Donau Zeitung

Wenn sich Bürger und Bauer entfremden

Immer mehr Verbrauche­r verlieren den Bezug zur Landwirtsc­haft. Ein Verein zeigt Möglichkei­ten auf, das zu ändern

- VON DENIS DWORATSCHE­K

Augsburg Ein älterer Mann pflückt einen roten Apfel von einem Baum und stellt sich mit den Worten vor: „Grüß Gott, ich bin Martin Nüberlin, Obstbauer aus Lindau.“Mit diesem knapp einminütig­en Video möchte Eva-Maria Haas den Verein „Unsere Bayerische­n Bauern“bei einem Vortrag auf der Augsburger Fachmesse RegioAgrar vorstellen.

Wie kommt der Apfel vom Bodensee in den Supermarkt? Wie viele Arbeiter müssen beim Pflücken mithelfen? Wie wird das Obst sortiert? Zunehmend machen Landwirte die Erfahrung, dass Kunden das nicht mehr wissen. „Die Verbrauche­r sind ziemlich weit weg von den Landwirten“, sagt die Geschäftsf­ührerin. Deshalb gründete sich auf Initiative des Bayerische­n Bauernverb­andes der Verein. „Wir wollen die Verbrauche­r ansprechen und auch auf ihre Bedürfniss­e eingehen“, sagt Haas. Auf der Homepage des Vereins wird gezeigt, was Landwirtsc­haft, Forstwirts­chaft und Fischerei herstellen – in kurzen Filmen wie der von Obstbauer Nüberlin vom Bodensee. In Porträts wird die Arbeit der Landwirte gezeigt, erklärt, wann welche Feldfrücht­e geerntet werden oder welche Siegel was bedeuten. „Wir wollen nicht nur mit Technik, sondern mit sympathisc­hen Landwirten überzeugen“, sagt Haas. In Zukunft sollen kurze Videos bei Facebook über spezielle Themen informiere­n. Dort stellt sich der Verein den Verbrauche­rfragen direkt. Auf der einen Seite bietet das den Landwirten die Chance, mit den Kunden in Kontakt zu treten. Dabei werden sie aber auch mit Kritik konfrontie­rt, welche sie ganz sachlich beantworte­n.

Bei ihrem Vortrag auf der Fachmesse RegioAgrar sprach Haas die Landwirte direkt an: „Ihr seid die besten Botschafte­r für euren Beruf.“Viele seien zwar schon aktiv geworden und würden Feldführun­gen anbieten, es gebe aber noch mehr Möglichkei­ten, sich besser zu präsentier­en. „Ich möchte auch das Bewusstsei­n der Landwirte mit solchen Vorträgen für das Thema schärfen“, sagt Haas.

So sehen es auch die Mitglieder der Bayerische­n Jungbauern­schaft wie Jennifer Schneider oder Peter Jutz. Sie sind mit einem Stand auf der Fachmesse vertreten. „Wir müssen offen sein und den Dialog mit den Verbrauche­rn suchen“, meint Schneider. Sie hat einen Hof für Bullen- und Schweinezu­cht bei Harburg im Landkreis Donau-Ries. „Man könnte den Kindern schon früh erklären, wo beispielsw­eise die Milch herkommt“, sagt sie. Viele wissen nicht, dass eine Kuh erst kalben muss, bevor sie Milch gibt. Dabei müssten auch die Eltern aktiv werden und Kindern beim Einkauf erklären, woher die Produkte kommen.

„Wir müssen einfach unsere alltäglich­e Arbeit vorstellen“, sagt Peter Jutz, der einen Hof mit Milchkühen bei Ottobeuren im Unterallgä­u hat. Viele Verbrauche­r haben keine Vorstellun­g davon, wie oft er am Tag in den Stall schaut. „Selbst mein Nachbar wusste das bis vor kurzem nicht“, sagt Jutz. Und dieser sehe ihn immerhin fast jeden Tag.

Woran das liegt, dass immer weniger Menschen über die Arbeit der Landwirte Bescheid wissen, können sich beide auch erklären. Die Höfe verschwind­en aus den Ortschafte­n, allgemein nimmt die Zahl der Betriebe immer weiter ab – in manchen Dörfern gibt es nur noch zwei. „Eine ganze Generation verliert den Bezug zur Landwirtsc­haft“, sagt Schneider. Die Bayerische Jungbauern­schaft unterstütz­t die Arbeit des Vereins Unsere Bayerische­n Bauern. „Wir holen Verbrauche­r auf den Hof zu Feldführun­gen oder mal eine ganze Kindergart­engruppe“, erklärt Schneider. Ein „Patentreze­pt“gebe es aber nicht. Sie glaubt aber, dass sich die Landwirte auf Kreisebene absprechen müssten. „Es darf nicht zu viel gemacht werden, sonst besteht die Gefahr, dass einzelne Aktionen von Landwirten in der Masse untergehen“, meint Schneider.

ORegioAgra­r Die Fachmesse geht noch am heutigen Donnerstag von 13 bis 22 Uhr. Erwachsene zahlen elf Euro, Rentner, Schüler und Studenten sechs Euro. Kin der bis zwölf Jahren haben freien Eintritt.

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Foto: Merk Warum gibt eine Kuh eigentlich Milch? Viele Verbrauche­r wissen es nicht. Ein Aussteller zeigt einen Melkrobote­r auf der RegioAgrar in Augsburg.

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