Die Emblemdecke im Rittersaal retten
Stadtführer Werner Gutmair hat dem designierten Ministerpräsidenten Markus Söder geschrieben. Um den Verfall des Juwels abzuwenden, will er auch Unterschriften sammeln. Und er hat noch ein zweites großes Anliegen
Dillingens Stadtführer Werner Gutmair will die Emblemdecke im Rittersaal retten. Warum das nicht so einfach ist.
Dillingen Wenn Stadtführer Werner Gutmair Gäste in den kleinen Rittersaal des Dillinger Schlosses führt, gerät er regelmäßig ins Schwärmen. Die Emblemdecke lässt das Herz des einstigen Kurators des Dillinger Stadt- und Hochstiftmuseums höherschlagen. So auch beim Bayerischen Heimattag, der im Sommer im Schwäbischen Rom, wie Dillingen gerne genannt wird, über die Bühne ging. Gutmair führte Besucher ins frühere Residenzschloss der Augsburger Bischöfe und geriet unter der Holzdecke selbst in Hochstimmung. „Dort ist ein moralisches Lebensprogramm abgebildet“, sagt der frühere Dillinger Hauptamtsleiter und zeigt jetzt bei einem Rundgang mit unserer Zeitung nach oben zu den 40 Rautenfeldern. „Semper in metu“, steht auf einem Bild – „Sei immer besorgt bei Gunsterweisen“. Oder „Tribulatio optima“– Leiden sind Lehren. Gutmairs Lieblingsbild hat den Text „Idem ambo“– die Rede gleiche dem Gedanken. Diese Lebensweisheiten seien heute noch aktuell, sagt Gutmair begeis- Doch dann wird die Miene des Stadtführers betrübter. „Der Emblemdecke droht der Verfall“, stellt Gutmair fest.
In der Tat sind viele Bilder des Kunstwerks gar nicht mehr erkennbar, weil die Farbe von der Holzdecke abgeplatzt ist. Dies ist im Übrigen keine neue Entwicklung. Im 1964 erschienenen Band „Die Kunstdenkmäler von Schwaben“kommt dieser Missstand bereits zur Sprache. „Die in Leimfarben ausgeführte Malerei ohne Grundierung ist in fortschreitendem Verfall begriffen, ein Feld ist durch rücksichtslosen Einbau eines Kamins völlig zerstört“, heißt es in der Bestandsaufnahme vor 53 Jahren. Dieser Zustand habe sich in dieser langen Zeit natürlich nicht verbessert, bedauert Gutmair. Er hat jetzt an den bayerischen Finanz- und Heimatminister Markus Söder, den designierten Ministerpräsidenten des Freistaats, geschrieben und auf den erbärmlichen Zustand der Emblemdecke hingewiesen.
Der Dillinger bittet Söder um Hilfe bei der Rettung der Holzdecke, die in der Zeit zwischen 1595 und 1600 entstanden ist. „Eine grundlegende Sanierung oder zumindest nachhaltige Sicherung der Renaissance-Decke wäre die Krönung der Schloss-Instandsetzung“, schreibt Gutmair. 27 Millionen Euro seien in die Sanierung des Dillinger Schlosses geflossen. Ihm sei klar, dass eine Restaurierung der Emblemdecke sehr viel Geld koste. Sie sei aber ein herausragendes und in Bayern einmaliges Denkmal.
„Der Zustand tut mir in der Seele weh“, klagt Gutmair. Ihm gehe es in einem ersten Schritt einmal darum, die Holzdecke zu sichern. Bei Dillingens Oberbürgermeister Frank Kunz hat er einen Unterstützer in seinem Anliegen gefunden. „Vonseiten der Stadt begrüßen und unterstützen wir es, dass mit dem Schreiben auf den Erhalt der Emblemdecke im Rittersaal aufmerksam gemacht wird“, sagt Kunz. Er hoffe auf eine positive Rückmeldung. Kultur, so argumentiert Gutmair, finde nicht nur in den Metropolregionen, sondern auch an deren Peripherie statt. Er weist Söder auf die immer wieder zitierte Chancentert. gleichheit zwischen Großstädten und dem flachen Land hin. „Ich bitte Sie, sehr geehrter Herr Minister, daher herzlich, sich in diesem Sinne der Decke anzunehmen“, schreibt der Stadtführer, der früher auch Dillinger Pressesprecher war. Um sein Anliegen voranzubringen, will Gutmair auch bei Dillingern Unterschriften sammeln.
Kostenintensiv dürfte auch der zweite Vorschlag sein, den der Dillinger Markus Söder mit dem Blick auf die gegenwärtig sprudelnden Steuereinnahmen gemacht hat. Gutmair geht es dabei um das einst vorhandene Türmchen über der Schlosskapelle St. Johannes, das auf vielen alten Dillinger Postkarten zu sehen ist. Das Türmchen wurde am 22. November 1945 durch einen Brand zerstört und danach nicht mehr erneuert. Gutmair ist der Meinung: „Seine Wiederherstellung würde das äußere Bild des Schlosses vervollkommnen. Dies wäre das sichtbare I-Tüpfelchen der SchlossSanierung, aber auch eine Reminiszenz an das Schwäbische Rom, als das wir Dillinger uns immer noch sehen.“
Malerei ohne Grundierung