Wenn der Satellit den Traktor steuert
Die Landwirtschaft ist bei der Digitalisierung Vorreiter. Wie man mit Drohnen den Mais schützt
Lauingen Welche Folgen hat die digitale Transformation für die Landwirtschaft und die Agrarbranche? Wie müssen sich Landwirte und Verbraucher darauf einstellen? Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft stellte bei Same Deutz-Fahr in Lauingen dazu eine Studie mit Handlungsempfehlungen vor. Die Steigerung der Effizienz, die Schonung der Ressourcen und die Transparenz der Herstellungsprozesse stehen dabei im Vordergrund.
„Ohne Digitalisierung der Landwirtschaft werden wir nicht in der Lage sein, die Weltbevölkerung zu ernähren“, warnt Rainer Morgenstern. Doch der Geschäftsführer der Same Deutz-Fahr GmbH (SDF) weiß im gleichen Atemzug zu beruhigen, denn: „Die Digitalisierung in der Landwirtschaft ist weiter als in den meisten anderen Branchen.“Mit Blick auf die viel zitierten Zukunftsvisionen der Autoindustrie ergänzt er süffisant und nicht ohne Stolz: „Unsere Traktoren können heute schon autonom fahren.“
Als Verantwortlicher für Vertrieb und Marketing weiß der Manager sehr genau, dass die digital unterstützte Landtechnik längst im Ackerbau angekommen ist und weit über die Nutzung einer Wetter-App hinausgeht: ob bei Satellit gesteuerten, sogar selbstlenkenden Traktoren, ob bei automatischer Ertragskartierungen beim Mähdrescher oder bei Anwendungen mit variabler Dosierung für Dünge- und Pflanzenschutzmittel. Letzteres untermauert Stefan Köhler mit einem utopisch klingenden, aber realen Beispiel: Der BBV-Bezirkspräsident von Unterfranken spricht über die Bekämpfung des gefürchteten Maiszünslers. Die Raupen des Kleinschmetterlings vernichten jährlich etwa vier Prozent der globalen Maisernte. Statt ihnen nun mit Pflanzenschutzmitteln auf den Leib zu rücken, werden über dem befal- lenen Ackerbereich punktgenau per Drohnen Kapseln mit Schlupfwespen abgeworfen. Diese fressen die Larven des Schädlings. Dadurch werde der Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln überflüssig und sei selbst dann möglich, wenn der Mais schon hochstehe. Allerdings nutzen erst vier Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe Drohnen, während Hightech-Landmaschinen laut Branchenverband Bitkom schon bei 37 Prozent zum Einsatz kommen.
Köhler war einer der Podiumsteilnehmer einer hochkarätig besetzten Veranstaltung des Zukunftsrats der Vereinigung Bayerische Wirtschaft (vbw) zum Thema „Neue Wertschöpfung durch Digitalisierung“mit dem Schwerpunkt Landwirtschaft (www.vbw-bayern.de). Die Experten aus Wissenschaft und Forschung machten dabei insbesondere auf die Veränderung der Wertschöpfungsketten in der gesamten Agrar- und Ernährungswirtschaft aufmerksam, von Tierzucht über Düngemittel bis Molkereien, Handel und Konsumenten. Voraussetzung seien allerdings schnelles Internet und Glasfaser auch im ländlichen Raum.
Alexander Hörmann, Experte für precision farming (siehe Kasten) bei SDF, verwies in seinem Beitrag auf eine zentrale Frage, die ihm Händler und Landwirte immer wieder stellten: Was mache ich mit all den Daten, wie kann ich diese sinnvoll nutzen und schützen? In diesem Zusammenhang stellte er eine neue internetbasierte Plattform zum Datenaustausch für Landwirte und Lohnunternehmer vor. Diese cloudbasierte Plattform mit Namen „Agrirouter“verbindet seit Herbst dieses Jahres Maschinen und Agrarsoftware herstellerübergreifend. Sie ermöglicht Landwirten und Lohnunternehmern den Austausch von Daten zwischen Maschinen und Agrarsoftware-Anwendungen unterschiedlicher Hersteller. „Wir sind hier Gründungsmitglied“, betont Hörmann.
Auf dem anschließenden „Frag den Rat“-Podium diskutierte er mit den Professoren der TU München Jutta Roosen, Udo Lindemann und Michael Zäh, sowie Stefan Köhler und Christine Völzow von der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft. Unter den interessierten Gästen waren stellvertretender Landrat Alfred Schneid und Lauingens Zweiter Bürgermeister Dietmar Bulling.