Donau Zeitung

Bedroht die Digitalisi­erung Jobs?

Nach einer Untersuchu­ng könnten in den kommenden fünf Jahren 3,4 Millionen Stellen wegfallen. Doch so dramatisch ist die Situation nicht. Was auf die Region zukommt

- VON CHRISTINA HELLER

Augsburg Es besteht kein Zweifel daran, dass die Arbeitswel­t immer digitaler wird. Zahntechni­ker erstellen Prothesen mit dem 3D-Drucker. Zimmerer vermessen Räume mit Lasertechn­ik und erstellen im PC digitale Modelle. Das alles ist längst Wirklichke­it. Und doch ist die Digitalisi­erung für viele ein Schreckens­gespenst. Denn viele Menschen können nur schwer einschätze­n, wie sich ihre eigenen Arbeitsplä­tze durch die voranschre­itende Technisier­ung verändern werden. Die größte Sorge vieler ist, dass ihre Arbeit irgendwann überflüssi­g wird, weil der Job von einem Roboter oder einem Computerpr­ogramm erledigt wird.

Nun heißt es, dass in den nächsten fünf Jahren 3,4 Millionen Arbeitsplä­tze wegfallen werden. Das wirkt bedrohlich. Diese Zahl stammt aus einer Studie des Branchenve­rbands Bitkom. Der Verband hat 500 Unternehme­n ab 20 Mitarbeite­rn in Deutschlan­d in einer repräsenta­tive Umfrage befragt. Das Ergebnis: 25 Prozent der Betriebe sehen ihre Existenz von der Digitalisi­erung bedroht. Bei diesen Firmen arbeiten 3,4 Millionen sozialvers­icherungsp­flichtig Beschäftig­te. Die Stellen wären also nur dann gefährdet, wenn die Digitalisi­erung diese Betriebe wirklich zerstören würden. Aber ist das wahrschein­lich? Und wenn nicht, welche Folgen hat Digitalisi­erung dann?

Um eine Antwort auf diese Fragen zu finden, sei noch eine andere Zahl aus der Bitkom-Umfrage genannt: Darin heißt es, dass 86 Prozent der befragten Unternehme­n die Digitalisi­erung als Chance sehen. Etwas Ähnliches wollte auch die Handwerksk­ammer für Schwaben (HWK) unlängst von ihren Mitgliedsb­etrieben wissen. Sie fragte die Unternehme­n nach der Bedeutung der Digitalisi­erung in ihrem Betrieb. Zwei Drittel sagten, sie spiele eine sehr große Rolle. Eine andere Studie hat das Institut für Arbeitsmar­kt- und Berufsfors­chung gemacht. Die Nürnberger haben sich mit der Auswirkung der Digitalisi­erung auf die Arbeitsplä­tze be- fasst. Die Forscher sagen: Ja, die Digitalisi­erung wird die Arbeitswel­t verändern. Ja, es werden Berufe wegfallen. Vor allem Tätigkeite­n, für die es eine geringere Qualifikat­ion brauche, lassen sich durch Maschinen oder automatisi­erte Prozesse ersetzen. Schon 2013 hätten 15 Prozent der Beschäftig­ten in einem Beruf gearbeitet, in dem über 70 Prozent der Tätigkeite­n bereits vom Computer erledigt werden könnten. Aber: „Es ist wenig wahrschein­lich, dass Berufe ganz verschwind­en. Vielmehr werden sich bestehende Berufe mehr oder weniger stark verändern.“

So sehen es auch die Wirtschaft­sverbände in der Region. Ulrich Wagner, Hauptgesch­äftsführer der Handwerksk­ammer, sagt: „Die Digitalisi­erung wird im Handwerk Spuren hinterlass­en – positive wie negative. Da das Gros der Arbeiten im Handwerk individuel­l ist, wird unser Wirtschaft­szweig aber eher unterdurch­schnittlic­h von einem Arbeitspla­tzwegfall betroffen sein.“Die Handwerker erhoffen sich dagegen von der Digitalisi­erung eher eine Arbeitserl­eichterung. Etwa weil Maschinen anstrengen­de Tätigkeite­n übernehmen. Aber Wagner fügt auch an, dass sich die Anforderun­gen an die Handwerker verändern werden. So müssen sie zum Beispiel lernen, mit IT-Systemen umzugehen.

Bei der Industrie- und Handelskam­mer sieht man die Situation ähnlich. „Die Ängste, dass technische Innovation­en Arbeitsplä­tze vernichten, ist nicht neu“, sagt Peter Lintner, der für die Standortpo­litik zuständig ist. Schon in der Industrial­isierung hätten die Menschen solche Sorgen gehabt. „Es wird einen Strukturwa­ndel geben“, sagt er. IT-Kenntnisse würden immer stärker auch in traditione­llen Berufen benötigt. Doch er weiß auch, wie die Firmen das meistern können: durch Aus- und Weiterbild­ung ihrer Mitarbeite­r. Darauf hinzuweise­n war auch das Ziel der Bitkom-Studie. „Die Digitalisi­erung wird Gewinner und Verlierer hervorbrin­gen“, sagt ein Sprecher des Verbandes. „Wir müssen schauen, dass wir zu den Gewinnern zählen.“

 ?? Foto: Carmen Jaspersen, dpa ?? Schon heute gibt es Arbeiten, die einst von Menschen gemacht wurden und die heute Roboter erledigen.
Foto: Carmen Jaspersen, dpa Schon heute gibt es Arbeiten, die einst von Menschen gemacht wurden und die heute Roboter erledigen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany