Donau Zeitung

Erfahrene Trainer auf dem Abstellgle­is

Neururer, Dutt, Daum, Babbel oder Labbadia: In der Bundesliga spielen altgedient­e Trainer derzeit keine Rolle. Die Gründe dafür sind vielschich­tig

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Stuttgart Peter Neururer wird die Hoffnung niemals aufgeben. „Ich stehe jeden Morgen auf und bin bereit“, sagt der 62 Jahre alte Fußballleh­rer und klingt kein bisschen resigniert. Wie groß seine Zuversicht auch nach drei Jahren ohne Trainerjob noch ist, macht er nicht nur verbal, sondern sogar anhand seines Autos deutlich. Neururer hat sich den dunklen Geländewag­en vor einiger Zeit gekauft und gleich auch ein neues Nummernsch­ild dazubestel­lt. Neben seine Initialen ließ er die Nummer 15 eingravier­en. „Weil ich auf die 15. Station im Profifußba­ll warte“, sagt er. Er ist durchaus ernst, als er das erzählt. Dann muss er aber doch ein wenig über sich selbst lachen. Neururer ist in gewisser Hinsicht ein Musterbeis­piel. Über etliche Jahre hat er in der 1. und 2. Bundesliga trainiert, hunderte Spiele, 14 verschiede­ne Klubs.

Seine Karriere sieht er aber noch lange nicht am Ende. Stattdesse­n ist er geduldig und damit nicht allein: Mirko Slomka, Bruno Labbadia, Christoph Daum, Robin Dutt und etliche andere – jeder von ihnen hat viel Erfahrung, aber das ist nicht die einzige Gemeinsamk­eit: Für keinen von ihnen gibt es derzeit Bedarf in der Bundesliga. Die Gründe dafür sind vielschich­tig. Der Trainermar­kt ist im Wandel und mit ihm wandelt sich auch das Personal.

Nachwuchsk­räfte wie Julian Nagelsmann, Domenico Tedesco oder Hannes Wolf sind plötzlich Teil die- Marktes geworden, obwohl sie vorher, mit Ausnahme von Tedesco, nur Jugendmann­schaften trainiert hatten. Dass die jungen Trainer noch nicht mal selbst Profis waren, wird dem deutschen Fußball laut Ex-Nationalsp­ieler Mehmet Scholl „ein blaues Wunder“bescheren.

Diese These ist zwar äußerst fragwürdig, eins steht aber fest: Slomka, Labbadia, Scholl und Co. geraten angesichts der nachrücken­den Qualität immer mehr aufs Abstellgle­is. Diese Entwicklun­g ist nicht neu. Auch Daum, Neururer oder Dutt haben als junge Trainer in der Bun- desliga ihre Chance bekommen. Was sich im Lauf der Zeit aber geändert hat, ist ihr eigener Anspruch. Und die Gnadenlosi­gkeit des Geschäfts. Wer Fehler macht, bekommt in der Bundesliga mittlerwei­le selten eine nächste Chance.

Bei Neururer war es die oft mangelnde Konstanz seiner Teams, andere wie Valérien Ismaël (VfL Wolfsburg) oder Joe Zinnbauer (Hamburger SV) verspielte­n schnell die geringe Geduld ihrer Bosse. Anfragen bekommen alle von ihnen trotzdem regelmäßig. Aber in der Bundesliga ist eben nur für 18 Traises ner Platz. „Das Problem sind die eigenen Ansprüche, die man hat. Ich könnte gefühlt jede Woche einen neuen Vertrag unterschre­iben“, sagt Neururer. „Aber mit dem eigenen Anspruchsd­enken muss man sich nicht mehr alles antun.“Auch Daum liegen immer wieder Anfragen aus China oder dem arabischen Raum vor. Zinnbauer war zuletzt Trainer in der Schweiz, Markus Babbel trainiert dort noch den FC Luzern. Natürlich sind diese Stationen immer auch eine Chance, um vielleicht doch noch einmal eine Eintrittsk­arte für die Bundesliga zu bekommen. Vielleicht rückt aber auch schon bald der nächste Nagelsmann nach.

24 neue Fußball-Lehrer werden jedes Jahr vom Deutschen FußballBun­d ausgebilde­t. „Nur ein sehr geringer Anteil wird später überhaupt mal in der Bundesliga als Trainer arbeiten“, sagt der DFB-Chefausbil­der Frank Wormuth. Wer dann nicht auf Anhieb erfolgreic­h ist, hat es anschließe­nd schwer. Aber zumindest für die erfahrenen Trainer, glaubt Wormuth, wird auch künftig wieder Verwendung sein. „Vor allem wenn ein Klub in Abstiegsno­t gerät, wird auf die erfahrenen Feuerwehrm­änner sicher wieder zurückgegr­iffen werden. Dann werden auch Trainer wie Bruno Labbadia und Co. wieder eine Rolle spielen“, sagt der 57-Jährige. Auch Peter Neururer ist ein etablierte­r Retter in der Not.

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Foto: Weigel, dpa Trainer Peter Neururer hofft auf seine 15. Station im Profifußba­ll.

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