Donau Zeitung

Was hinter Trumps Entscheidu­ng steckt

Der Präsident ist nicht religiös, aber Gläubige bestimmen seine Nahostpoli­tik

- VON THOMAS SEIBERT

Washington Eine Besonderhe­it der Nahostpoli­tik von Donald Trump besteht darin, dass es dem US-Präsidente­n nur in zweiter Linie um die Region geht: Seine Jerusalem-Entscheidu­ng ist ein Beispiel dafür, wie sehr sich der 71-Jährige von innenpolit­ischen und persönlich­en Überlegung­en leiten lässt. Der Präsident weiß genau, wer für ihn politisch wichtig ist. Beim Jerusalem-Plan zeigt sich der Einfluss von proisraeli­schen Geldgebern und christlich­fundamenta­listischen Gruppen.

„Ein Triumph der Innenpolit­ik und des persönlich­en Egos“über die außenpolit­ische Vernunft sei Trumps formelle Anerkennun­g Jerusalems als Hauptstadt von Israel, sagte Aaron David Miller, ein Nahost-Experte und Berater früherer Präsidente­n. Trump selbst sprach stolz von einem erfüllten Wahlkampfv­ersprechen. Persönlich­e religiöse Überzeugun­gen spielen bei Trumps Nähe zu proisraeli­schen Positionen wohl keine Rolle. Der Präsident ist Presbyteri­aner, aber offenbar nicht sehr fromm: Der in dritter Ehe verheirate­te Immobilien­makler bezeichnet­e das Sakrament der heiligen Kommunion einmal als Imbiss aus „ein wenig Wein und einem kleinen Cracker“.

Familie und Innenpolit­ik sind die entscheide­nden Stichwörte­r, wenn es bei Trump um Israel geht. Sein Schwiegers­ohn und Nahost-Berater Jared Kushner ist frommer Jude, seine Tochter Ivanka trat vor ihrer Heirat mit Kushner zum jüdischen Glauben über. Der jüdische und stark proisraeli­sche Casino-Milliardär Sheldon Adelson gehörte im vergangene­n Jahr zu den großzügigs­ten Wahlkampfs­pendern. Er soll sehr verärgert gewesen sein, als der Präsident im Sommer eine erste Gelegenhei­t, Jerusalem zur israelisch­en Hauptstadt zu erklären, ungenutzt verstreich­en ließ.

Trump musste um die Unterstütz­ung von Adelson und anderen kämpfen. Bei der jüdischen Lobby in den USA geht es für ihn vor allem um Spenden und politische Unterstütz­ung, weniger um das Wählerpote­nzial: Juden machen weniger als drei Prozent der amerikanis­chen Wählerscha­ft aus und stimmen traditione­ll meist für die Demokraten. Vor allem angesichts des Drucks durch die Russland-Affäre wolle Trump wichtige Unterstütz­er bei der Stange halten, meint der Nahost-Experte Selim Sazak, der in Washington für die Denkfabrik DelmaInsti­tut aus Abu Dhabi arbeitet. Mit einer Nahost-Strategie habe all das wenig zu tun, sagte er unserer Zeitung: „Ich bin ziemlich sicher, dass es keine Strategie gibt.“

Doch Trump dachte nicht nur an proisraeli­sche Geldgeber, sondern auch an Wählerstim­men, besonders an die der frommen Evangelika­len, die mehr als ein Viertel der US-Bevölkerun­g ausmachen. 80 Prozent seiner Stimmen erhielt er von weißen Evangelika­len. Doch deren Zuneigung bröckelt. Aus diesem Blickwinke­l betrachtet hatte Trump allen Grund, etwas zur Aufbesseru­ng seines Images zu tun. Viele Evangelika­le empfinden eine besondere Verbindung zu Israel. Gott habe Jerusalem und den Rest des Heiligen Landes dem jüdischen Volk gegeben, sagt der Geistliche Robert Jeffress, Mitglied in einem informelle­n evangelika­len Beratergre­mium Trumps.

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Foto: afp Donald Trumps Jerusalem Entscheidu­ng ist besonders hochumstri­tten.

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