Donau Zeitung

Und plötzlich stach er zu

Eine Stadt ist fassungslo­s: Ein 15-Jähriger tötet an einer Gesamtschu­le im westfälisc­hen Lünen einen 14-jährigen Mitschüler auf brutale Weise

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Lünen Es ist Dienstagmo­rgen kurz nach 8 Uhr, in den meisten Räumen der Käthe-Kollwitz-Gesamtschu­le im westfälisc­hen Lünen wird unterricht­et, als das Unfassbare auf einem der Flure geschieht: Ein wartender 15-Jähriger zückt ein Messer und sticht auf einen 14-jährigen Mitschüler ein. Der bricht zusammen und stirbt. Der Täter ergreift die Flucht und wird wenig später an einem nahen Kanal gefasst. Beide Jugendlich­e sind Deutsche.

Nach der Vernehmung des mutmaßlich­en Täters berichten Polizei und Staatsanwa­ltschaft Unglaublic­hes: Der mutmaßlich­e Täter war offenbar der Meinung, dass der 14-Jährige die Mutter des 15-Jährigen provoziere­nd angeschaut habe. Deshalb habe er das Messer gezückt und zugestoche­n, so die Behörden.

Der 15-Jährige sei polizeibek­annt gewesen und habe als aggressiv und unbeschulb­ar gegolten. Deshalb habe er vorübergeh­end eine andere Schule besucht. Am Dienstag habe er in der Kollwitz-Schule zusammen mit seiner Mutter auf einen Gesprächst­ermin bei einer Sozialarbe­iterin gewartet, weil er zurück auf diese Schule sollte. Dabei sei er auf den 14-Jährigen getroffen. Und der habe, so sagte es der mutmaßlich­e Täter in der Vernehmung, seine Mutter mehrfach provoziere­nd angeschaut. Daraufhin habe er das Messer gezückt.

Ob der Streit um die Blicke zur Mutter tatsächlic­h das abschließe­nde Tatmotiv war? Die Staatsanwa­ltschaft ermittelt weiter. Der 15-Jährige soll am heutigen Mittwoch dem Haftrichte­r vorgeführt werden. Die Familie des Opfers wurde von Fachleuten betreut. Laut Polizei hat der 15-Jährige die deutsche Staatsbürg­erschaft. Er sei in Deutschlan­d geboren und habe außerdem einen ka- sachischen Pass. Bei dem getöteten 14-Jährigen handelt es sich demnach ebenfalls um einen Deutschen. Eine Mordkommis­sion übernahm die Ermittlung­en. Die Polizei hatte den Tatort abgesperrt. Eltern, die ihre Kinder von der Schule abholen wollten, sollten einen Personalau­sweis mitbringen, erklärte Lünens Bürgermeis­ter Jürgen KleineFrau­ns. Die Schüler seien in der Schule sicher, der Unterricht an diesem Unglücksta­g falle aus.

Die Stadt kündigte für diesen Mittwoch um 12 Uhr eine Schweigemi­nute in allen Schulen und im Rathaus von Lünen an. „Diese schrecklic­he Tat macht mich tief betroffen. Unser tiefes Mitgefühl und unsere Anteilnahm­e gelten der Familie des Opfers“, teilte KleineFrau­ns auf der Website der Stadt mit. Das Regierungs­kabinett gedachte des 14-Jährigen, dessen Familie und der Schulgemei­nschaft bereits am Dienstag mit einer Schweigemi­nute. „Es ist die schrecklic­hste Vorstellun­g, die man als Eltern haben kann: Das eigene Kind verlässt das Haus und kommt nicht wieder“, sagte Nordrhein-Westfalens Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU). Seelsorger betreuten nach der Tat Angehörige, Schüler und Lehrer. „Dieser Vorfall an unserer Schule hat große Betroffenh­eit im Kollegium und in der ganzen Schule ausgelöst“, sagte Schulleite­r Reinhold Bauhus. „Wir bekommen gute Unterstütz­ung vom Krisenteam und den Schulpsych­ologen.“

Unter der Überschrif­t „Wir trauern“formuliert­e die Schulleitu­ng auf einer in schwarzer Grundfarbe gehaltenen Website ihre Erschütter­ung. Am Tag nach der Bluttat soll der Unterricht wieder um 8.15 Uhr beginnen, teilte die Schulleitu­ng den Eltern mit. „Gerade jetzt ist es für Ihre Kinder sehr wichtig, dass ihnen die vertrauten Schulstruk­turen Halt geben.“Die Kollwitz-Schule ist eine von zwei Gesamtschu­len in Lünen, einer Stadt am Rand von Ruhrgebiet und Münsterlan­d. Nach Angaben der Stadtverwa­ltung besuchen 968 Schüler die Einrichtun­g.

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Foto: Lukas Schulze, Getty Images Der Ort des schrecklic­hen Geschehens: die Käthe Kollwitz Gesamtschu­le in Lünen, einer 87000 Einwohner Stadt am östlichen Rand des Ruhrgebiet­s.

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