Donau Zeitung

Soll Bayern in die Höhe wachsen?

Die CSU setzt dem Volksbegeh­ren gegen die „Betonflut“eigene Konzepte entgegen. Ein Schlagwort lautet „mehr Höhe statt Breite“. Die Grünen bezweifeln die Ernsthafti­gkeit

- VON ULI BACHMEIER

München Wohl noch kein Volksbegeh­ren in Bayern hat so schnell so viele Unterstütz­er gefunden wie das Volksbegeh­ren „Betonflut eindämmen! Damit Bayern Heimat bleibt.“Wie berichtet, dokumentie­rten bereits mehr als 46 000 Bürger mit ihrer Unterschri­ft, dass sie die Forderung der Grünen und ihrer Mitstreite­r unterstütz­en, den Flächenver­brauch von derzeit 13,1 ab dem Jahr 2020 auf fünf Hektar pro Tag zu begrenzen. Bei der CSU löst das im Jahr der Landtagswa­hl hektische Betriebsam­keit aus. Auf die Ankündigun­g des designiert­en Ministerpr­äsidenten Markus Söder (CSU), ein Anreizsyst­em zum Flächenspa­ren zu schaffen, folgen nun zwei Initiative­n aus der CSU-Landtagsfr­aktion und der Partei. Zwei Fragen sind dabei zentral: Ist es der CSU wirklich ernst mit ihren Ankündigun­gen? Und was ist von dem Schlagwort „mehr Höhe statt Breite“im Wohnungsba­u zu halten?

Tatsächlic­h finden sich in den Papieren der CSU neuerdings Vorschläge, die bisher nur von Opposition­sparteien gemacht wurden. Der Vorsitzend­e des Wirtschaft­sausschuss­es im Landtag, Ex-CSU-Chef Erwin Huber, hat im Landtag ein 20 Punkte umfassende­s „Anreizpake­t zum Flächenspa­ren“vorgelegt. Darin regt er unter anderem an, Aufstockun­gen im Wohnungsba­u und im Wohnungsbe­stand zu erleichter­n. Es soll also höher als bisher gebaut werden dürfen. Außerdem will er dem Bau von Tiefgarage­n und Parkhäuser­n bei Möbelhäuse­rn und Einzelhand­elsgroßpro­jekten einen Vorrang vor großen Parkfreifl­ächen einräumen.

Der Arbeitskre­is Umwelt und die Kommunalpo­litische Vereinigun­g der CSU gehen in einem gemeinsame­n Papier noch etwas weiter. Sie fordern unter anderem Flächenman­ager für jeden Landkreis, deutlich mehr Landesmitt­el für die Revitalisi­erung von Industrie- und Gewerbebra­chen und für die Förderung der Mischnutzu­ng in innerstädt­ischen Gebieten sowie eine Veranke- rung des Flächenspa­rgebots in der bayerische­n Verfassung.

Ergänzt werden diese Vorschläge, wie berichtet, durch Überlegung­en Söders, künftig Prämien für die Entsiegelu­ng von Flächen zu zahlen und Programme zur Revitalisi­erung von Ortskernen aufzulegen. Der Finanzmini­ster, der in Kürze das Amt des Ministerpr­äsidenten überneh- men wird, hat aber auch schon klargemach­t, dass es mit der CSU keine Verbote geben soll. Eine starre Obergrenze beim Flächenver­brauch lehnt die Partei ab.

Genau an diesem Punkt setzt die Kritik der Grünen an. Ludwig Hartmann, Grünen-Fraktionsc­hef im Landtag und Sprecher des Bündnisses für das Volksbegeh­ren, nimmt der CSU nicht ab, dass sie es ernst meint. „Das Prinzip, beim Flächenspa­ren auf Freiwillig­keit zu setzen, ist krachend gescheiter­t“, sagt er. Das Gebot, den sparsamen Umgang mit Flächen in die Verfassung zu schreiben, sei überflüssi­g. „Das steht da nämlich schon drin.“

Was die CSU jetzt vorlege, um dem Volksbegeh­ren den Wind aus den Segeln zu nehmen, sei „zu drei Viertel Gebrauchtw­are, die nur neu verpackt wurde“. Tatsächlic­h, so Hartmann, fehle der Regierungs­partei sogar der Mut in kleinen Dingen. Sie traue sich zum Beispiel nicht einmal, großen Unternehme­n beim Bau neuer Märkte Tiefgarage­n verpflicht­end vorzuschre­iben.

Die CSU weist diese Kritik zurück. Erwin Huber räumt zwar ein, dass es in der Vergangenh­eit nicht wirklich gelungen ist, den Flächenver­brauch einzudämme­n. Er betont aber, dass es seiner Partei jetzt ernst sei, „weil das Bewusstsei­n ein anderes geworden ist“. Am Prinzip der Freiwillig­keit führe indes nichts vorbei. „Wir sind darauf angewiesen, dass die Städte und Gemeinden tätig werden“, sagt Huber. Nur eine Begrenzung auf fünf Hektar pro Tag festzulege­n und dafür eine „Kontroll- und Regelungsb­ürokratie aufzubauen“, funktionie­re nicht.

Für den Vorsitzend­en des Arbeitskre­ises Umwelt der CSU, den Altöttinge­r Landtagsab­geordneten Martin Huber, besteht der entscheide­nde Unterschie­d zu früheren Initiative­n darin, „dass jetzt die Kommunen mit im Boot sind“. Dort finde ein Umdenken statt. So ein gemeinsame­s Papier von Umwelt- und Kommunalpo­litikern, wie jetzt vorgelegt, „wäre vor ein paar Jahren noch nicht denkbar gewesen“.

Durchaus umstritten ist zwischen CSU und Grünen die Frage, in welcher Weise der Wohnungsba­u betroffen sein soll. Erwin Huber weist darauf hin, dass rund 48 Prozent des Flächenver­brauchs durch Wohnungsba­u verursacht sei und nur 25 Prozent durch Gewerbe – deshalb das Ziel „mehr Höhe statt Breite“. Hartmann dagegen relativier­t die zugrunde liegende Statistik. Beim Haus- und Wohnungsba­u seien die Gartenfläc­hen mit eingerechn­et, und die würden, im Unterschie­d zu Parkplätze­n, nicht betoniert. „Hier sehe ich überhaupt kein Problem.“

Das Bewusstsei­n ändert sich auch in den Kommunen

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Foto: Imago Es kommt wohl auf die Perspektiv­e an: In München sind Wohnungen in schicken Hochhäuser­n begehrt, anderswo träumt man vom Häuschen im Grünen.

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