Ist Kunst oder Liebe stärker?
Ein beglückend missglücktes Debüt
Was sie sich da zugetraut hat! Die junge Österreicherin Irene Diwiak legt mit ihrem Debüt „Liebwies“keinen dieser Selbst und Zeit bespiegelnden Generationsromane vor. Sie greift mutig hinein in die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg und verhandelt eine hinreißend gestrickte Geschichte, die die Verblendungen der Liebe mit denen der Gesellschaft bis ans Ende des Zweiten Weltkriegs verfolgt …
Ein versehrter Musiklehrer strandet in dem abgeschnittenen Kaff Liebwies – und entdeckt ein Gesangsjuwel. Er alarmiert einen Kollegen aus der Großstadt, der aber wird beim Vorsingen aus Liebe taub und nimmt statt der talentierten eine völlig untalentierte Sängerin mit zurück, weil die aussieht wie seine verstorbene Gattin.
Und in der Stadt wiederum gerät ein befreundeter Komponist wiederum aus Zufall an seine weltferne Frau, die im Geheimen aber so traumschöne Melodien schreibt, dass diese sogar die untalentierte Sängerin aus Liebwies zum Star machen könnten…
Klingt nach einer einzigen Groteske? Die 28-jährige Grazerin Diwiak weitet das alles tatsächlich mit erstaunlich leichter Hand zu einem Gesellschaftsstück aus, in dem intime Momente wie auch der aufkommende Antisemitismus glaubhaft aufgehen. Ihre ganze Liebe gilt in diesem Historienspiel den Frauenfiguren. Dass ihr die Männer dagegen auf geradezu lustige Weise missglücken, macht dieses mutige Debüt fast nur noch beglückender.
Deuti cke, 336 S., 22 ¤