Österreichs Adler im Sinkflug
Die Deutschen nützen bekanntlich jede noch so unbedeutende Chance, sich über ihre österreichischen Nachbarn lustig zu machen. Gelegenheiten dazu gibt es speziell in der warmen Jahreszeit reichlich. Selbst in Dürremonaten findet sich immer eine rot-weißrote Fußball-Blamage über die sich Deutschen genüsslich erheben können. Entweder haben die Österreicher gerade mal wieder eine WM-Qualifikation vergeigt oder man erinnert den Zeltplatz-Nachbarn am Neusiedlersee daran, dass sie nicht einmal in der Lage sind in einem Anlauf einen Bundespräsidenten zu wählen.
Wird es Winter, wendet sich das Blatt dramatisch. Der Germane, der gerne auch ein weltbeherrschender Skifahrer wäre, fährt der ÖsiFlotte dann in der Regel nur hinterher. Erst recht, wenn es über Schanzentische geht. Nicht wenige Österreicher halten ihr Heimatland deshalb für den Geburtsort des Ur-Adlers, aus dem sich über Jahrtausende See-, Fisch-, oder Steinadler und am Ende Morgenstern, Schlierenzauer und Kraft entwickelt haben. Tollkühne Männer, die auf ausgebreiteten Schwingen talwärts segeln.
Allein die Aussicht auf den Winter treibt das Land zur Höchstform. Selbst eine Regierung basteln die Österreicher dann schneller zusammen als die Deutschen.
Und jetzt das: Austrias Adler plumpsen wie Weihnachtsgänse von den Schanzen. Zur Halbzeit der Tournee hat keiner mehr eine Chance auf den Gesamtsieg – und das vor dem Heimspiel in Innsbruck. Die Franzosen, ähnlich vom Wind zerzaust, haben ihre Vögel abgemeldet. Österreich würde es gerne. Bedenkt man, dass die Österreicher vor einigen Jahren siebenmal in Serie die VierschanzenTournee gewonnen haben, drohen die Folgen dieses Absturzes die Republik in ihren Grundfesten zu erschüttern. Schlimmer als das: die Deutschen fliegen vorne, einer von ihnen noch mit der Aussicht auf den großen Triumph. Das Furchtbarste aber: Wollen die Österreicher einen Restlorbeer ernten, müssen sie den Deutschen, deren Trainer Werner Schuster ein Österreicher ist, die Daumen drücken.
Regierung und Tourneesieg – entweder oder. Beides zusammen geht eben nicht.