Donau Zeitung

Immer mehr!

- VON P. PETER HINSEN, FRIEDBERG

Herakles soll zwischen die „Säulen“der Straße von Gibraltar ein Schild gesetzt haben: „Non plus ultra!“Das war die Grenze der Welt. Doch dann wurde Amerika entdeckt – und das „non“gestrichen. Die Säulen mit dem gekürzten Spruchband „plus ultra“zieren bis heute das spanische Wappen. Sie sind auch zum Zeichen des Dollars geworden. „Immer mehr!“Davon lebt die Wirtschaft und auch der Sport. Die Olympische­n Winterspie­le in Pyeongchan­g werden es sicher wieder zeigen. Das ist eine zeitlose Anweisung für alle Lebensfeld­er: mal heiter, mal ernst; mal stolz und mal opferreich und blutig.

Auch Jesus, der „Menschenso­hn“aus Nazareth, war dem „immer mehr“ausgesetzt. Der Bericht von seiner Geburt im Stall von Bethlehem lässt zwar Armut vermuten, doch sein Vater, der Zimmermann, war kein kleiner Handwerker, der nur den Dachstuhl errichtete. Er baute ganze Häuser. Nur wenige Kilometer von Nazareth entfernt hatten die Römer erst vor kurzem die Stadt Sepphoris in Schutt und Asche gelegt. Der Wiederaufb­au brachte dem Zimmermann sicher volle Auftragsbü­cher.

Auch etliche der Freunde Jesu gehörten zum Mittelstan­d. Die Zebedäussö­hne kamen aus einem Fischereiu­nternehmen mit zahlreiche­n Tagelöhner­n. Die Zöllner waren ohnehin nicht arm. Also alles Leute, die den Reiz des Mottos „immer mehr“sehr wohl kannten. Und wer etwas hat, gibt das nicht gern aus der Hand. Doch Jesus hat alles verlassen und dies auch seinen Freunden empfohlen. Er wollte mehr: das Reich Gottes. Davon versprach er sich einen Zuwachs an Frieden und Gerechtigk­eit, an Liebe und an Leben. Das Reich Gottes sollte immer deutlicher nicht nur als Vision, sondern auch schon als erlebte Wirklichke­it sichtbar werden. „Immer mehr“ist durchaus ein wertvoller Impuls. Aber was man vermehren will, das sollte auch einen Sinn und Bestand haben. Denn was nützt es, wenn man die ganze Welt gewinnt, aber an der Seele Schaden nimmt?

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