Der Bauherr von der Polizei
Manfred Wiedemann ist Leiter der Verfügungsgruppe bei der Polizei-Inspektion Dillingen. Ihm sind nicht nur Beamte unterstellt, sondern auch jede Menge Angestellte
In unserer Polizeiserie stellen wir den Leiter der Verfügungsgruppe in Dillingen vor. Der ist nicht nur Polizeihauptkommissar, sondern auch Bauherr.
Dillingen Mal ist ein langes Klopfen zu hören, irgendwann ist es wieder still. Zwischendurch ist das intensive Geräusch eines Bohrers wahrzunehmen. Dann klingelt das Telefon. Manfred Wiedemann nimmt ab, nickt ein paarmal und sucht auf seinem Schreibtisch nach einem Zettel mit einer Nummer. „Das müsste sie sein. Ruf da mal an. Der müsste gerade am Dach arbeiten“, sagt Wiedemann und legt wieder auf. Der 59-Jährige lacht. Dass er auch Baufirmen koordiniert und Baustellen überwacht, stand vor vier Jahren nicht in der Stellenbeschreibung. „Wir sind die Nutzer und vor Ort. Da macht es schon Sinn, wenn man drüberschaut und weiß, was gerade läuft“, sagt Wiedemann. Und der Erste Polizeihauptkommissar weiß ganz genau, was in der Inspektion in Dillingen läuft – und das nicht nur auf der Baustelle.
Manfred Wiedemann ist Leiter der Verfügungsgruppe und stellvertretender Polizei-Inspektionsleiter. Seit Beginn seiner Dienstzeit in Dillingen ist er zusätzlich auch ein wenig Bauherr. Seit rund acht Jahren wird in den Räumlichkeiten am Kasernplatz in Dillingen gearbeitet, renoviert und saniert. „Das dauert eben bei einem 300 Jahren alten Gebäude. Aber ein Ende ist in Sicht“, sagt der Beamte. Gemeinsam mit einem Kollegen begleitet er die Bauarbeiten, denn „manche Dinge muss man anschieben, und einer braucht einen Überblick.“Und damit kennt sich der erfahrene Polizist aus. In seiner eigentlichen Funktion bei der Dillinger Inspektion zählt es zu seinen täglichen Arbeiten, alles im Blick zu haben.
Herr Wiedemann, was genau läuft denn alles bei Ihnen über den Tisch? Wiedemann: Da ist alles dabei: beispielsweise Führerscheinbeschlagnahmungen, Anzeigen wegen Beleidigung, davon sehr viele wegen Internetbetrugs und auch von Diebstählen, Haftbefehle, ein Schreiben vom Gericht, Zuverlässigkeitsüberprüfungen, Aufenthaltsermittlungen – das ist nur ein Auszug von einem Tag. Am anderen Tag kann es ganz anders aussehen. Es ist die komplette, bunte Palette, die die Polizei bearbeitet. Der PI-Leiter und ich haben immer denselben Kenntnisstand, was gerade läuft und wer es bearbeitet. Die Beamten der Verfügungsund Ermittlungsgruppe bearbeiten alles, was den Rahmen der Kollegen im Schichtbetrieb sprengt. Wiedemann: Zur Verfügungsgruppe zählen beispielsweise die Ermittlungsgruppe, der Verkehrsbereich mit der Jugendverkehrsschule, Präventionsund Jugendbeamte, Betrugssachbearbeiter, Erheber zum Beispiel für Fahrerermittlungen, Pressemitarbeiter, Einstellungsberater oder Sachbearbeiter für das Thema häusliche Gewalt. Ein großer Anteil der Verfügungsgruppenarbeit besteht aber auch in der Betreuung von Einsätzen, beispielsweise von Faschingsumzügen, Veranstaltungen, Partys oder den vielen Durchsuchungen nach Rauschgift und Diebesgut. Daher muss ich immer wissen, wie viel Personal wir haben und wen man wo einteilen kann. Bei mir persönlich läuft viel Büroarbeit zusammen, ich bin aber immer noch ein Polizist, und wenn ich gefragt bin, bin ich vor Ort und übernehme auch die Einsatzleitung.
Als Leiter der Verfügungsgruppe sind nicht nur Polizeibeamte Ihnen unterstellt. Es gibt bei der Inspektion in Dillingen noch jede Menge Angestellte. Wiedemann: Richtig. Sie umfassen einen großen Teil und sind für uns sehr, sehr wichtig. Wir haben viele verschiedene Teilbereiche. Dazu zählen unter anderem die Verwaltung der Liegenschaften, die Fahrzeugund Gebäudewartung durch den Wagenpfleger beziehungsweise den Hausmeister, die Kriminalaktenstelle, der Schreibdienst, die Personalverwaltung und IT-Fachmänner.
Welcher Bereich ist am größten? Wiedemann: Die zentrale Datenerfassung. Da sind viele beschäftigt. Dort ist die Telefonvermittlung angesiedelt und es werden alle Radarbilder von ganz Schwaben Nord ausgewertet. Alles muss sorgfältig bearbeitet und ins Computersystem übertragen werden. Alle Bereiche arbeiten für sich relativ selbstständig, aber natürlich in Absprache. Wir sind bei der PI Dillingen ein sehr gutes Team, und ohne unsere Angestellten würde es nicht laufen.
Und Geheimnisse gibt es offensichtlich auch nicht. Oder ist es Zufall, dass Ihre Bürotür ständig auf ist? Wiedemann: Das ist kein Zufall. Ich mache die Tür nur zu, wenn ich nicht da bin oder wir etwas bespre- chen müssen, das nicht für alle Ohren bestimmt ist. Wenn ich die Tür zumache, wer kommt dann noch einfach so rein? Mit mir kann jeder jederzeit reden. Das ist mir wichtig.
Sie sind seit 1976 Polizist – und das aus voller Überzeugung. Wiedemann: Definitiv. Die meisten sind Polizisten mit Leidenschaft. Man legt das auch in der Freizeit nicht ab. Wir können uns auch jederzeit selbst in den Dienst versetzen und polizeiliche Maßnahmen, auch in Zivil, treffen – wenn es denn wirklich notwendig ist. Wir müssen uns dazu allerdings immer entsprechend vorstellen und ausweisen können, das ist rechtlich so eindeutig abgesichert.
Wer ist aus Ihrer Sicht geeignet für den Beruf eines Polizisten? Wiedemann: Wir sind dafür da, den Schwächeren ein Stück weit zu ihrem Recht zu verhelfen. Wir schützen vor Gefahren. Ich denke, deshalb braucht man als Polizist schon einen gewissen Sinn für Gerechtigkeit und sollte empfinden können, wann die Welt in Ordnung ist und wann nicht.