Auf den Hund gekommen
Egal ob Pudel, Spitz oder Dackel – immer mehr Menschen holen sich einen treuen Begleiter ins Haus. Warum das so ist und welche Probleme dieser Trend in Bayern mit sich bringt
Augsburg Wer kann diesem Blick schon widerstehen? Den dunklen Kulleraugen, die einen treuherzig anschauen? Der Welpe auf unserem Foto dürfte die Herzen vieler Tierfreunde höher schlagen lassen. Und nicht nur er. Überall, in Stadtparks oder auf Spazierwegen, im Wald oder in der U-Bahn, begegnet man Menschen, die einen Hund dabei haben – vom stattlichen Schäferhund bis zum wuscheligen Mischling. Kaum verwunderlich. Denn: Immer mehr Menschen holen sich einen tierischen besten Freund ins Haus.
Der Industrieverband Heimtierbedarf gibt an, dass die Zahl der in Deutschland gehaltenen Hunde im Zeitraum von 2011 bis 2016 um rund 60 Prozent von 5,4 Millionen auf 8,6 Millionen gestiegen ist. Für Bayern gibt es zwar kein zentrales Hunderegister, doch der Trend zum Hund lässt sich auch im Freistaat beobachten. In Augsburg etwa stieg die Zahl der gemeldeten Hunde von 6721 im Jahr 2011 auf aktuell 8472 – immerhin ein Anstieg um rund 26 Prozent. Und die Stadt München verzeichnet einen neuen Rekord: Bis Ende 2016 waren 35018 Hunde
Hunde Rekord in München
gemeldet. So viele wie nie – 1000 mehr als ein Jahr davor und 5000 mehr als vor fünf Jahren.
Warum ist das eigentlich so? Warum sehnen sich immer mehr Menschen nach einem treuen tierischen Begleiter in ihrem Leben? Brigitte Ringenberger, Leitende Psychologin am Bezirkskrankenhaus Augsburg, erklärt das so: „Tiere können das emotionale Wohlbefinden verbessern.“Studien hätten zudem gezeigt, dass der Kontakt mit einem Tier positive Effekte auf das HerzKreislauf-System haben kann. „Der Umgang mit einem Tier kann also stressreduzierend, entspannend und angstlösend wirken“, sagt die Psychologin. „Hinzu kommt ein Gefühl von Zuneigung und Verlässlichkeit.“
So sieht das auch Elmar Sistermann, Vorsitzender des Landesverbands Bayern für das Hundewesen. „Wenn man sich einen Hund kauft, dann ist das ein Partner fürs Leben.“Derzeit lägen vor allem Rassehunde in der Gunst der Käufer ganz weit vorne. Wichtig dabei: jede Rasse passt zu jedem Herrchen. Deswegen empfiehlt Sistermann auch, vor dem Kauf einen Züchter zu besuchen und zu schauen, ob die gewünschte Rasse vom Charakter auch zu einem passt, nicht zu lebhaft oder zu ruhig ist. „Am schlimmsten wäre es, sich einen Hund nur nach dem Aussehen auszusuchen“, sagt Sistermann. Und er rät vehement davon ab, sich einen Hund irgendwo an der Straßenecke zu kaufen. „Die Gefahr ist dann groß, dass er nicht geimpft ist.“Vor allem aus osteuropäischen Ländern würden oft kranke und viel zu junge Tiere nach Deutschland gebracht, warnt der Hundeexperte.
Die große Nachfrage hat aber noch mehr Kehrseiten als den illega- len Welpenhandel, der seit Jahren immer mehr zunimmt. „Es gibt wesentlich mehr Beschwerden von Nachbarn, etwa dass ein Hund gefährlich scheint oder ständig bellt“, sagt Sabina Gassner, Geschäftsführerin des Augsburger Tierschutzvereins. Hinzu komme, dass immer mehr Tiere abgegeben oder beschlagnahmt werden. Dass immer mehr Hunde gehalten werden, merkt sie aber auch an etwas Positivem: Die Teilnehmerzahlen bei Seminaren oder Kursen wie etwa dem Hundeführerschein steigen stetig an.
Und noch etwas steigt: die Ausgaben für die Kommunen. Nicht immer können diese Kosten durch die Hundesteuer-Einnahmen ausgegliNicht chen werden. Oberstdorf im Oberallgäu etwa, wo die Zahl der gemeldeten Hunde seit 2010 um etwa 30 Prozent gestiegen ist, gab im vergangenen Jahr mehr als 52000 Euro für Hundetoiletten, deren Wartung und Leerung sowie die Entsorgung des Hundekots aus. Die Einnahmen durch die Hundesteuer lagen aber nur bei knapp über 28 000 Euro.
Auch die Zahl der Bisse hat im Freistaat zugenommen. 610 Beißattacken auf Menschen gab es nach Angaben des bayerischen Innenministeriums im Jahr 2016 auf Menschen. Fünf Jahre zuvor waren es noch 470.
Dass immer mehr Hunde unterwegs sind, kann nicht nur für Jogger und Radler ein Problem sein oder für Spaziergänger, die in stinkende Häufchen treten, sondern auch für die Jäger: „Wenn die Hunde nicht gehorchen, rumstreunen und zum Beispiel Rehe aufschrecken, dann kann es zu Wildunfällen kommen“, sagt Jürgen Vocke, Präsident des Bayerischen Jagdverbandes. Er macht deutlich: „Grundsätzlich freue ich mich, wenn Menschen einen Hund haben. Aber sie haben eben auch eine große Verantwortung. Wenn man einen Hund frei laufen lässt, muss er einen gewissen Gehorsam haben.“Folgt der Hund seinem Herrchen nicht, kann das drastische Konsequenzen haben. Denn bei unmittelbarer Gefahr für Wildtiere dürfen Jäger Hunde auch abschießen.