Die Union hadert: Hart bleiben oder nachgeben?
Wann die Verhandlungen beginnen, ist noch unklar. SPD fällt auf 17 Prozent
Berlin/Augsburg Nach den Verhandlungen ist vor den Verhandlungen: Während die SPD-Spitze sich auf ihrem Parteitag ein Mandat für weitere Gespräche mit der Union erzittert hat, suchen CDU und CSU noch nach einer Linie für die Koalitionsverhandlungen. Auf der einen Seite erteilt der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) den Forderungen nach Nachbesserungen eine Absage: „Man kann jetzt nicht, was besprochen worden ist, wieder infrage stellen.“Auf der anderen Seite sind CDU-Politiker wie der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer durchaus zu Zugeständnissen bereit. Über eine großzügigere Härtefallregelung beim Familiennachzug etwa, sagt der, „wird man sprechen können.“Der Arbeitnehmerflügel der CDU schließt sich den Forderungen der SPD in der Flüchtlingspolitik und im Streit um das Befristen von Arbeitsverträgen sogar explizit an.
In der CSU ist die Bereitschaft, der SPD entgegenzukommen, deutlich geringer. Die Sondierungsergebnisse bildeten die Grundlage für die Koalitionsverhandlungen, betonte ihr Innenexperte Stephan Mayer gegenüber unserer Zeitung. „Das gilt für die Flüchtlingspolitik ebenso wie für alle anderen Themen.“Auch CDUVize Thomas Strobl warnt die Sozialdemokraten: „Nachgekartet wird nicht, sonst können wir das Sondierungspapier weglegen und wieder bei null beginnen.“Gegenüber unserer Zeitung kritisierte er: „Maßstab darf nicht sein, ob der Koalitionsvertrag den SPD-Mitgliedern gefällt. Maßstab muss sein, ob er Deutschland voranbringt.“
Wie aber umgehen mit der SPD? Der Landesverband der Kanzlerin, die CDU Mecklenburg-Vorpommern, plädiert für die ZuckerbrotMethode: Er hat die Schwesterpartei CSU jetzt aufgefordert, die Verhandlungen nicht durch unnötige Angriffe auf die SPD zu belasten: „Es verbieten sich alle Kampfansagen, was die SPD zu tun hat.“
Ob die Verhandlungen noch in dieser Woche beginnen, ist unklar. Die SPD, die in einer Forsa-Umfrage nach dem Parteitag auf nur noch 17 Prozent gefallen ist, will nach den Worten ihres Vorsitzenden Martin Schulz zunächst intern beraten, „auf welcher Grundlage und mit welcher personellen Zusammensetzung“sie in die Gespräche geht. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier geht das offenbar etwas zu langsam. Die Entscheidung über eine Regierungsbildung liege zwar bei den Parteien, sagt er. „Ganz unabhängig davon spüren wir alle, dass die Menschen in Deutschland erwarten, dass jetzt mehr als vier Monate nach der Bundestagswahl wieder eine Regierung zustande kommt.“
Um das Befristen von Arbeitsverträgen geht es im Kommentar. Einen Überblick über die Knackpunkte der Verhandlungen und eine Analyse von Alexander Dobrindts Strategie finden Sie in der Politik.