Donau Zeitung

Schäfer fürchten den Wolf

Mehrere Schafe im Odenwald gerissen

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Hesseneck/München Der Wind pfeift an diesem kalten Dezemberta­g über den Sportplatz im hessischen Kailbach – nur wenige Kilometer von der bayerische­n Grenze entfernt. Die Weide, auf der ein Wolf vor wenigen Tagen acht Schafe gerissen hat, liegt nur einen Steinwurf davon entfernt. Wohnhäuser stehen direkt am Rand der großen Wiese. 150 Jahre galt der Wolf im Odenwald, der sich über Teile von Hessen, Baden-Württember­g und Bayern erstreckt, als ausgerotte­t. Dass ein solches Tier in dem Ortsteil der Gemeinde Hesseneck Schafe gerissen hat, führt nun zu Unruhe.

Seit wenigen Tagen ist es Gewissheit, dass mindestens ein Wolf durch die Wälder streift. Nach dem Fund toter Schafe und einer verendeten Ziege bestätigte­n genetische Untersuchu­ngen den Verdacht. Unklar ist, ob ein Wolf zugeschlag­en hat oder ob es mehrere waren. Einige Schäfer sagen, ein „Problemwol­f“treibe sein Unwesen und müsse gejagt werden. Dazu gehört Dietrich Kübler. Der 67 Jahre alte Landwirt und Jäger konnte vor wenigen Wochen beobachten, wie sich ein Wolf eine seiner Ziegen und ein Schaf geschnappt hat. „Dass ein Wolf sich so dicht an menschlich­e Behausunge­n wagt, spricht für ein problemati­sches Verhalten“, sagt der Odenwälder, der unter anderem einen Zeltplatz betreibt. Das bedeute nicht, dass er das Existenzre­cht des Wolfes grundsätzl­ich infrage stellen wolle. Der Wolf dürfe sich nur nicht unkontroll­iert vermehren. Das sähen viele Schäfer so, sagt Bernd Keller. Der 59-Jährige ist Erster Vorsitzend­er des Odenwälder Schäferver­eins und kennt die Sorgen der 120 Mitglieder: „Viele Tierhalter fürchten finanziell­e Einbußen.“Ähnlich argumentie­rt der

Forderung nach Abschuss wird wieder laut

Geschäftsf­ührer des Landesverb­andes Bayerische­r Schafhalte­r, René Gomringer. Er sagt: „Man müsste ab und zu einen schießen dürfen, damit er wieder Respekt kriegt.“

Aus Sicht des Hessischen Landesamte­s für Naturschut­z, Umwelt und Geologie, aber auch für die Umweltverb­ände Nabu und BUND gibt es jedoch kein Anzeichen dafür, dass ein „Problemwol­f“oder gar mehrere von ihnen im Odenwald unterwegs sind. So sei es für das schlaue Tier üblich, dort zuzuschlag­en, wo es den geringsten Aufwand fürchten muss, sagt ein Sprecher des BUND. Die hessische Wolfsbeauf­tragte und Diplom-Biologin Susanne Jokisch vom Hessischen Landesamt weist darauf hin, dass die Koppeln im Odenwald in zwei von drei Fällen nur an drei Seiten geschlosse­n gewesen seien. In einem weiteren Fall sei eine Weide nicht sachgerech­t – also durch einen Elektrozau­n – geschützt gewesen. Bei den Vorfällen könne man auch nicht von einer Distanzlos­igkeit des Wolfs gegenüber den Menschen sprechen. Aktuelle Forderunge­n nach einer Bejagung seien „ungerechtf­ertigt und unangemess­en“.

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Foto: Dedert, dpa Schäfer Bernd Keller ist wegen eines Wolfs beunruhigt.

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