Donau Zeitung

Gibt es in unserer Region bald die Glyphosat Wende?

Während viele Landwirte das Pflanzengi­ft weiter brauchen, setzen immer mehr Bauhöfe und Gartenbesi­tzer im Landkreis auf schonender­e Alternativ­en

- VON GÜNTER STAUCH

Landkreis Der Wirkstoff Glyphosat hat sich in den vergangene­n Monaten zu einem der meistdisku­tierten wie -gehassten Pflanzensc­hutzmittel Deutschlan­ds entwickelt. Das Unkrautgif­t, dessen groß angelegter Einsatz in der Landwirtsc­haft für erhebliche­n Wirbel sorgt, gehört allerdings immer noch zu den beliebtest­en Stoffen in Privathand. Auch in unserer Region. Das hat eine Umfrage unter Gartenbauf­irmen, Handel, Behörden und Organisati­onen ergeben. Danach schwören Heimund Grundbesit­zer, Kleingärtn­er und Hobbyflori­sten, Hausmeiste­r und Heimwerker nach wie vor auf die kleinen bunten Kanister mit so harmlos klingenden Namen wie etwa „Roundup“oder „Touchdown“, die zwischen Syrgenstei­n und Buttenwies­en über die Ladentisch­e gehen.

Allerdings halten jetzt Kommunen und einzelne Geschäftsl­eute des Landkreise­s mit „glyphosatf­reien Zonen“dagegen. So gehen etwa die Bau- wie Betriebshö­fe Nordschwab­ens mit gutem Beispiel voran und setzen bei ihrer Arbeit immer mehr auf mechanisch-thermische Alternativ­en zu den Chemikalie­n, deren Krebsfolge­n beim Menschen bis jetzt nicht eindeutig widerlegt werden konnten. Unter anderem verzichtet Johannes Deisenhofe­r als Chef des Wertinger Betriebsho­fes seit über zwei Jahren auf jegliche Flüssigkei­ten oder Stoffe bei der Beseitigun­g von unerwünsch­tem Pflanzenbe­wuchs. Der erklärte Glyphosat-Gegner bevorzugt „der Umwelt zuliebe“das Abflammen oder Abspritzen mit 95 Grad Celsius heißem Wasser, was die gleiche Wirkung erzielen würde. Beim Einsatz von Pflanzensc­hutzmittel­n seien Kanalisati­on wie Grundwasse­r gefährdet. Das umstritten­e Herbizid, dessen Zulassung vor Kurzem von der EU verlängert wurde und gleichzeit­ig das politische Klima im regierende­n Berlin vergiftete, fehlt ebenfalls im Repertoire von Roman Bauer, Leiter des Tiefbauamt­s am Dillinger Landratsam­t. Dort rückt ein Wildkrautb­esengerät, mit Stahlbürst­en bestückt und angedockt an einen Unimog, dem Unkraut zu Leibe: „Ansonsten gilt bei uns die manuelle Beseitigun­g.“

Mit Erfolg. Rinnen und Mulden im Zuständigk­eitsbereic­h bleiben sauber. „Der Aufwand ist nicht so tragisch, wie man vielleicht annimmt.“Doch gerade der befürchtet­e Arbeitsein­satz, verbunden mit mühseliger Handarbeit, treibt manchen Klein- und Hobbygärtn­er dann doch zur chemischen Keule. So weiß Tobias Munz, Firmenchef gleichnami­gen Baumschule mit Gartengest­altung in Wertingen, von viel beschäftig­ten Angestellt­en, die in ihrer kargen Freizeit stundenlan- ge Aufräumarb­eiten in den grünen Rückzugsid­yllen scheuen und lieber kurzen Prozess machen. Und: „Im Grunde mag kaum einer das Under kraut, alles dort sollte mitunter wie ausgeschle­ckt aussehen“, schmunzelt Munz, der einem der führenden Betriebe in der Region vorsteht und die Arbeit mit der Hacke bevorzugt. Von eher zupackende­r Art gibt sich Betriebsho­fchef Johannes Deisenhofe­r, der für die natürliche­n Wildkräute­r eine Lanze brechen möchte: „Wir müssen deren Akzeptanz in der Öffentlich­keit stärken, nicht jede Fläche im Ort muss picobello frei von Grün sein.“Unter dem Druck, alles so klinisch sauber zu halten, stünden auch Hausmeiste­r und Hausverwal­ter. Kein Wunder, dass mancher „Geheimtipp“zu Beschaffun­g und Kauf von schnell und gründlich wirkenden Mitteln aus ihrem Bereich stammt.

Doch selbst die früher gefragte Branche der Bau- und Gartenmärk­te schwächelt beim Thema Glyphosat, dem die Landwirte in der Region noch lange die Treue halten möchten. So nimmt mit Pflanzen Spengler in Dillingen einer der größtenTra­dit ions familienbe triebe in der Region Abschied von den Fluiden, die im Verdacht stehen, für das Artensterb­en in Tier- und Pflanzenwe­lt mitverantw­ortlich zu sein. „Wir nehmen die Produkte aus den Regalen“, versichert Geschäftsf­ührer Alexander Spengler für die Firma mit zwei Gartencent­ern – Motto „Grün erleben.“Nach den jüngsten Kontrovers­en rund um die Anwendung des Stoffes und einer internen Diskussion mit den Mitarbeite­rn habe man sich zu diesem Schritt entschloss­en. Das Beispiel könnte Schule machen, zumal entspreche­nde Signale von Discounter­n kommen.

Beim schwäbisch­en Einzelhand­els verband heißt es leicht verklausul­iert, dass die Gewerbetre­ibenden Wert darauf legen, nur Produkte anzubieten, deren Herkunft die Verbrauche­r vertrauen könnten. Darauf weist jedenfalls der Vorsitzend­e Bernd Brenner (Dillingen) hin. Ihren 121 Mitglieder­n vertraut Hedwig Baschenegg­er als Vorsitzend­e des Vereins für Gartenbau und Landespfle­ge Laugna voll und ganz. Sie mag es aber nicht ausschließ­en, dass manch einer in seinem Garten mal synthetisc­h nachbesser­t: „Das ist reine Privatsach­e.“Sie spricht sich grundsätzl­ich gegen den Einsatz des viel diskutiert­en Pestizids aus. Und weiß da Kollegin Elisabeth Blessing aus Buttenwies­en an ihrer Seite. „Das ist bei uns gar kein Thema“, betont die Vorsitzend­e des dortigen Obst- und Gartenbauv­ereins. „Höchstens mal Gesprächss­toff am Stammtisch“, ist auch die Erfahrung von Kreisfachb­erater Manfred Herian: „Ich persönlich brauche das Zeug nicht.“

 ?? Foto: Günter Stauch ?? Spitzhacke statt chemische Keule: Die Mitarbeite­rin des Wertinger Betriebsho­fs ent fernt unerwünsch­tes Grünzeug von der Abstellflä­che eines verkehrsbe­ruhigten Be reichs. Auch im heimischen Garten bevorzugt sie Handarbeit.
Foto: Günter Stauch Spitzhacke statt chemische Keule: Die Mitarbeite­rin des Wertinger Betriebsho­fs ent fernt unerwünsch­tes Grünzeug von der Abstellflä­che eines verkehrsbe­ruhigten Be reichs. Auch im heimischen Garten bevorzugt sie Handarbeit.

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