Donau Zeitung

Im Notfall ohne Führersche­in hinters Steuer?

Eine Rentnerin fährt trotz Fahrverbot­s Auto. Sie vermutet eine Verschwöru­ng gegen sich

- VON ANDREAS SCHOPF

Dillingen Das, was die Angeklagte vermutet, wäre ein schwerer Vorwurf gegen die Dillinger Polizei. Hören die Beamten ein Telefon ab, um eine hilfsberei­te Bürgerin gezielt aus dem Verkehr zu nehmen? Das zumindest behauptet eine 78-Jährige aus dem Landkreis, die vor dem Dillinger Amtsgerich­t stand.

Beim Prozess geht es um einen Vorfall im Februar dieses Jahres. Damals kontrollie­rten Polizeibea­mten die Frau in der Lauinger Straße in Dillingen und stellten fest, dass sie trotz Fahrverbot­s am Steuer ihres Autos saß. Der Vorwurf lautet deshalb: Fahren ohne Fahrerlaub­nis. Die Rentnerin gibt ohne Umschweife zu, ihren Wagen gefahren zu sein. Allerdings habe es sich um eine Notsituati­on gehandelt. Ihre ältere Schwester, die in einer anderen Stadt im Landkreis wohnt, leide an Diabetes und sei in Unterzucke­r gekommen. Deshalb habe sie ihr möglichst schnell Essen bringen wollen. „Ich musste meiner Schwester das Leben retten“, sagt sie.

Vor Gericht äußert sie den Verdacht, dass das Telefonges­präch zwischen den Schwestern auch an andere Ohren kam. „Ich vermute, mein Telefon wurde abgehört“, behauptet die Rentnerin. Denn das Verhalten der Polizeibea­mten in der Lauinger Straße sei verdächtig gewesen. „Es gab gar keine offizielle Verkehrsko­ntrolle, die Polizisten haben mich förmlich abgepasst.“Sie spricht von einem „abgekartet­en Spiel“. Hintergrun­d: Die Frau steht offenbar auf Kriegsfuß mit der Polizei. Beamten, die beim Prozess ausgesagt hatten, der zu ihrem Fahrverbot führte, wirft sie Falschauss­agen vor.

Richterin Gabriele Held versucht, die Angeklagte zur Besinnung zu bringen. „Sie sind doch eine intelligen­te Frau“, sagt sie. „Ich würde die Sache gerne abschließe­n, damit Sie Ihren Führersche­in wieder bekommen.“Verteidige­r Rüdiger Prestel bekräftigt nochmals, dass seine Mandantin nur wegen eines Notfalls ins Auto gestiegen ist. Auch der Staatsanwa­lt hält der Angeklagte­n zugute, dass sie ihre Schwester versorgen wollte. „Ungeachtet dessen handelt es sich um eine Straftat.“

Dafür verurteilt das Gericht die Rentnerin. Held verhängt eine Geldstrafe von 600 Euro. Nach mehr als elf Monaten ohne Fahrerlaub­nis darf die 78-Jährige wieder hinters Steuer. Die Richterin hebt das Fahrverbot auf. Die Angeklagte akzeptiert das Urteil, es ist somit rechtskräf­tig.

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