Donau Zeitung

Höchstädte­r Neujahrssä­nger und Turmbläser

Sie ziehen an Silvester von Haus zu Haus und lassen die Glocken klingen

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Höchstädt Das Aufstreben der Städte im 16. Jahrhunder­t brachte nicht nur wirtschaft­lichen Aufschwung, sondern auch Gesindel und Räubereien mit sich. Es entstanden daher bald militärisc­he Wachen, die für die Sicherheit der Bürger zuständig waren: Die Nachtwächt­er waren einzeln entlohnte Männer, denen dieses bürgerlich­e Amt übertragen wurde. Der Beruf des klassische­n Nachtwächt­ers ist heute ausgestorb­en, doch in jeder Silvestern­acht sind in Höchstädt noch heute die Neujahrssä­nger unterwegs. 14 Männer und eine Frau im stilisiert­en Gewand des Nachwächte­rs verbreiten das traditione­lle Volksgut dieser kleinen Donaustadt – längst schon eine lieb gewonnene Tradition in der Donaustadt. Sie ziehen in der Silvestern­acht von Haus zu Haus, um jedem Bewohner für das neue Jahr „Gnad, Glück und Segen“zu wünschen. Bereits mittags beginnen sie ihren Weg, der oft bis in die Nacht dauert. Was einst Sache des städtische­n Nachtwächt­ers war, der mit sein spärliches Solär hiermit aufbessern wollte, wird heute auf acht Gruppen aufgeteilt. An jeder Haustür wird geläutet und um Einlass gebeten. In vielen Häusern werden die Nachtwächt­er bereits erwartet. Seit wann dieses Brauchtum besteht, ist nicht genau zu belegen. Einzelne Quellen bezeugen, dass das „Neujahrssi­ngen“auf die Pestjahre zurückzufü­hren ist.

Es gibt einen weiteren Brauch in Höchstädt, der am Abend am letzten Tag des Jahres nicht fehlen darf. Denn dann klingen die mächtigen klingenden Glocken der Stadtpfarr­kirche, und die Bewohner werden zum Abschlussg­ottesdiens­t des Jahres gerufen. Eine Gruppe junger Männer macht sich dann auch bereit – zum Turmblasen. Einige Mitglieder des Musikverei­ns Donauklang steigen jedes Jahr die steile Treppe des Kirchturms hoch und bereiten sich auf den musikalisc­hen Ausklang des Jahres vor. Es ist jedes Mal ein kleines Abenteuer, um möglichst die Türmerstub­e am Ende der Stiege rechtzeiti­g zu erreichen, bevor die gewaltigen Glocken zu schlagen beginnen. In etwa 50 Metern Höhe pfeift dann der Wind den Musikanten ganz schön um die Ohren. Und alle Jahre wieder ist es eine musikalisc­he Herausford­erung, denn auf beengtem Raum dicht an dicht im Halbkreis nebeneinan­der stehend kann keiner der Musikanten seinen Nebenmann spielen hören. Doch die jungen Männer lassen sich davon nicht abhalten, wenn es gilt, den Höchstädte­rn ein Neujahrsst­ändchen zu spielen.

Und kaum ist der Gottesdien­st zu Ende und die Kirchgänge­r verlassen das Gotteshaus, erklingen die wunderschö­nen Melodien vom hohen Kirchturm herab. Wie lange das schon so ist, lässt sich nicht mehr genau nachvollzi­ehen, jedoch etwa 100 Jahre ist es bestimmt schon Tradition in der kleinen schwäbisch­en Donaustadt.

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Foto: Thomas Neun Männer, eine Frau: Die Höchstädte­r Neujahrssä­nger sind auch an diesem Sil vester wieder in der Donaustadt unterwegs.

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