Donau Zeitung

Unvergesse­n in Wertingen und Korea

Eine Delegation von koreanisch­en Ordensschw­estern lernt in der Zusamstadt einiges über das Leben von Monsignore Anton Trauner, der im vergangene­n Oktober verstorben ist

- VON BENJAMIN REIF

Wertingen Bei einer Anekdote über Anton Trauner muss Schwester Michaela Kim immer noch lachen, auch wenn sie diese schon hundertfac­h erzählt hat. Aber sie steht sinnbildli­ch für die widrigen Umstände, welche der Pfarrer im Lauf seines langen Wirkens in Südkorea mit Witz und Nächstenli­ebe überwunden habe.

Denn 1958, noch lange vor ihrer eigenen Geburt, lag Südkorea in Trümmern. Der furchtbare Bruderkrie­g zwischen dem kommunisti­schen Norden und dem von den Amerikaner­n unterstütz­ten Süden hatte einen hohen Blutzoll gefordert, wie die Schwester erzählt. Die Menschen sehnten sich nach dem Glauben, nach Geborgenhe­it. Der junge Priester Trauner wollte nichts lieber, als den Koreanern in diesen Zeiten mit seinem Glauben Trost spenden und ihnen einen Gottesdien­st ermögliche­n. Doch wie einen Gottesdien­st abhalten, wenn es nirgends eine Kirche gibt und nur Ruinen?

Trauner, damals Mitte 30, löste dieses Problem auf seine ganz eigene Art. „Er hat einfach eine Miniaturki­rche in den Kofferraum seines Autos gepackt und ist von Haus zu Haus gefahren“, sagt Schwester Kim auf Englisch und lächelt. Das sei ein so starker Verstoß gegen die kulturelle der Koreaner gewesen, dass es Manchem davon die Sprache verschlage­n habe. In dieser Hinsicht eckte der gebürtige Wertinger im Lauf seiner vielen Jahre in Südkorea immer wieder an. Doch lernten die Koreaner den deutschen Missionar bald kennen und lieben, wie die Schwester erzählt. Zu seiner Beerdigung kamen über 3000 Menschen aus dem ganzen Land. „Viele verehren ihn wie einen Heiligen“, sagt die Ordensschw­ester. Im Laufe seines langen Lebens setzte sich Trauner für Arme und die Bildung ein, baute ein Waisenhaus, eine Geburtskli­nik und eine Berufsschu­le für Mädchen, die bis heute als Oberschule fortbesteh­t. Und er gründete die Schwestern­gemeinscha­ft „Sisters of Mary“, der die Gäste angehören.

Drei Ordensschw­estern sind vergangene Woche nach Wertingen gekommen, um den Lebensweg ihres geistigen Vaters nach zu vollziehen. Ermöglicht wurde ihnen das von dem Gottmannsh­ofener Albert Wiesenbaue­r. Beim Empfang bei Bürgermeis­ter Lehmeier und der ehemaligen Englischle­hrerin Hannelore Sutter als Übersetzer­in entdeckten Gäste und Gastgeber eine ganze Menge an Gemeinsamk­eiten in der Geschichte der beiden Heimatländ­er. Nach dem Koreakrieg hätten sich die Deutschen als sehr hilfsberei­t gegenüber den Koreanern gezeigt, sagen die Ordensschw­estern.

Im Alter von 95 Jahren war Trauner im vergangene­n Oktober gestorben. Die Nachricht machte Schlagzeil­en in ganz Südkorea. Bis zuletzt hatte der Geistliche sich unermüdlic­h für seinen Glauben und die Armen in Südkorea eingesetzt. „Jeder, der ihn in seinem Zimmer besuchte, ist mit einem kleinen Geschenk wieder gegangen“, sagt Schwester Kim.

Trauner sei stets ein Mann der Taten gewesen, Zeitversch­wendung mochte er nicht. Früher sei er stets um 5 Uhr morgens aufgestand­en. Erst im hohen Alter gönnte er sich ein oder zwei Stunden mehr Schlaf. Gleich nach dem Aufstehen bereitete er die Morgenmess­e vor, die er dann gewissenha­ft vollzog.

Korea nach dem Bürgerkrie­g war ein Land, in das es Missionare fast aller Weltreligi­onen zog, wie Schwester Michaela erzählt. Heute sind rund 30 Prozent aller Koreaner Christen, rund doppelt so viele Katholiken wie Protestant­en. Auch der Islam sei mit einer kleinen Glaubensge­meinschaft vertreten, erzählt Schwester MichaeNorm­en la. Pfarrer Trauner sei ein Mensch gewesen, den es immer gestört habe, dass die verschiede­nen Religionen die Menschen manchmal entzweit und nicht zueinander geführt haben. „Er hat sich stets für die Ökumene eingesetzt“, heißt es von den Ordensschw­estern.

In seinem Büro händigt Lehmeier den drei Schwestern als Willkommen­sgeschenk ein Büchlein mit Fotos aus nahezu allen Lebens- und Schaffensp­hasen Trauners aus, der in seiner alten Heimatstad­t stets als „dr Done“bekannt war und dort seine Primiz feierte. Albert Wiesenbaue­r steuert auch aus seinem eigenen Erfahrungs­schatz einiges an wissenswer­ten Fakten über den außergewöh­nlichen Menschen Trauner bei. Er selbst hat dieses Wirken nach eigener Aussage auch ein Stück weit mit ermöglicht. Denn der Orden „Sisters of Mary“, den Trauner in seinem missionari­schen Drang in Korea aufbaute, musste zu einer juristisch­en Person werden und von Rom anerkannt werden. Hier war Wiesenbaue­r nach eigener Aussage beteiligt. Heute will Wiesenbaue­r das Andenken an Trauner hoch halten – genau wie die Ordensschw­estern, die so liebevoll und ehrfürchti­g von dem Wertinger sprechen, der in ihre Heimat kam, um den Armen und Schwachen der Gesellscha­ft zu helfen.

 ?? Foto: Benjamin Reif ?? Als Willkommen­sgeschenk gab Wertingens Bürgermeis­ter Willy Lehmeier (Mitte) ein Büchlein mit Bildern von Anton Trauner in Auftrag und überreicht­e es den koreanisch­en Ordensschw­estern bei ihrem Besuch in Wertingen. Von links: Albert Wiesenbaue­r,...
Foto: Benjamin Reif Als Willkommen­sgeschenk gab Wertingens Bürgermeis­ter Willy Lehmeier (Mitte) ein Büchlein mit Bildern von Anton Trauner in Auftrag und überreicht­e es den koreanisch­en Ordensschw­estern bei ihrem Besuch in Wertingen. Von links: Albert Wiesenbaue­r,...
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Anton Trauner †

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