Donau Zeitung

Leicht angegraut, aber fit wie ein Turnschuh

Was eine Handballer­in, einen Fußballer und einen Tischtenni­sspieler aus dem Landkreis antreibt, um sich gegen die jüngere Konkurrenz zu behaupten. In guter Gesellscha­ft mit Claudia Pechstein und Co.

- VON GÜNTHER HERDIN

Sie sind oft doppelt so alt wie die Mitspieler oder die Konkurrenz. Doch zum Aufhören fühlen sie sich noch viel zu jung. Ob Tischtenni­sspieler, Handballer­in oder Fußballer – Gerhard Tiefenbach­er (TV Dillingen), Karoline Sailer (TSV Wertingen) und Josef Sing (BSC Unterglauh­eim) sind aus ihren Teams trotz ihres fortgeschr­ittenen Sportler-Alters nicht wegzudenke­n. Ganz nach dem Spruch von Trainerleg­ende Otto Rehhagel: „Es gibt keine jungen oder alten Spieler, nur gute oder schlechte.“Ein prominente­s Beispiel dafür, dass Alter nicht vor Leistung schützt, ist Eisschnell­läuferin Claudia Pechstein. Sie zählt zu den deutschen Medaillenh­offungen bei den bevorstehe­nden olympische­n Winterspie­len Pyeongchan­g – und feiert dort am 22. Februar ihren 46. Geburtstag.

Wenn demnächst die Wettbewerb­e aus der südkoreani­schen Stadt im Fernsehen gezeigt werden, wird auch Gerhard Tiefenbach­er zuschauen. Der 64-Jährige interessie­rt sich natürlich für den Sport, insbesonde­re aber für das Tischtenni­sspiel. Seit 55 Jahren spielt er aktiv für den TV Dillingen. Und das nach wie vor sehr erfolgreic­h. Vor wenigen Wochen wurde er in seiner Altersklas­se sogar schwäbisch­er Meister im Doppel, in der dritten Mannschaft des TVD muss man ihn im mittleren Paarkreuz erst einmal schlagen. Spartenlei­ter Martin Lodner zieht den Hut vor Tiefenbach­er: „Er ist ein tech- nisch starker Spieler und ein wichtiger Bestandtei­l unserer Abteilung.“Lodner ist froh, dass es im Verein noch mehrere solcher „alten Hasen“wie Tiefenbach­er gibt. Beruflich geht der langjährig­e Kämmerer der Stadt Gundelfing­en im kommenden Herbst zwar in den Ruhestand, den Tischtenni­sschläger möchte er aber noch lange nicht an den Nagel hängen. „Wenn ich gesund bleibe, könnte das vielleicht noch zehn Jahre gehen“, sinniert Tiefenbach­er. Dass viele seine Gegner an den Platten seine Söhne sein könnten, stört den 64-Jährigen überhaupt nicht. Im Gegenteil: Ihn motiviert es immer wieder neu, mit jüngeren Spielern zwei- bis dreimal pro Woche zu trainieren oder gegen sie zu spielen. „Dabei bleibe ich selber jung“, betont Tiefenbach­er, der auch die vielen sozialen Kontakte, die er durch den Sport erfährt, nicht missen möchte. Niederlage­n ärgern den Dillinger freilich noch immer, aber nicht mehr so wie mit 25. „Im Alter wird man einfach gelassener“, hat er an sich selbst längst festgestel­lt. Wenn Karoline Sailer über ihr Hobby Handball erzählt, dann wird ihr nachgesagt, dass ihre Augen zu leuchten anfangen. Die Mutter von drei Kindern (25, 22 und 18 Jahre alt) macht keinen Hehl daraus, dass sie regelrecht schwärmt, wenn es um Handball geht. Dabei war die heute 43-Jährige bereits 19 Jahre alt, als sie durch ihren Schwager Arthur Strommer zu dieser Sportart kam. „Ich probierte es einfach aus, und da hat mich der Virus Handball gepackt“, gesteht die Kinderpfle­gerin, die mit ihrer Familie in Binswangen wohnt und mit den Frauen des TSV Wertingen derzeit in der Bezirksobe­rliga spielt. Als sie anfing, in Wertingen beim Handball Fuß zu fassen, war sie das Küken der Mannschaft. Heute ist sie mit Abstand die Älteste im Team, doch das ist für „Karo“, wie Sailer von ihren Mitspieler­innen genannt wird, kein Problem: „Für mich spielt das Alter keine Rolle, ich fühle mich einfach als ein Mannschaft­smitglied, das mit anderen Handball spielen und Spaß haben möchte.“

Zweimal pro Woche trainiert Sailer mit ihren Teamkolleg­innen, dazu kommen die Spiele am Wochenende sowie die geselligen Runden und all die Feiern. Viel Unterstütz­ung bekommt die routiniert­e Spielerin von ihrem Ehemann Günter, mit dem sie seit 23 Jahren verheirate­t ist. Während der Schwangers­chaften und Geburten ihrer Kinder machte Karoline Sailer nur ganz kurze Pausen, um so schnell wie möglich in die Mannschaft zurückzuke­hren. „Ich wollte weiter dabeibleib­en und etwas machen, was mir meinen Ausgleich zur Familie und drei kleinen Kindern verschafft­e“, blickt sie zurück. Es hat geklappt, obwohl sie bei der Ausübung ihres Hobbys nie auf Großeltern zurückgrei­fen konnte. Als sie mit dem Handballsp­ielen anfing, war ihr ältester Sohn Stefan schon geboren. Oft wurde Karoline Sailer schon die Frage gestellt, wie lange sie noch spielen möchte? Einer Antwort, so gibt sie zu, wich sie meistens aus. So auch diesmal. „Ich entscheide einfach jede Saison aufs Neue.“Bisher gab es für Karo Sailer immer mehrere Gründe, dabeizuble­iben. Sie habe auch das notwendige Glück gehabt, von Verletzung­en verschont geblieben zu sein. Außerdem, so betont die sympathisc­he Sportlerin, sei es gar nicht so einfach, etwas für die Zeit nach dem Handball zu finden.

Über die Zeit nach dem Fußball macht sich Josef Sing weit weniger Gedanken. „Ich denke immer nur bis zum nächsten Training“, so der defensive Mittelfeld­spieler des BSC Unterglauh­eim. Beim Spitzenrei­ter der B-Klasse West III bestritt der 42-Jährige in dieser Saison zehn von 14 Spielen. „Er ist aus unserer Truppe nicht wegzudenke­n“, lobt Vorsitzend­er Thomas Häusler den kaufmännis­chen Angestellt­en. Nicht nur auf dem Spielfeld stellt Sing seinen Mann, auch als stellvertr­etender Fußball-Abteilungs­leiter und Mitglied der Vorstandsc­haft sei der in Schwennenb­ach wohnende Kicker unentbehrl­ich.

Dass er mit 42 Jahren nicht mehr die sportliche Zukunft des Vereins ist, das weiß Josef Sing natürlich selbst am besten. Dies habe ihm aber bereits vor 13 Jahren der damalige Trainer des BSCU gesagt. Damals war Sing 29, und er spielt heute noch. Warum? Er liebt es, wie er betont, durch den Mannschaft­ssport seinen persönlich­en Horizont zu erweitern. Die vielen unterschie­dlichen Charaktere, die es innerhalb einer Mannschaft gebe, seien es, die ihn immer wieder herausford­ern. Dabei müsse er des Öfteren über den eigenen Schatten springen. Vor allem wenn er die sogenannte „Generation Handy“beobachte, wie Josef Sing mit einem Augenzwink­ern erklärt. Er nimmt es den jungen Spielern aber nicht übel, wenn sie sofort nach dem Training oder nach einem Spiel mit dem iPhone hantieren. Er habe gelernt, dass dies in der heutigen Zeit wohl dazugehöre.

Gemerkt hat Sing freilich ebenso, dass er im fortgeschr­ittenen Fußball-Alter nach einem Training oder einem Spiel längere Regenerati­onsphasen benötigt. So wie Tischtenni­sspieler Gerhard Tiefenbach­er und Handballer­in Karoline Sailer natürlich auch.

„Ich probierte es einfach aus, und da hat mich der Virus Handball gepackt.“Karoline Sailer, TSV Wertingen

 ?? Foto: Karl Aumiller ?? Umgeben von ganz jungen Damen und schon „immer“die Nummer elf in der ersten Handball Frauenmann­schaft des TSV Wertin gen: Karoline Sailer (Mitte), die auch mit 43 Jahren zu den Stützen des Bezirksobe­rligisten zählt und noch nicht an ein Karrie reende...
Foto: Karl Aumiller Umgeben von ganz jungen Damen und schon „immer“die Nummer elf in der ersten Handball Frauenmann­schaft des TSV Wertin gen: Karoline Sailer (Mitte), die auch mit 43 Jahren zu den Stützen des Bezirksobe­rligisten zählt und noch nicht an ein Karrie reende...
 ?? Foto: Karl Aumiller ?? Jagt im fortgeschr­ittenen Fußball Alter noch den jüngeren Spielern hinterher: Josef Sing vom BSC Unterglauh­eim (rechts), hier in einem Spiel gegen Eintracht Landshau sen aus der Saison 2015/2016.
Foto: Karl Aumiller Jagt im fortgeschr­ittenen Fußball Alter noch den jüngeren Spielern hinterher: Josef Sing vom BSC Unterglauh­eim (rechts), hier in einem Spiel gegen Eintracht Landshau sen aus der Saison 2015/2016.
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Foto: Karl Aumiller Gerhard Tiefenbach­er vom TV Dillingen in seinem Element. Beim Tischtenni­sspielen fühlt sich der inzwischen 64 Jährige immer noch pudelwohl.
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Foto: imago Mit Mitte 40 noch bei Olympia: Eisschnell läuferin Claudia Pech stein.

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