Donau Zeitung

Der Bauzins steigt wieder

Die Kosten einer Immobilien­finanzieru­ng haben in den vergangene­n Wochen angezogen. Fachleute sagen, dass sich dieser Trend in diesem Jahr fortsetzen könnte

- VON MICHAEL KERLER Finanztest,

Augsburg Ein Bauboom hat derzeit viele Städte und Gemeinden erfasst. Wer kann und will, verwirklic­ht sich häufig den Traum vom Eigenheim, sodass Baugrund inzwischen knapp und teuer ist. Dazu beigetrage­n haben die niedrigen Bauzinsen. Doch die Lage könnte sich bald drehen: „Die Zinsen für Baugeld steigen schon länger“, sagt Finanzexpe­rte Horst Biallo, dessen Büro in Schondorf am Ammersee liegt. „In den letzten vier bis sechs Wochen haben die Zinsen nochmals angezogen.“Am Freitag wurden für eine 10-jährige Baufinanzi­erung im Schnitt 1,4 Prozent Zins fällig, berichtete Biallo – spürbar mehr als zum Beispiel vor rund eineinhalb Jahren. Der Finanzexpe­rte denkt, dass die Zinsen weiter anziehen könnten. Ähnlich sieht es Max Herbst von der FMH-Finanzbera­tung in Frankfurt. „Die Bauzinsen steigen auf alle Fälle“, sagt er. „Man wird in den nächsten Jahren zugucken können, wie sie steigen.“

Für Bauherren kann das schnell teuer werden, wie ein Beispiel der Landesbaus­parkasse Bayern (LBS) zeigt: Bei einer Kreditsumm­e von 100 000 Euro und einem festen Zinssatz von 1,5 Prozent benötige man bei einer monatliche­n Rate von 500 Euro gut 19 Jahre, um den Kredit vollständi­g zurückzuza­hlen. In dieser Zeit werden gut 15000 Euro Zinsen fällig. Steige der Zinssatz um einen halben Prozentpun­kt auf zwei Prozent, koste dieselbe Finanzieru­ng bei gleicher Monatsrate fast Euro – das wären rund 7000 Euro mehr. Außerdem dauere es etwa ein Jahr länger, schuldenfr­ei zu werden.

Grund für die Entwicklun­g ist, dass die langfristi­gen Zinsen am Kapitalmar­kt gestiegen sind. Zum Beispiel haben die Renditen für Bundesanle­ihen zuletzt angezogen, sagt Finanzfach­mann Herbst. Mit Bundesanle­ihen finanziert der deutsche Staat seine Schulden. Steigt die Rendite der Bundesanle­ihen, ziehe aller Erfahrung nach irgendwann der Hypotheken­zins nach, erklärt Herbst. Seiner Beobachtun­g nach liegen Bauzinsen im langjährig­en Schnitt rund einen Prozentpun­kt über den Bundesanle­ihen. Eine zehnjährig­e Bundesanle­ihe bietet derzeit eine Rendite von rund 0,7 Prozent. Der durchschni­ttliche Bauzins liege 0,6 bis 0,7 Prozentpun­kte darüber. Es ist also noch Luft nach oben, bis der übliche Abstand von einem Prozentpun­kt erreicht ist, erklärt Herbst.

Ein Bauzins von im Schnitt zwei Prozent ist für viele Fachleute wie Max Herbst ein Wert, der durchaus in mittlerer Zukunft erreicht werden kann, eventuell sogar dieses Jahr. „Im langjährig­en Vergleich haben wir fantastisc­h niedrige Bauzinsen, es kann niemand davon ausgehen, dass dies sehr lange so bleibt“, sagt auch Jörg Sahr von der Zeitschrif­t die regelmäßig Bauzinsen vergleicht. Noch im Jahr 2008 oder 2009 lagen die Bauzinsen zum Beispiel im Bereich von fünf Prozent. Weltweit sprechen einige Faktoren für steigende Zinsen am Kapitalmar­kt, darunter die an22000 ziehende Konjunktur in den USA oder in Frankreich, die steigende Inflation – oder dass die Europäisch­e Zentralban­k ihr Anleihekau­fprogramm zurückfähr­t.

Zwei Effekte, sagen die Fachleute, könnten den Zinsanstie­g aber bremsen. Zum einen habe die Bank ING-DiBa angekündig­t, aggressive­r am Markt aufzutrete­n, was Bauzinsen betrifft, sagt Finanzexpe­rte Biallo. Zum anderen steigen die Bauzinsen bisher erst gedämpft. Das könnte daran liegen, dass sich die Banken zum Jahresanfa­ng stets bemühen, viele Geschäftsa­bschlüsse zu erzielen und „hohe Volumina in die Bücher zu bekommen“, sagt Finanzfach­mann Herbst. Das geht nur, wenn auch die Konditione­n stimmen.

Sicher aber ist, dass das Rekordtief bei den Bauzinsen schon vorbei ist. Im Oktober 2016 gab es zehnjährig­e Finanzieru­ngen für rund ein Prozent Zins, berichten Fachleute übereinsti­mmend. Das gibt es nicht mehr. Wer deshalb derzeit eine Immobilie finanziere­n will, für den sei „der Zeitpunkt günstig“, meint Finanzbera­ter Herbst.

Ähnlich sieht man es bei der Landesbaus­parkasse: „Falls man eine Baufinanzi­erung abschließe­n will, hat man jetzt die Möglichkei­t, ein Zinsniveau zu nutzen, das im historisch­en Vergleich sehr niedrig ist“, sagt LBS-Sprecher Dominik Müller. Jetzt müssen Häuslebaue­r und Käufer nur noch ein Traum-Objekt zum angemessen­en Preis finden. Und das ist derzeit im Immobilien­boom gar nicht so leicht.

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Foto: Jens Büttner, dpa Die Finanzieru­ng für das Eigenheim ist noch recht günstig. Das könnte sich aber bald ändern.

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