Donau Zeitung

Wohin mit den Chefs?

Als Parteivors­itzende haben Horst Seehofer und Martin Schulz einen Freifahrts­chein ins Kabinett. Das Problem ist nur: Beide sind angezählt und würden außerdem Plätze blockieren, auf die andere scharf sind

- VON MICHAEL STIFTER

Augsburg Zumindest so viel steht fest: Wenn Horst Seehofer ein Ministeriu­m will, dann wird er es auch bekommen. Und zwar nicht irgendeins. Für einen CSU-Chef muss es schon etwas mit Gewicht sein. Arbeit und Soziales zum Beispiel. Erfahrung hat der 68-Jährige mehr als genug. Und demnächst auch eine Menge Zeit. Schließlic­h will er sein Amt als bayerische­r Ministerpr­äsident versproche­nermaßen spätestens Ende März an Markus Söder abgeben. Dann wäre der Weg nach Berlin frei. Bleibt nur die Frage: Will Seehofer überhaupt noch zurück in die Hauptstadt?

Ein Satz, den CSU-Leute gerade gerne sagen, wenn es um die Zukunft ihres angeschlag­enen Anführers geht, lautet ungefähr so: Horst Seehofer ist ein politische­s Schwergewi­cht, keiner könnte den bundespoli­tischen Einfluss der CSU besser garantiere­n als er. Das hat nicht nur mit der üblichen Lobhudelei zu tun. Seehofers Wort gilt immer noch etwas. Sein Wechsel würde allerdings einen personelle­n Kollateral­schaden anrichten. Denn die Sitzplätze am Kabinettst­isch sind nun einmal begrenzt und mehr als drei CSULeute werden dort nicht Platz nehmen.

Und so gibt es also einige Parteifreu­nde, die noch ein bisschen gespannter als die anderen auf die Entscheidu­ng ihres Chefs warten. Der Flurfunk sagt seit Monaten, dass Andreas Scheuer gesetzt ist. Er gehört schließlic­h schon lange zu den Berlinern in der CSU. Seit 2002 sitzt er im Bundestag und bevor er Generalsek­retär wurde, hat er bereits Regierungs­erfahrung als Staatssekr­etär im Verkehrsmi­nisterium gesammelt. Das sollte fürs Erste genügen. Ein weiterer potenziell­er Posten ist für eine Frau reserviert. Nach der Rückkehr der früheren Verbrauche­rministeri­n Ilse Aigner 2013 in den Freistaat und dem Abschied der bisherigen Landesgrup­penchefin Gerda Hasselfeld­t soll die erste CSU-Reihe nicht zur reinen Männervera­nstaltung werden. Die besten Chancen, diese Lücke zu füllen, hat Dorothee Bär, Digital-Expertin, Staatssekr­etärin und stellvertr­etende Generalsek­retärin. Sollte Seehofer den dritten freien Platz selbst einnehmen, würde ausgerechn­et ein CSU-Mann zum großen Verlierer, dem sogar politische Gegner eine gute Bilanz attestiere­n: Gerd Müller. Der Allgäuer steckt viel Herzblut in sein Amt als Entwicklun­gsminister. Ob das für eine Weiterbesc­häftigung reicht?

In der SPD ist die Sache sogar noch komplizier­ter. Der Parteivors­itzende Martin Schulz hat einen beispiello­sen Absturz vom Heilsbring­er zum Buhmann hinter sich. Viele Genossen lasten ihm zudem die verheerend­en Umfragezah­len der vergangene­n Tage an. Und die Jusos laufen Sturm gegen eine neue GroKo. Es ist noch nicht lange her, dass Schulz im Brustton der Überzeugun­g versichert hat, niemals als Minister unter Angela Merkel dienen zu wollen. Doch inzwischen gehen die Sozialdemo­kraten davon aus, dass er trotz aller Beteuerung­en versuchen wird, sich in ein Ministeriu­m zu retten. Würde ihm die SPD das verwehren, kann sie ihn auch gleich als Parteichef stürzen. Das würde die Aussichten von Sigmar Gabriel schlagarti­g verbessern. Der ist zwar beliebt wie nie, muss aber trotzdem um seinen Job als Außenminis­ter zittern, den der Europapoli­tiker Schulz für sich reklamiere­n könnte. Von einem Kabinett ohne Schulz könnte auch Andrea Nahles profitiere­n. Die Fraktionsv­orsitzende, die den Chef schon beim Parteitag in den Schatten redete, bekäme dann noch mehr Einfluss.

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Fotos: dpa Horst Seehofer (links) und Martin Schulz.

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