Der Bauzins steigt wieder
Die Kosten einer Immobilienfinanzierung haben in den vergangenen Wochen angezogen. Fachleute sagen, dass sich dieser Trend in diesem Jahr fortsetzen könnte
Augsburg Ein Bauboom hat derzeit viele Städte und Gemeinden erfasst. Wer kann und will, verwirklicht sich häufig den Traum vom Eigenheim, sodass Baugrund inzwischen knapp und teuer ist. Dazu beigetragen haben die niedrigen Bauzinsen. Doch die Lage könnte sich bald drehen: „Die Zinsen für Baugeld steigen schon länger“, sagt Finanzexperte Horst Biallo, dessen Büro in Schondorf am Ammersee liegt. „In den letzten vier bis sechs Wochen haben die Zinsen nochmals angezogen.“Am Freitag wurden für eine 10-jährige Baufinanzierung im Schnitt 1,4 Prozent Zins fällig, berichtete Biallo – spürbar mehr als zum Beispiel vor rund eineinhalb Jahren. Der Finanzexperte denkt, dass die Zinsen weiter anziehen könnten. Ähnlich sieht es Max Herbst von der FMH-Finanzberatung in Frankfurt. „Die Bauzinsen steigen auf alle Fälle“, sagt er. „Man wird in den nächsten Jahren zugucken können, wie sie steigen.“
Für Bauherren kann das schnell teuer werden, wie ein Beispiel der Landesbausparkasse Bayern (LBS) zeigt: Bei einer Kreditsumme von 100 000 Euro und einem festen Zinssatz von 1,5 Prozent benötige man bei einer monatlichen Rate von 500 Euro gut 19 Jahre, um den Kredit vollständig zurückzuzahlen. In dieser Zeit werden gut 15000 Euro Zinsen fällig. Steige der Zinssatz um einen halben Prozentpunkt auf zwei Prozent, koste dieselbe Finanzierung bei gleicher Monatsrate fast Euro – das wären rund 7000 Euro mehr. Außerdem dauere es etwa ein Jahr länger, schuldenfrei zu werden.
Grund für die Entwicklung ist, dass die langfristigen Zinsen am Kapitalmarkt gestiegen sind. Zum Beispiel haben die Renditen für Bundesanleihen zuletzt angezogen, sagt Finanzfachmann Herbst. Mit Bundesanleihen finanziert der deutsche Staat seine Schulden. Steigt die Rendite der Bundesanleihen, ziehe aller Erfahrung nach irgendwann der Hypothekenzins nach, erklärt Herbst. Seiner Beobachtung nach liegen Bauzinsen im langjährigen Schnitt rund einen Prozentpunkt über den Bundesanleihen. Eine zehnjährige Bundesanleihe bietet derzeit eine Rendite von rund 0,7 Prozent. Der durchschnittliche Bauzins liege 0,6 bis 0,7 Prozentpunkte darüber. Es ist also noch Luft nach oben, bis der übliche Abstand von einem Prozentpunkt erreicht ist, erklärt Herbst.
Ein Bauzins von im Schnitt zwei Prozent ist für viele Fachleute wie Max Herbst ein Wert, der durchaus in mittlerer Zukunft erreicht werden kann, eventuell sogar dieses Jahr. „Im langjährigen Vergleich haben wir fantastisch niedrige Bauzinsen, es kann niemand davon ausgehen, dass dies sehr lange so bleibt“, sagt auch Jörg Sahr von der Zeitschrift die regelmäßig Bauzinsen vergleicht. Noch im Jahr 2008 oder 2009 lagen die Bauzinsen zum Beispiel im Bereich von fünf Prozent. Weltweit sprechen einige Faktoren für steigende Zinsen am Kapitalmarkt, darunter die an22000 ziehende Konjunktur in den USA oder in Frankreich, die steigende Inflation – oder dass die Europäische Zentralbank ihr Anleihekaufprogramm zurückfährt.
Zwei Effekte, sagen die Fachleute, könnten den Zinsanstieg aber bremsen. Zum einen habe die Bank ING-DiBa angekündigt, aggressiver am Markt aufzutreten, was Bauzinsen betrifft, sagt Finanzexperte Biallo. Zum anderen steigen die Bauzinsen bisher erst gedämpft. Das könnte daran liegen, dass sich die Banken zum Jahresanfang stets bemühen, viele Geschäftsabschlüsse zu erzielen und „hohe Volumina in die Bücher zu bekommen“, sagt Finanzfachmann Herbst. Das geht nur, wenn auch die Konditionen stimmen.
Sicher aber ist, dass das Rekordtief bei den Bauzinsen schon vorbei ist. Im Oktober 2016 gab es zehnjährige Finanzierungen für rund ein Prozent Zins, berichten Fachleute übereinstimmend. Das gibt es nicht mehr. Wer deshalb derzeit eine Immobilie finanzieren will, für den sei „der Zeitpunkt günstig“, meint Finanzberater Herbst.
Ähnlich sieht man es bei der Landesbausparkasse: „Falls man eine Baufinanzierung abschließen will, hat man jetzt die Möglichkeit, ein Zinsniveau zu nutzen, das im historischen Vergleich sehr niedrig ist“, sagt LBS-Sprecher Dominik Müller. Jetzt müssen Häuslebauer und Käufer nur noch ein Traum-Objekt zum angemessenen Preis finden. Und das ist derzeit im Immobilienboom gar nicht so leicht.