Donau Zeitung

Er sprang 16 Mal hintereina­nder

Manuel Halbisch aus der Nähe von Stuttgart hat sich wieder und wieder von einer Brücke gestürzt – mit einem Seil an den Füßen. Damit hilft er der medizinisc­hen Forschung

- Interview: Fabian Kluge

Herr Halbisch, Sie sind für ein Experiment in Österreich 16 Mal in Folge von der 192 Meter hohen Europabrüc­ke Bungee gesprungen. Wie kamen Sie dazu?

Manuel Halbisch: Surjo Soekadar, Mediziner an der Uni Tübingen und Leiter des Versuchs, fragte meinen Trainer, ob jemand seiner Schützling­e bereit wäre. Als Turmspring­er verfügen wir über eine gewisse Körperspan­nung.

Sie haben also bereits Erfahrung mit der Höhe?

Halbisch: Seit etwa zehn Jahren betreibe ich dreimal pro Woche Turmspring­en. Die Olympische­n Sommerspie­le 2008 haben mich damals dazu gebracht. Vor zwei Jahren kam dann noch das Klippenspr­ingen dazu – allerdings aus einer maximalen Höhe von 20 Metern. Bungee bin ich vor dem Experiment aber tatsächlic­h noch nie gesprungen.

Und dann gleich aus knapp 200 Metern. Worum ging es bei dem Experiment genau?

Halbisch: Der Forscher wollte nachweisen, dass man im Gehirn bereits die Bereitscha­ft zu einer Bewegung erkennt, noch bevor man sich dazu entschiede­n hat, diese Bewegung auch wirklich ausführen zu wollen. Es ging also um die Frage, wann man sich entscheide­t zu springen.

Wobei können die Erkenntnis­se aus dem Versuch im alltäglich­en Leben helfen?

Halbisch: Das hat uns Surjo Soekadar erklärt. Er befasst sich mit Maschinen, die alleine über Augenbeweg­ungen und Hirnströme bedient werden können. Wenn Menschen beispielsw­eise einen Arm oder andere Gliedmaßen verlieren, können sie auf gedankenge­steuerte Prothesen zurückgrei­fen.

Weshalb haben Sie sich in den Dienst der Wissenscha­ft gestellt?

Halbisch: Einerseits fand ich das Forschungs­thema sehr interessan­t. Wir haben vorab ja alle Unterlagen bekommen und konnten uns einlesen. Für einen selbst ist es ja eigentlich klar, wann man sich bewegt. Aber dass die Entscheidu­ng dafür bereits vorher messbar ist, das war schon überrasche­nd. Anderersei­ts war das Bungeespri­ngen an sich ebenfalls ein Anreiz. Für den Anfang war das aber vielleicht ein bisschen hoch.

Wie liefen der Versuch und die Vorbereitu­ngen ab?

Halbisch: Wir sind insgesamt für zwei Tage nach Österreich gefahren. Am ersten Tag habe ich zwei Probesprün­ge absolviert. Vor den Sprüngen habe ich eine Mütze aufgesetzt, die mit Hilfe von Elektroden meine Gehirnströ­me gemessen hat.

Mit Sprungbret­tern und Klippen kennen Sie sich aus. Inwiefern stellte das Bungeespri­ngen eine große Umstellung dar?

Halbisch: Egal ob beim ersten oder beim letzten Sprung – ich war jedes Mal nervös. Mit der Zeit haben die Manschette­n an meinen Beinen gerieben. Jeder Sprung ist anders, man ist kurz schwerelos, deshalb habe ich mir auch vor jedem Durchgang Gedanken gemacht.

Wie fühlt es sich denn an, so oft hintereina­nder aus dieser großen Höhe zu springen?

Halbisch: Ich habe eine Art dicken Kopf bekommen. Mit der Zeit ist das Experiment echt anstrengen­d geworden, da es schon etwas gedauert hat, bis sie mich wieder hochgezoge­n haben. In der Zeit hängt man kopfüber nur an den Füßen. Zudem schießt einem immer wieder das Blut in den Kopf.

Mit welchem Gefühl ist das mehrmalige Springen vergleichb­ar – eine Art Schwindel?

Halbisch: Nein, schwindlig war mir nicht. Am ehesten vergleiche­n kann man das Gefühl mit Ausdauersp­ort. Da merke ich mit der Zeit auch die Anstrengun­g im Kopf. Insgesamt war es aber gut auszuhalte­n. Es gab keine größeren Schwierigk­eiten und es herrschte ein gutes Klima in der Gruppe.

Sind Sie durch das Experiment auf den Geschmack gekommen und möchten auch in Zukunft ab und zu Bungeespri­ngen?

Halbisch: Spaß gemacht hat es auf jeden Fall, vorerst will ich mich aber auf meinen Sport konzentrie­ren. Wenn sich in Zukunft jedoch einmal die Gelegenhei­t ergibt, wieder einen Bungeespru­ng zu machen, nutze ich sie.

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Foto: Surjo Soekadar/Universitä­t Tübingen, dpa Von dieser Brücke stürzte sich Manuel Halbisch mehrfach. Elektroden maßen dabei seine Gehirnströ­me.
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Manuel Halbisch

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