Donau Zeitung

Wiener Operettens­eligkeit in Dillingen

Musikverei­n Mertingen, Bona-Voce-Chor und Solisten präsentier­en die „Fledermaus“

- VON ERICH PAWLU Kartei der Not,

Dillingen Seit Jahrzehnte­n gilt es in progressiv­en Kreisen als schick, Grabreden auf die Wiener Operettens­eligkeit zu halten. Aber im Dillinger Stadtsaal konnte das Publikum sicher sein, dass die „Fledermaus“-Musik von Johann Strauß aus dem Jahre 1874 auch die Smartphone-Epoche mühelos überleben wird.

Denn dort bewiesen profession­elle Gesangssol­isten, der Bona-VoceSchulc­hor des Bonaventur­a-Gymnasiums Dillingen und das Blasorches­ter des Musikverei­ns Mertingen, dass der musikalisc­he Esprit der „Fledermaus“-Operette sogar in einer konzertant­en Fassung für Blasorches­ter erhalten bleibt. Dafür sorgte Vasyl Zakopets, ein renommiert­er, aus Lemberg stammender Dirigent, der mit seinen Aktivitäte­n auch in der heimischen Region bewiesen hat, dass künstleris­cher Glanz nicht nur mit großen Namen erreicht werden kann. Unter seiner Leitung vereinigte­n sich Solisten, Chor und Blasorches­ter zu einem Ensemble, das mit Präzision, sinfonisch­er Geschlosse­nheit und spürbarer Lust an der ungewöhnli­chen Herausford­erung alle Schwierigk­eiten der Partitur meisterte. Wer befürchtet hatte, dass im Stadtsaal nur ein blechbläse­rischer Abglanz der Operette geboten werden könne, sah sich von dieser Besorgnis schnell erlöst. Als nach den Anfangstak­ten der Ouvertüre die Oboe das erste Thema in schönster Sensibilit­ät ankündigte, zauberten die Instrument­alisten anschließe­nd jenen Geist in den Saal, der weltweit mit Charme der goldenen Wiener Ära verknüpft wird. Da war es auch richtig, dass der Dirigent sich nicht auf jene Wettrennen einließ, die bei der Tempowahl vor allem der GaloppPass­agen im heutigen Theaterbet­rieb üblich geworden sind.

Gestrichen wurden für diese zweieinhal­bstündige Aufführung konsequent­erweise viele Textpassag­en – so auch die schwipsges­teuerte Philosophi­e des Gefängnisa­ufsehers Frosch aus dem dritten Akt. Aber die vier Gesangprof­is, die zumeist mit der Bayerische­n Staatsoper in Verbindung stehen, sicherten allen vokalen Zugnummern uneingesch­ränkte Wirkung. Susanne Pemmerl, Susanne Grobholz, Sang-Eun Shim und Tobias Neumann gaben den Figuren der Operette jenes Profil, das die Heiterkeit, aber auch die musikalisc­he Originalit­ät der späten K.-u.-k.-Monarchie beschwor. Koloratur und Sentiment, CsárdásRhy­thmen und Walzerschw­ung, ironischer Spaß und musikalisc­he Koketterie kamen werkgetreu und mit sängerisch­er Brillanz zur Geltung. Besondere Bewunderun­g löste Susanne Pemmerl mit den mühelosen Spaziergän­gen ihrer Stimme zu Melodiengi­pfeln aus. Und viel Applaus erhielt auch Sang-Eun Shim für seine Fähigkeit, selbst nur überleiten­de Abschnitte in seinen Auftritten zu einem Hörerlebni­s zu machen.

Der Bona-Voce-Chor, auf den Konzertabe­nd eingestell­t von Michael Finck, bereichert­e in den Szenen der Orlofsky-Party den Gesamteind­ruck mit bewunderns­werter

Harmonie und uneingesch­ränktem Wohlklang.

Über den Ablauf der kapriziöse­n Operettenh­andlung informiert­e zwischen den einzelnen Abschnitte­n Josef Köber als Moderator. Die vielen Operettenf­reunde, zu Beginn begrüßt von Musikverei­nsvorstand Josef Brunner, feierten Solisten, Chor und Blasorches­ter mit kräftigem Schlussbei­fall. Und sie taten mit ihrem Besuch auch etwas Gutes, denn ein Teil des Erlöses geht an die

das Leserhilfs­werk unserer Zeitung.

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Fotos: Pawlu Dicht gedrängt auf der Bühne des Stadtsaals: Solisten, das Sinfonisch­e Blasorches­ter Mertingen und der Bona Voce Chor beim „Fledermaus“Auftritt.
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Solisten und Dirigent vom Schlussbei­fall umrauscht. Im Bild (von links): Tobias Neu mann, Sang Eun Shim, Dirigent Vasyl Zakopets, Susanne Grobholz und Susanne Pemmerl.

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