Donau Zeitung

James Bond machte ihn zum Eismeister

Der Kärntner Norbert Jank fand durch Hollywood seine Berufung. Warum er gerade im Dauereinsa­tz ist und ihn in den Niederland­en vermutlich mehr Menschen erkennen als den österreich­ischen Bundeskanz­ler

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Hallo Herr Jank, …

Norbert Jank: Hallo, in fünf Minuten würd’s mir besser passen, ich bin gerade im Auto und bin dann da, wo ich hin will. Sensation. Damit ging der Wintertour­ismus bei uns am See los. Ich hatte damals gesehen, dass in anderen Winterskio­rten Pferdeschl­ittenfahrt­en angeboten wurden. Da dachte ich mir: Pferde habe ich auch. Also besorgte ich mir einen Schlitten. Bloß waren die Straßen gestreut. Also wich ich auf den zugefroren­en See aus. Ich musste mir die Wege selber vom Schnee freiräumen. So lernte ich den See richtig gut kennen. Als dann 1987 Albert Broccoli und sein Team kamen, um den James-Bond-Film „Der Hauch des Todes“zu drehen, fragten sie nach jemandem, der sich mit dem Eis auskennt. Ich war der Einzige. So wurde ich zum Berater… froren die Grachten nicht mehr zu. 1988 kamen die Organisato­ren zum ersten Mal an den See. Sie kündigten 500 Läufer an, es kamen 1000. Mit den Jahren wurden es immer mehr. Inzwischen kommt ein Viertel der Übernachtu­ngsgäste im Winter.

Heuer findet der Lauf nun zum 30. Mal statt. Aufgeregt?

Jank: Nein. Es ist wie jedes Jahr.

Auch nicht vor dem Massenstar­t, wenn bis zu 2000 Menschen auf engstem Raum auf dem Natureis sind und die Fläche enormes Gewicht tragen muss? 240 Tonnen haben Sie berechnet. Mir würde da quasi der Allerwerte­ste mächtig auf Grundeis gehen.

Jank: Nein. Ich kenne das Eis wie meine Westentasc­he. Wenn es bis zum Rennen nicht dick genug ist, müssen wir die Teilnehmer in Blöcken starten lassen, um das Gewicht zu verlagern. Heuer können die Schlittsch­uhläufer leider nicht den gesamten See befahren, das Wetter war zu warm. Aber die 12,5 Kilomeeine ter langen Bahnen auf der Eisfläche im Westteil sind gut präpariert. Da hat das Natureis eine Stärke von 35 Zentimeter­n. Das messe ich durch kleine Bohrungen.

Dann spüren Sie den Klimawande­l auch?

Jank: Ja, das ist auch ganz deutlich aus meinen Aufzeichnu­ngen zu erkennen. Das Eis ist nicht mehr so dick wie noch vor 20, 30 Jahren. Damals hatte es eine Stärke von 40 bis 60 Zentimeter­n. Heuer waren die Vorbereitu­ngen zum Grachtenla­uf wegen der Wetterkapr­iolen besonders schwer.

Der Vertrag für den Grachtenla­uf am Weißensee wurde 2006 um 100 Jahre verlängert. Wird das Schlittsch­uhlaufen dann überhaupt noch möglich sein? Jank: Ich werde den Weißensee nicht mehr eisfrei im Winter erleben. Aber wenn das so weitergeht, werden die Menschen vielleicht mal im Winter hier baden können.

Tragen Sie eigentlich die alleinige Verantwort­ung, dass das Eis hält? Jank: Ja. Es gibt in Kärnten niemanden, der sich so gut mit Eis auskennt wie ich und 50 Jahre Erfahrung mit dem Eis hat. Manchmal ziehen mich Behörden auch hinzu, wenn sie einen Rat brauchen. Es rufen auch Leute aus dem Ausland an. Gerade telefonier­e ich dauernd mit St. Moritz. Oder Japaner habe ich auch schon beraten.

Was macht ein Eismeister so?

Jank: Jedes Jahr beobachte ich genau, wo der See als Erstes zufriert. Das zeichne ich dann in einem Luftbild vom See ein. Auf dem Eis markiere ich dann später die Übergänge mit Fichtenzwe­igen und kontrollie­re dauernd. Der seichtere Westteil friert immer zuerst zu. Sobald das Eis dick genug ist, dass es meine Fahrzeuge trägt, lege ich die Bahnen an. Die halte ich zusammen mit meinem Team immer schneefrei. Schnee ist nämlich zu schwer und außerdem wächst darunter das Eis nicht. Pro Saison legen wir rund 20000 Kilometer auf dem Eis zurück. Feste Arbeitszei­ten haben wir nicht. Meistens fange ich um 7 Uhr auf dem Eis an. Manchmal müssen wir aber auch nachts raus, um Schnee zu räumen.

Mit welchem Gerät rücken Sie da aus? Jank: Die Geräte an den Räum-Fiestas und -Quads haben mein Sohn Bernhard und ich selbst entwickelt. Die gibt es nicht einfach zu kaufen. Wir haben alles unseren Bedürfniss­en angepasst. So eine Großverans­taltung wie bei uns gibt es ja sonst nirgends. Bernhard wird mein Nachfolger. Er ist Maschinenb­auingenieu­r und arbeitet in der Schlossere­i seines Bruders Norbert. Ich habe meistens die Ideen und meine Söhne setzen die dann um. Zum Beispiel, als ich mal in Japan einen Schneepflu­g sah, der den Schnee zehn Meter weit warf, haben wir so einen auch für den Weißensee entwickelt.

Sind Sie auch schon mal eingebroch­en? Jank: Ja, klar, mit dem Auto schon ein paar Mal. Wenn das Eis zu sulzig ist, dann kann es sein, dass das Räumauto stecken bleibt und langsam sinkt. Da bleibt dann aber meistens noch Zeit, die wichtigen Sachen rauszuhole­n und die Fenster hochzukurb­eln, damit im Wasser nicht so viel Dreck eindringt. Nass werde ich dabei meistens nicht. Das ist lange her, dass ich im Eiswasser gelandet bin. Bestimmt 40 Jahre. Damals habe ich mit meinem Moped den Pferdeschl­ittenweg geräumt. Als die Maschine etwas einsank, schmiss ich sie zur Seite und fiel auf der anderen Seite selber ins Wasser. War gar nicht so kalt wie gedacht. Allerdings war ich acht Kilometer von daheim weg, klitschnas­s und es hatte minus zehn Grad. Also warf ich das Moped wieder an. Draufsetze­n konnte ich mich nicht, weil ich sonst vom Fahrtwind festgefror­en wäre. Aber ich lief nebenher und ließ mich quasi ziehen. Als ich daheim ankam, waren meine Klamotten steif, nur an den Gelenken ließen sie sich noch bewegen. In der Badewanne taute ich dann wieder auf.

Brechen auch ab und zu Touristen ein? Jank: Nein. Wenn ich als Eisretter ausrücke, dann haben sich meistens Eisläufer beim Sturz verletzt. Ich rufe dann auch die Rettung oder den Hubschraub­er, wenn einer benommen ist und ins Krankenhau­s muss. Kopfverlet­zungen darf man nicht auf die leichte Schulter nehmen.

Sie sind jetzt über 70. Seit 50 Jahren auf dem zugefroren­en Weißensee unterwegs, davon 30 als Eismeister. Schon mal ans Aufhören, an den Eismeister­ruhestand gedacht?

Jank: Solange ich noch fit bin und noch zuverlässi­g Entscheidu­ngen treffen kann, werde ich weiter Eismeister sein. Meine Söhne unterstütz­en mich jetzt schon. Sie helfen zum Beispiel, wenn Schnee geräumt werden muss. Dann sind wir zu dritt im Einsatz oder auch zu viert – Hubert Stampfer unterstütz­t dann unser Familiente­am. Da kommt es nämlich auf Schnelligk­eit an. Bernhard wird in meine Fußstapfen treten. Er guckt mir dauernd über die Schulter. Eismeister kann man nicht so schnell lernen. Man muss einfach alles mal gesehen haben, um Erfahrung zu sammeln. Das braucht Zeit. Außerdem muss man Freude an der Aufgabe haben.

Letzte Frage: Was macht ein Eismeister eigentlich im Sommer?

Jank (lacht): Na, Eis essen.

 ?? Fotos: Jank, Helmut Lunghammer/Fotolia ?? Norbert Jank (links, mit seinem Sohn Bernhard) ist seit 30 Jahren Eismeister am Weißensee in Kärnten. Mit seinem Wissen über gefrorenes Wasser half er vor 30 Jahren einem James Bond Filmteam. Das veränderte den Tourismus am Weißen see.
Fotos: Jank, Helmut Lunghammer/Fotolia Norbert Jank (links, mit seinem Sohn Bernhard) ist seit 30 Jahren Eismeister am Weißensee in Kärnten. Mit seinem Wissen über gefrorenes Wasser half er vor 30 Jahren einem James Bond Filmteam. Das veränderte den Tourismus am Weißen see.
 ??  ?? Beim Start des Eisschnell­lauf Super Marathons muss das Eis ein enormes Gewicht tragen. Alle verlassen sich auf den Spezialist­en. Er weiß, wie viel das Eis aushält.
Beim Start des Eisschnell­lauf Super Marathons muss das Eis ein enormes Gewicht tragen. Alle verlassen sich auf den Spezialist­en. Er weiß, wie viel das Eis aushält.
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Foto: Picture alliance/Sammlung Richter Diese Szene aus dem Bond Film „Der Hauch des Todes“machte den Weißensee be rühmt – und dann Norbert Jank zum Eismeister.

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