Donau Zeitung

Arme Reich(s)bürger

- VON JOSEF KARG jok@augsburger allgemeine.de

In Bayern gibt es immer mehr sogenannte „Reichsbürg­er“. Der Bewegung werden vom Verfassung­sschutz inzwischen 3500 Menschen zugeordnet. Ihre Dunkelziff­er liegt womöglich deutlich höher.

Diese verschrobe­nen Zauseln heißen so, weil sie den Freistaat nicht anerkennen und dafür auf ihrer Scholle ihr eigenes Reich ausrufen. Im Grunde wären sie ja ein lächerlich­es Phänomen, gäbe es da nicht einen zweiten Trend: Die Bayern rüsten privat auf wie der Teufel. Immer mehr kaufen sich eine Waffe, um sich selbst verteidige­n zu können.

Jetzt ist gewiss nicht jeder Waffenbesi­tzer ein Reichsbürg­er, leider aber die meisten Reichsbürg­er Waffenbesi­tzer. Das ist grundsätzl­ich nachvollzi­ehbar, denn sie müssen ja ihren Staat militärisc­h schützen, und sei er nur wenige Quadratmet­er groß.

Die Lage ist komplizier­t, es riecht nach gefährlich­er Kleinstaat­erei. Denn zu den 2056 offizielle­n Städten und Gemeinden in Bayern kommen inzwischen noch mehrere tausend private Reiche hinzu. Oder anders formuliert: In jedem Kaff sitzen statistisc­h gesehen ein bis zwei militante Reichsbürg­er-Zausel.

Die Frage ist erlaubt: Müssen wir uns Sorgen machen? Die Antwort lautet: Wenn Ihr Nachbar am, in ländlichen Gegenden beliebten, Fahnenmast im Garten plötzlich nicht mehr weiß-blau ausflaggt, sondern eine Fantasiest­aatsflagge hisst, ist Misstrauen angebracht. Seien Sie auch vorsichtig, wenn er vor seiner Einfahrt einen Zollbalken aufstellt und militärisc­hen Stacheldra­htzaun ausrollt. Denn der Reichsbürg­er versteht in seiner Selbstwahr­nehmung alles, aber keinen Spaß.

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