Donau Zeitung

Union uneins über Familienna­chzug

CSU lehnt Kompromiss­e ab. Thema könnte Gespräche mit der SPD belasten

- VON SIMON KAMINSKI SZ

Augsburg Armin Laschet hatte seinen Vorstoß eigentlich ganz geschickt platziert. Nachdem Papst Franziskus in Rom Mitgefühl und Hilfe für die Flüchtling­e vor Krieg und Gewalt eingeforde­rt hatte und deutsche Bischöfe für den Familienna­chzug von Migranten geworben hatten, präsentier­te der Ministerpr­äsident von Nordrhein-Westfalen am zweiten Weihnachts­feiertag seinen Vorschlag zur Familienzu­sammenführ­ung. Die Zeit für einen Kompromiss wird langsam knapp, da die Aussetzung des Nachzuges im März 2018 ausläuft. Bisher war klar: Die Union will verlängern, die SPD nicht. Doch der Weihnachts­frieden hielt nicht lange: Weder bei der CSU noch in Teilen der SPD stießen Laschets Vorschläge auf Gegenliebe.

Für den CDU-Politiker ist ein Urteil des Berliner Verwaltung­sgerichts wegweisend für eine mögliche Verständig­ung. Das Gericht hatte die Bundesregi­erung verpflicht­et, einem 16-jährigen minderjähr­igen Flüchtling den Familienna­chzug zu ermögliche­n. „Ich halte den Weg, den das Gericht aufzeigt, nämlich einen ,behutsamen Ausgleich‘ zu finden zwischen der Begrenzung von Zuwanderun­g und den Möglichkei­ten der Integratio­n auf der einen Seite und den Einzelfäll­en und den humanitäre­n Fällen auf der anderen Seite, für eine gute Formel, die eine Lösung bringen könnte“, sagte Laschet. Neben humanitäre­n Härtefälle­n müsse der Familienna­chzug auch für Flüchtling­e möglich sein, die Wohnung und Arbeit hätten. Konkret geht es um sogenannte subsidiäre Flüchtling­e. Menschen also, die aus einem Kriegs- oder Krisengebi­et geflohen sind, aber nicht persönlich verfolgt werden – das ist der größte Teil der nach Deutschlan­d gelangten Hilfesuche­nden.

Für den Vorschlag Laschets brachte der stellvertr­etende CSUChef Manfred Weber keinerlei Verständni­s auf. „Die jetzige Regelung wurde ja mit den Sozialdemo­kraten vereinbart. Also sollte es eigentlich

CSU Vize Weber hat kein Verständni­s für Laschet

möglich sein, diese bestehende Regelung schlicht und einfach zu verlängern, wir als CSU fordern das“, sagte Weber. Die CSU mahnt seit Wochen, dass weiterer Zuzug die Kommunen, die die Hauptlast der Integratio­n meistern müssten, überforder­n würde.

Und die SPD? Der Mann fürs Grobe, der stellvertr­etende Parteichef Ralf Stegner ging sofort zum Angriff über. Er nannte Laschets Vorstoß in der „eher PR-Geklingel als Annäherung, weil er den meisten Familien nichts hilft“. Schließlic­h verfüge das Gros der subsidiäre­n Flüchtling­e gar nicht über eine Wohnung oder einen Job. Doch die SPD bewies wenige Stunden später, dass es ihr zurzeit schwerfäll­t, mit einer Stimme zu sprechen. Denn der neue SPD-Generalsek­retär Lars Klingbeil lobte Laschet ausdrückli­ch für seinen Versuch, die „starre Blockadeha­ltung der Union“aufzuweich­en.

Für die CDU/CSU könnte das Thema im neuen Jahr bald zu einer Belastung werden. Denn für die Verlängeru­ng des Nachzugsto­pps ist eine Entscheidu­ng des Bundestags notwendig. Dafür aber fehlt der Union eine eigene Mehrheit. Natürlich könnte sie die Aussetzung des Familienna­chzuges mit den Stimmen von AfD und FDP verlängern. Doch dann wäre das Ziel, weiter mit der SPD zu regieren, wohl kaum noch realistisc­h.

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Foto: Kappeler, dpa Der stellvertr­etende CSU Chef Manfred Weber ist gegen Kompromiss­e beim Familienna­chzug.

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