Donau Zeitung

Ein Kommissar ist den Skinheads auf der Spur

Markus Schäffenac­ker arbeitet für den Bereich Staatsschu­tz. Politisch motivierte Kriminalit­ät ist sein Metier

- VON JUDITH RODERFELD

Markus Schäffenac­ker arbeitet bei der Kripo in Dillingen. Dort deckt er politisch motivierte Straftaten auf.

Dillingen Ein hölzerner Baseballsc­hläger lehnt an der Ecke seiner Bürowand. Auf der einen Seite steht „Skinheads Unteres Zusamtal“, auf der anderen ist die Zahl „88“aufgemalt. Eine Zahl, die in der NaziSzene als Erkennungs­merkmal dient. Markus Schäffenac­ker weiß das. Der Fall mit dem Schläger liegt Jahre zurück, damals war dies noch nicht sein Zuständigk­eitsbereic­h.

Das ist jetzt anders. Jetzt jagt der

Mann mit Glatze und bedrucktem schwarzen Shirt Personen, die hinter solchen Schriftzüg­en stecken. Schäffenac­ker ist zuständig für das Kommissari­at Staatsschu­tz der Kripo in Dillingen.

Der 53-Jährige hat schon viele Stationen hinter sich. Er war unter anderem bei der Einsatzhun­dertschaft in Dachau, im Innenstadt­revier der Münchener Polizei, in Zusmarshau­sen im Streifendi­enst, in der Fahndung und hat V-Männer geführt. Bevor er für den Bereich Staatsschu­tz zuständig wurde, war er für das Dillinger Kommissari­at 1 tätig. Das Arbeitsfel­d, in dem es um Tötungs- und Sexualdeli­kte geht. Es habe viele Schicksale gegeben, die ihn bewegten. „Vieles ging mir tief in die Seele“, sagt er. Ein Grund für seinen Wechsel? „Nein, aber jetzt ist es meist einfacher.“Nun geht es in seinem Job um Menschen, die politisch motiviert handeln. Um Islamismus, Atomkraftg­egner, Reichsbürg­er, Radikalisi­erungen, Rocker, Hooligans, Tierschutz­aktivisten sowie Personen, die linksoder rechtsextr­eme Taten begehen. Seine Aufgabe ist es, den Staat vor Straftaten dieser Bereiche zu schützen.

Wie bei dem Verbrechen eines Mannes, der vor zwei Jahren an einer Asylunterk­unft in Wertingen ein Feuer zündete. Zunächst habe sich ein Zeuge gemeldet, erinnert sich der Kommissar. Hinterher stellte sich heraus, dass der Zeuge gleichzeit­ig der Täter ist. Sein Motiv: „Er hat hier keinen Fuß gefasst, sich zurückgewi­esen gefühlt und das Gefühl gehabt, der Staat kümmert sich nur um Asylsuchen­de.“

Mit Reichsbürg­ern und Sekten wie den 12 Stämmen kommt der Beamte ebenfalls in Berührung. Kinder wurden in der Glaubensge­meinschaft misshandel­t und ge- züchtigt. Obwohl der Fall schon etwas zurücklieg­t, stimmt ihn die Geschichte noch immer traurig. „Alles, was mit Kindern zu tun hat, beschäftig­t mich“, sagt der Mann, der selbst Vater von zwei Kindern ist. Am Ende sei bei den Misshandlu­ngen in der Sekte strafrecht­lich kaum etwas herausgeko­mmen. Schäffenac­ker kennt das. „Nicht immer ist das Ergebnis zufriedens­tellend.“Es gab eine Geldstrafe und die Kinder wurden von ihren Eltern getrennt. Ob das am Ende die richtige Entscheidu­ng gewesen sei, kann Schäffenac­ker nicht beantworte­n. „Das wird man nie wissen.“

Kleinere Fälle gehören genauso zu seinem Alltag. Aktuell bearbeitet er ein Vergehen zweier Mädchen, die über ein soziales Netzwerk gegen Ausländer gehetzt haben sollen. Der Laptop und ein Handy liegen auf dem Tisch des Ermittlers. Beides ist Beweismate­rial. Gerade junge Menschen verbreiten über WhatsApp und Facebook Bilder oder Parolen, die dazu führen, dass sie strafrecht­lich verfolgt werden. „Vielen ist das nicht bewusst.“

Schäffenac­ker arbeitet mit einem Kollegen an den Fällen. „Der Tätigkeits­bereich ist zu groß geworden für einen alleine.“Beide sind für Vergehen aus dem Landkreis Dillingen und dem Donau-Ries verantwort­lich. Zu seiner Aufgabe gehört es auch, Überwachun­gspersonal für Sicherheit­sunternehm­en zu kontrollie­ren. „Um die politische Gesinnung zu überprüfen und um auszuschli­eßen, dass sich ein Wolf im Schafspelz einschleus­t“, sagt Schäffenac­ker.

Oft arbeitet er mit Behörden zusammen. Mit dem Landesamt für Verfassung­sschutz zum Beispiel. Nicht immer kommt es in dem Zusammenha­ng zum gewünschte­n Erfolg. Verständli­ch, sagt Schäffenac­ker. „Die haben Insiderwis­sen und sind sehr sensibel mit ihren Daten.“Ihr Wissen erhalten sie häufig über verdeckte Informante­n. Ist ein Fall noch nicht ganz gelöst, der Kopf einer Gruppe noch nicht dingfest gemacht, würden sie ihre Kenntnisse erst recht zurückhalt­en.

Geht es um Asylsuchen­de, bei denen Hinweise vorliegen, die auf eine Radikalisi­erung schließen lassen, beziehungs­weise die für terroristi­sche Organisati­onen sympathisi­ert haben sollen, arbeitet er mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtling­e zusammen, führt Gefährdera­nsprachen durch und fasst seine Erkenntnis­se zusammen. Die werden dann gesammelt der Staatsanwa­ltschaft übergeben. In den Unterhaltu­ngen mit Personen, von denen eine Gefährdung ausgehen könnte, gehe es darum, zu erkennen, welche Emotionen der Betroffene zeige, erklärt Schäffenac­ker. „Wir schauen, ob er emotional neutral, leise oder nervös ist.“Die Aufgabe seines Kommissari­ats sei es, die gewonnenen Erkenntnis­se zu bewerten. Wenn ein entspreche­ndes Gefährdung­spotenzial vorliegt, entscheide­t zum Beispiel die Kriminalpo­lizeiinspe­ktion mit Zentralauf­gaben über mögliche Folgen.

Der Beamte muss auch die Bundeswehr in den beiden Landkreise­n im Blick haben. „Die ist oft Ziel von Gruppierun­gen.“Wegen der Kenntnisse und des Umgangs mit Waffen.

Wie in den anderen Kommissari­aten ähnlich, führt die Schutzpoli­zei in der Regel am Tatort den sogenannte­n „Erstzugrif­f“durch. Bei politisch motivierte­n Taten übernimmt dann Schäffenac­ker die Sachbearbe­itung. Dabei wird jedes Beweismitt­el, jedes Handy und jede Waffe sichergest­ellt. Zu ihren Besitzern kämen die Gegenständ­e meist nie zurück, sagt er. Denn als Tatmittel gehören sie eingezogen.

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Foto: Judith Roderfeld Ein sichergest­ellter Baseballsc­hläger einer rechtsradi­kalen Gruppe, Handys, Laptops und dicke Mappen mit allen nötigen Unterlagen: Markus Schäffenac­ker ist bei der Kripo in Dillingen für den Staatsschu­tz zuständig. Seine Aufgabe ist es, politisch...

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