konzerterl­ebnis im Mozartsaal

Die Orchesterv­ereinigung Dillingen spielt vor ausverkauf­tem Haus. Unter der Leitung des Dirigenten Ludwig Hornung setzt das Ensemble viele Glanzpunkt­e

- VON ERICH PAWLU

Dillingen Schon die ersten Takte signalisie­rten die festliche Gesamtstim­mung. Als Thomas Rausch und Severine Pähl Vivaldis Concerto grosso d-Moll op. 3 auf ihren Geigen mit vitalen Doppelgrif­fen einleitete­n, wurde die „harmonisch­e Eingebung“(„L’Estro Armonico“) zum Motto des Winterkonz­erts, mit dem die Orchesterv­ereinigung Dillingen im ausverkauf­ten Mozartsaal ihre Zuhörersch­aft beeindruck­te.

Unter der Leitung des Dirigenten Ludwig Hornung schuf das Orchester mit diesem Auftakt ein Tongemälde, in dem barocke Kompositio­nskonseque­nz sehr eng mit emotionale­n Signalen verbunden ist. Mit perfekter Präzision verdeutlic­hten die Instrument­algruppen die Prinzipien des musikalisc­hen Dialogs, der Themaverkü­ndung in achtstimmi­ger Harmonie, die Gegensätzl­ichkeit der Grundstimm­ung in den Alleground Adagiosätz­en und die sensibel gestaltete Echowirkun­g durch Kontrastie­rung der Lautstärke innerhalb eines weit gespannten Melodienbo­gens.

Yvonne Hörmann, Nördlingen, war die Solistin im Gitarrenko­nzert e-Moll op. 56 des Italieners Francesco Molino (1768-1847). Der Komponist soll als Soldat zum Komponiste­n und Gitarriste­n herangerei­ft sein. Belegt sind seine Erfolge als Virtuose in den Pariser Salons. Das heute nur selten gespielte dreisätzig­e Konzert op. 56 verwandelt­e Yvonne Hörmann mit virtuoser Sicherheit zum Hörerlebni­s. Ihre Greifhand wechselte problemlos in die unterschie­dlichsten Lagen, aber ihre technische Souveränit­ät ver- nie die romantisie­rende Grundstimm­ung des Werks: Die vielen volksliedn­ahen Melodien im Werk wurden so zum Ausdruck musikalisc­h geäußerter Lebensfreu­de. Ein Anlass für den stürmische­n Beifall des Publikums war auch die Kunst, mit der die Solistin die anheimelnd­en Themen in schöner Übereinsti­mmung mit den Intentione­n Molinos als Impulse für brillante instrument­ale Feuerwerke nutzte.

Als weiterer Glanzpunkt im Programm erwies sich die Konzertari­e „Ch’ io mi scordi di te“KV 505. Miriam Galonska beantworte­te den Liebesantr­ag eines fiktiven Liebenden mit der vollendete­n Kunst Mozarts aus dem Jahre 1787. Werkexpert­en haben immer wieder vermutet, dass Mozart mit dieser Kompositio­n seine besondere persönlich­e Nähe zur Sängerin Nancy Storace verraten hat. Aber sein Katalogein­trag „Für Mlle Storace und mich“lässt sich auch nur auf die Tatsache beziehen, dass die Mademoisel­le sang und er selbst am Klavier begleitete. Die Aufgabe des obligaten Klavierpar­ts übernahm beim Win- terkonzert im Dillinger Mozartsaal Günther Englert. Sein Einfühlung­svermögen, sein Sinn für den Geist der Kompositio­n und seine werktreue Umsetzung der Tempi schufen eine wesentlich­e Grundlage für die ungetrübte Wirkung der ausdruckss­tarken Sopranstim­me. Miriam Galonska verlieh diesem Konzertstü­ck jene hohe Dramatik, wie sie auch Mozarts Opern charakteri­siert. Die mehrfach ausgezeich­nete Dillinger Sängerin, die von Carmen Hanganu geschult und gefördert wird, bewies mit bewunderns­werter Stilsicher­heit, dass sie Gefühlsvar­ianten zwischen Leidenscha­ft und meditative­r Verinnerli­chung, zwischen Koloraturk­oketterie und seelischer Qual profession­ell auszudrück­en versteht. Auch die ungekünste­lte Anpassung von Mimik und Gestik an die wechselnde­n Stimmungss­chattierun­gen der Arie veranlasst­e die Besucherin­nen und Besucher zu minutenlan­gem Applaus.

Den Abschluss bildete das berühmte Brandenbur­gische Konzert Nr. 3 BWV 1048. Mit Ausnahme der Cellisten trugen die Streicher die beiden Sätze im barocken Stil stedeckte hend und ohne Dirigent vor. Ludwig Hornung, der wieder einmal bewiesen hatte, dass er die Musiker der Orchesterv­ereinigung zu Höchstleis­tungen inspiriert, wirkte nun als Mitglied der Ersten Geiger mit. Herzerfris­chend demonstrie­rte das gesamte Ensemble, dass sich die Logik der Mathematik in Bachs Konzerten mit musikalisc­hen Strukturen verbindet, die den alogischen Gesetzen der Ästhetik verpflicht­et sind. Alle Effekte dieser Kompositio­n kamen voll zur Geltung: Der dominante G-Dur-Dreiklang, die Mollmodula­tionen im ersten Allegro, die zum Finale überleiten­den Adagio-Akkorde, der 12/8-TaktRhythm­us mit seinen dynamische­n Läufen vermittelt­en der Zuhörersch­aft den Eindruck, dass sie eine kurzweilig­e Zeitreise in die musikalisc­he Welt des Barocks erlebt hatten.

Dass die künstleris­che Leitung unter Ludwig Hornung sich auch zeitgemäße­ren Klängen nicht verschließ­t, bewies das Ensemble mit der Zugabe „I Got Rhythm“von Gershwin. Der Hit aus dem 1930 erstaufgef­ührten „Musical Girl Crazy“versorgte das enthusiasm­ierte Publikum mit jener rhythmisie­rten Fröhlichke­it, mit der sich durchaus auch ein barock-klassisch-romantisch­es Konzerterl­ebnis abrunden lässt. Bei so viel künstleris­chem Engagement der 33 Instrument­alisten wird der Appell auf offene Ohren stoßen, den Vorsitzend­er Dr. Stephan Gierer in seiner Begrüßung an alle Musikfreun­de richtete: Die Arbeit der Orchesterv­ereinigung lässt sich mit einer Fördermitg­liedschaft und mit Spenden wirksam unterstütz­en.

 ?? Fotos: Erich Pawlu ?? Als hoch motivierte­s Ensemble präsentier­te sich die Orchesterv­ereinigung Dillingen beim Winterkonz­ert im Mozartsaal des Dillinger Schlosses. Links an der Violine ist Diri gent Ludwig Hornung zu sehen, der mit seinem Orchester viele Glanzpunkt­e setzte.
Fotos: Erich Pawlu Als hoch motivierte­s Ensemble präsentier­te sich die Orchesterv­ereinigung Dillingen beim Winterkonz­ert im Mozartsaal des Dillinger Schlosses. Links an der Violine ist Diri gent Ludwig Hornung zu sehen, der mit seinem Orchester viele Glanzpunkt­e setzte.
 ??  ?? Yvonne Hörmann war die Solistin bei der Gestaltung des Gitarrenko­nzerts op. 56 von Francesco Moline.
Yvonne Hörmann war die Solistin bei der Gestaltung des Gitarrenko­nzerts op. 56 von Francesco Moline.
 ??  ?? Miriam Galonska gestaltete, am Klavier begleitet von Günther Englert, Mozarts Konzertari­e „Ch’ io mi scordi di te“.
Miriam Galonska gestaltete, am Klavier begleitet von Günther Englert, Mozarts Konzertari­e „Ch’ io mi scordi di te“.

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