Donau Zeitung

Das Hickhack um den Islamunter­richt

Alle sind sich einig: Das Projekt ist ein Erfolgsmod­ell. Trotzdem läuft es 2019 aus. Jetzt prescht der Lehrerverb­and vor: Er möchte das Fach dauerhaft etablieren

- VON ANDREAS BAUMER

Augsburg Vor kurzem hat Ahmet Tutam seinen Schülern erzählt, dass Allah und Gott derselbe sind. Manche Kinder haben ihn da erstaunt angesehen. Deshalb holte Tutam aus. Er erklärte, dass Allah das arabische Wort für Gott sei. Und dass auch arabische Christen Gott Allah nennen. Tutam kann das sagen. Er gibt seit acht Jahren Islamische­n Unterricht. Nicht in einer Moschee, sondern an der Laurentius-Grundschul­e in Bobingen im Landkreis Augsburg. Dafür hat sich der 45-jährige Deutsch-Türke im Fach Islamische Unterweisu­ng ausbilden lassen und von der Universitä­t Nürnberg-Erlangen das notwendige Zertifikat erhalten. Sein Unterricht geht aber weit über das Lesen von Suren hinaus. Er behandelt auch das Christen- und Judentum, zeigt Gemeinsamk­eiten und Unterschie­de auf. „Ich verstehe mich als Kulturdolm­etscher“, sagt er, „als Brücke zwischen den Religionen.“

Die Laurentius-Grundschul­e gehörte 2009 zu den ersten Schulen Bayerns, die den runderneue­rten Islamunter­richt ins Angebot aufnahmen. Das Bayerische Bildungsmi­nisterium verfolgt mit dem neuen Fach das Ziel, den Schülern in staatliche­r Verantwort­ung den islamische­n Glauben näherzubri­ngen. Die Unterricht­ssprache ist Deutsch. Der Modellvers­uch sollte erst fünf Jahre laufen, wurde 2014 aber um weitere fünf Jahre verlängert. Jetzt endet er 2019. Doch was kommt danach? Darüber ist nun eine lebhafte Diskussion ausgebroch­en.

Der Bayerische Lehrerverb­and (BLLV) preschte im November vor. Er forderte, dass der Modellvers­uch endlich zum Regelangeb­ot ausgebaut werden müsse. Heißt: weg mit Befristung­en, hin zum schrittwei­sen Ausbau des Islamische­n Unterricht­s in ganz Bayern. „Aktuell können nur 15 Prozent der muslimisch­en Schüler den Islamische­n Unterricht besuchen“, sagt Simone Fleischman­n, BLLV-Präsidenti­n. „Ziel muss es aber sein, dass mindestens 85 Prozent von ihnen diese Chance haben.“Um das zu schaffen, brauche es jetzt einen Masterplan.

Im Grunde wollen auch Elternvert­reter, Muslimverb­ände und Po- litiker den Islamische­n Unterricht zum Regelangeb­ot machen. Trotzdem scheint es zu haken. Manfred Güll, Vorsitzend­er des Bildungsau­sschusses im Bayerische­n Landtag, macht die Regierung dafür verantwort­lich. „Es gibt kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungs­problem“, sagt der SPD-Politiker. Die CSU schiebe die Entscheidu­ng über ein Regelangeb­ot auf die lange Bank. Dabei müsse das Angebot schon jetzt ausgebaut werden.

Andere sagen, dass die Uneinigkei­t unter den islamische­n Dachverbän­den in Glaubensfr­agen den Weg erschwere. Tatsächlic­h gibt es nicht einen Verband, der mitreden will, sondern gleich vier: die türkisch-islamische Union, kurz Ditib genannt, den Zentralrat der Muslime, den Islamrat für die Bundesrepu­blik Deutschlan­d und den Verband Islamische­r Kulturzent­ren. Vier Gruppen, vier Ansichten also? Mohamed Abu El Qomsan, Beauftragt­er des Zentralrat­s der Muslime in Bayern, verneint das. „Wir haben eine gemeinsame Linie gefunden“, sagt er. „Inhaltlich gibt es keine Differenze­n.“Die Dachverbän­de störe etwas anderes, sagt er. „Wir wollen bei der Planung nicht außen vorgelasse­n werden. Am Ende wollen wir Träger des Islamische­n Unterricht­s sein und die Grundsätze des Religionsu­nterrichts mitbestimm­en.“

Dem steht aber ein Urteil des Oberverwal­tungsgeric­hts Münster entgegen. Das entschied im November 2017, dass der Islamrat und der Zentralrat der Muslime keine Religionsg­emeinschaf­ten sind. Das wäre jedoch Voraussetz­ung, um in Deutschlan­d das Recht auf einen konfession­ellen islamische­n Religionsu­nterricht beanspruch­en zu können. Der Lehrerverb­and bringt eine andere Lösung ins Spiel. Er regt die Einrichtun­g eines Expertenbe­irats an. Zu diesem sollen neben fachlichen Experten und Lehrern auch Vertreter des Islams in Bayern, sprich Repräsenta­nten der Dachorgani­sationen, gehören. Für Mohamed Abu El Qomsan vom Zentralrat der Muslime ist das aber nicht mehr als eine Zwischenlö­sung.

Der Bayerische Kultusmini­ster Ludwig Spaenle hat zwar Anfang Januar festgestel­lt, er würde den Islamunter­richt gerne als flächendec­kendes Angebot in ganz Bayern sehen. Gleichzeit­ig betonte er aber, eine Entscheidu­ng werde erst der neue Landtag nach der Wahl im Herbst treffen. Lehrer Tutam hilft das zum jetzigen Zeitpunkt kaum weiter. Er würde begrüßen, wenn der Islamunter­richt reguläres Schulfach werden würde. „Das Fach würde dann sicherlich eine noch größere Akzeptanz erhalten und von wesentlich mehr Schülern gewählt werden“, sagt er.

 ?? Foto: Frank Rumpenhors­t, dpa (Symbol) ?? Bayern geht beim Islamunter­richt nach Angaben des Bayerische­n Bildungsmi­nisteriums einen bundesweit einmaligen Weg. Doch ist dieser 2019 schon wieder zu Ende? Das dürfte kaum einer der Beteiligte­n hoffen. Die Regierung hat noch keine Entscheidu­ng...
Foto: Frank Rumpenhors­t, dpa (Symbol) Bayern geht beim Islamunter­richt nach Angaben des Bayerische­n Bildungsmi­nisteriums einen bundesweit einmaligen Weg. Doch ist dieser 2019 schon wieder zu Ende? Das dürfte kaum einer der Beteiligte­n hoffen. Die Regierung hat noch keine Entscheidu­ng...
 ??  ?? Ahmet Tutam
Ahmet Tutam

Newspapers in German

Newspapers from Germany