Im Notfall ohne Führerschein hinters Steuer?
Eine Rentnerin fährt trotz Fahrverbots Auto. Sie vermutet eine Verschwörung gegen sich
Dillingen Das, was die Angeklagte vermutet, wäre ein schwerer Vorwurf gegen die Dillinger Polizei. Hören die Beamten ein Telefon ab, um eine hilfsbereite Bürgerin gezielt aus dem Verkehr zu nehmen? Das zumindest behauptet eine 78-Jährige aus dem Landkreis, die vor dem Dillinger Amtsgericht stand.
Beim Prozess geht es um einen Vorfall im Februar dieses Jahres. Damals kontrollierten Polizeibeamten die Frau in der Lauinger Straße in Dillingen und stellten fest, dass sie trotz Fahrverbots am Steuer ihres Autos saß. Der Vorwurf lautet deshalb: Fahren ohne Fahrerlaubnis. Die Rentnerin gibt ohne Umschweife zu, ihren Wagen gefahren zu sein. Allerdings habe es sich um eine Notsituation gehandelt. Ihre ältere Schwester, die in einer anderen Stadt im Landkreis wohnt, leide an Diabetes und sei in Unterzucker gekommen. Deshalb habe sie ihr möglichst schnell Essen bringen wollen. „Ich musste meiner Schwester das Leben retten“, sagt sie.
Vor Gericht äußert sie den Verdacht, dass das Telefongespräch zwischen den Schwestern auch an andere Ohren kam. „Ich vermute, mein Telefon wurde abgehört“, behauptet die Rentnerin. Denn das Verhalten der Polizeibeamten in der Lauinger Straße sei verdächtig gewesen. „Es gab gar keine offizielle Verkehrskontrolle, die Polizisten haben mich förmlich abgepasst.“Sie spricht von einem „abgekarteten Spiel“. Hintergrund: Die Frau steht offenbar auf Kriegsfuß mit der Polizei. Beamten, die beim Prozess ausgesagt hatten, der zu ihrem Fahrverbot führte, wirft sie Falschaussagen vor.
Richterin Gabriele Held versucht, die Angeklagte zur Besinnung zu bringen. „Sie sind doch eine intelligente Frau“, sagt sie. „Ich würde die Sache gerne abschließen, damit Sie Ihren Führerschein wieder bekommen.“Verteidiger Rüdiger Prestel bekräftigt nochmals, dass seine Mandantin nur wegen eines Notfalls ins Auto gestiegen ist. Auch der Staatsanwalt hält der Angeklagten zugute, dass sie ihre Schwester versorgen wollte. „Ungeachtet dessen handelt es sich um eine Straftat.“
Dafür verurteilt das Gericht die Rentnerin. Held verhängt eine Geldstrafe von 600 Euro. Nach mehr als elf Monaten ohne Fahrerlaubnis darf die 78-Jährige wieder hinters Steuer. Die Richterin hebt das Fahrverbot auf. Die Angeklagte akzeptiert das Urteil, es ist somit rechtskräftig.