Noch viel Arbeit bis zur GroKo
Union und SPD haben sich auf große Bildungs-Offensive geeinigt. Doch in der Gesundheits- und Arbeitsmarktpolitik wird heftig gestritten. Einigung bis Sonntag ist ungewiss
Berlin Nehmen Union und SPD am Wochenende die nächste, vielleicht entscheidende Hürde auf dem Weg zu einer gemeinsamen Regierung? Angela Merkel klingt skeptischer als zuletzt. „Es liegt noch ein Riesenstück Arbeit vor uns, ich hoffe, dass es gelingen kann“, sagt sie vor Beginn der heißen Phase der Gespräche über eine Fortsetzung der Großen Koalition.
Die Kanzlerin weiß, dass die SPD der Union noch große Zugeständnisse abverlangen wird, bevor sie in einen Koalitionsvertrag einwilligt. Und ihr ist ebenfalls bewusst: Bleiben CDU und CSU zu hart, wächst die Gefahr, dass das geplante Bündnis beim SPD-Mitgliederentscheid doch noch kippt. Vom Parteitag vor zwei Wochen hatte die SPD-Spitze den Auftrag bekommen, in drei Punkten kräftig nachzuverhandeln. Im ersten, der Frage des Familiennachzugs für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus, hat es bereits einen Kompromiss gegeben, mit dem viele in der SPD nicht zufrieden sind. Deshalb ist der Druck größer, in den beiden verbleibenden Hauptstreitfragen Ergebnisse zu finden, die die SPD-Basis überzeugen. So fordern die Genossen die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverträgen. Kompromisssignale gibt es zwar, so kündigte CSU-Chef Horst Seehofer Entgegenkommen bei den sogenannten Kettenverträgen an. Doch ein komplettes Verbot der Befristungen lehnt er ab. Trotzdem gibt sich Seehofer zuversichtlicher als die Kanzlerin: „Ich bin über- zeugt, dass wir das schaffen die nächsten Tage.“Nicht nur im Arbeitsrecht sieht SPD-Chef Schulz „noch eine Menge Verhandlungsbedarf“. Die SPD fordert auch ein „Ende der Zweiklassenmedizin“. Ihre Maximalforderung, private und gesetzliche Krankenversicherung durch eine einheitliche Bürgerversicherung abzulösen, wird die SPD kaum durchsetzen können.
Bereits in der Nacht zuvor hatten sich Union und SPD darauf geeinigt, rund zehn Milliarden Euro zusätzumso lich in die Bildung zu stecken. Das Gesetz, das dem Bund die Finanzierung von Schulen in den Ländern nur in Ausnahmefällen erlaubt, soll geändert werden. Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) war bei den Verhandlungen dabei und ist zufrieden mit dem Ergebnis. „Künftig geht man bei der Verteilung der Bundesmittel nicht mehr rein nach finanziellen Gesichtspunkten, sondern inhaltlich vor“, sagte er gegenüber unserer Zeitung. Union und SPD haben also durchaus Einigungsbereitschaft bewiesen. Doch ob sich die Gespräche wie zunächst geplant bis zum Sonntag abschließen lassen, ist unklar. Den Teilnehmern wurde bereits mitgeteilt, dass sie sich Montag und Dienstag freihalten sollten.
Im Kommentar lesen Sie, warum auch die SPD-Anhänger mit der Bildungs-Offensive zufrieden sein können. Walter Roller schreibt im Leitartikel, dass die SPD-Basis bei der GroKo mitziehen wird. Auf der Politik finden Sie, wo sich die Parteien bereits einig sind, und auf Bayern erklärt Bildungsminister Spaenle, wie Schulen im Freistaat profitieren.