Donau Zeitung

Wer bar zahlt, bleibt anonym

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger allgemeine.de

Man muss kein Verschwöru­ngstheoret­iker sein, um zu erkennen: In der Finanz- und Internetwi­rtschaft gibt es eigennützi­ge Bestrebung­en, Bargeld abzuschaff­en. So prophezeit­e DeutscheBa­nk-Chef Cryan, teure Münzen und Scheine würden wahrschein­lich in zehn Jahren verschwind­en.

Der bekannte Ökonom Bofinger dürfte es aber bitter bereuen, sich in das Heer der Bargeld-Skeptiker eingereiht zu haben. Denn über ihn brach ein Shitstorm herein. Bürger reagieren zu Recht allergisch darauf, wenn Scheine und Münzen diskrediti­ert werden. Denn die Strategie der Finanz- und Internetwi­rtschaft ist allzu durchschau­bar: Banken würden an der Abschaffun­g des Bargelds durch entspreche­nde Gebühren für Kreditkart­enzahlunge­n profitiere­n. Und Konzerne wie Apple planen Gerüchten zufolge selbst Angebote für das Bezahlen per Smartphone. Das käme George Orwell hoch zehn gleich, schließlic­h könnten die Digital-Riesen nachvollzi­ehsen, wer wann wo wie viel kauft. Es geht aber niemanden etwas an, ob ein Bürger in einem Supermarkt Windeln, Milch, Bier oder ein paar Socken ersteht.

Schon heute geben gutgläubig­e Verbrauche­r freiwillig im Internet reichlich Daten preis. Doch wenn Menschen gläserner werden, sind sie auch leichter zu überwachen. Big Google, Big Apple und Big Amazon schauen dann noch tiefer in uns hinein. Bargeld ist ein guter Schutz gegen diese Horror-Vision. Wer cash zahlt, bleibt auch anonym. Dabei gibt es zwei weitere unschlagba­re Argumente für Münzen und Scheine: Man kann auch bezahlen, wenn der Strom ausgefalle­n ist. Und wenn die EZB Negativzin­sen selbst auf kleinere Sparguthab­en erheben sollte, ist Bargeld die letzte Rettung, um sein Erspartes vor Wertverfal­l zu schützen. Bargeld ist eben wirklich geprägte Freiheit.

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