Donau Zeitung

Die Kirche, das Geld und der Filz

Nach dem Finanzskan­dal im Bistum Eichstätt wird scharfe Kritik am Umgang der katholisch­en Kirche mit ihrem Vermögen laut. Ein Professor wird besonders deutlich

- VON DANIEL WIRSCHING UND FABIAN KLUGE

Augsburg Der Finanzskan­dal im Bistum Eichstätt hat eine Debatte über den Umgang der katholisch­en Kirche mit ihrem Vermögen ausgelöst. Zudem übte der katholisch­e Kirchen rechts professor Thomas Schüller von der Uni Münster scharfe Kritik am Eichstätte­r Bischof Gregor Maria Hanke und warf ihm vor, „doppelt versagt“zu haben. „Er hat die falschen Leute eingesetzt und ein verfilztes System ermöglicht. Das ist nach den Maßstäben, die die Kirche selbst an die bischöflic­he Amtsführun­g anlegt, schwer erträglich“, sagte er dem Kölner

Stadt-Anzeiger. Die Bistums verantwort­lichen, allen voran H anke, hätten es den beiden Betrügern, die mittlerwei­le in Untersuchu­ngshaft sitzen, „brutal leicht gemacht“.

Wie berichtet, sollen der ehemalige stellvertr­etende Finanzdire­ktor und sein Geschäftsp­artner das Bistum durch ungesicher­te Kredite auf dem US-Immobilien­markt um bis zu 60 Millionen US-Dollar, umgerechne­t 48,2 Millionen Euro, betrogen und auch Geld in die eigene Tasche gewirtscha­ftet haben. DieKontrol­l mechanisme­n versagten dabei– auch weil der leitende Finanz- und Baudirekto­r, ein Geistliche­r, völlig überforder­t gewesen sein soll.

Für Carsten Frerk, Autor des Buches „Violettbuc­h Kirchenfin­anzen“, ist der Fall typisch für die katholisch­e Kirche. „Wenn es in den vergangene­n Jahren große Verluste gab, waren diese allesamt in der katholisch­en Kirche“, sagte er unserer Zeitung. Seiner Meinung nach liegt das an der zentralist­ischen Struktur der Kirche: „Alles ist auf den Bischof ausgericht­et. Der ist aber Theologe, kein Ökonom.“Zudem gebe es keine ausre ich endenKontr­oll mechanisme­n. Wo Finanz fachleute sitzen müssten, hätten Theologen das Sagen, so Frerk.

Der Bund Katholisch­er Unternehme­r (BKU) teilt diese Kritik und forderte am Mittwoch eine stärkere Einbindung von externen Fachleuten in kirchliche Finanzgesc­häfte: Wo „kirchliche Würdenträg­er oder ihre Mitarbeite­r mit der Verantwort­ung für wirtschaft­liche Aufgaben überforder­t sind, sollten sie Aufgaben delegieren“. BKU-Vorsitzend­er Ulrich Hemel sagte im Gespräch mit unserer Zeitung: „Die Kirche hat sich in der Vergangenh­eit kritisch und distanzier­t über das Unternehme­rtum geäußert. Vor allem aber hat sie die katholisch­en Unternehme­r zu wenig als Verbündete wahrgenomm­en und in Finanzfrag­en mit einbezogen. Das war nicht klug.“Bei der Vermögens- und Finanzverw­altung herrsche großer Reformbeda­rf. Zu der von den Bischöfen angestoßen­en Transparen­zoffensive sagte Hemel, dass man sie anerkennen müsse. Die Kirche sei, was den Umgang mit ihrem Vermögen angeht, „von der Kreis- in die Bezirkslig­a aufgestieg­en. Die Bundesliga ist aber noch weit“.

Zur Transparen­zoffensive der deutschen Bischöfe gehört es, Jahresabsc­hlüsse nach den Regeln des Handelsges­etzbuches vorzulegen und die Öffentlich­keit über das Vermögen der 27 deutschen Bistümer zu informiere­n. Zum Ende des Jahres 2016 hatten das 14 Bistümer getan – allerdings in unterschie­dlichem Umfang, also etwa nicht für alle Rechtsträg­er oder Stiftungen. Das Bistum Eichstätt will bis Ende Juni einen Einblick in seine Vermögensv­erhältniss­e geben, bestätigte aber bereits, dass die möglicherw­eise veruntreut­e Summe von 60 Millionen US-Dollar etwa einem Sechstel der Finanzanla­gen des Bistums entspreche. Dies sei allerdings nicht mit dem Bistumsver­mögen gleichzuse­tzen. Zahlen legten bereits die Bistümer Augsburg, Würzburg, Regensburg, Passau und das Erzbistum München und Freising vor. Das Erzbistum Bamberg fehlt noch.

Dass gerade die sieben bayerische­n Bistümer mit ihren verschiede­nen Rechtsträg­ern über teilweise sehr hohe Vermögen verfügen oder verfügen dürften, zeigt ein Blick auf die schon veröffentl­ichten Zahlen. So belief sich das Vermögen der Diözese Augsburg, eine Körperscha­ft des öffentlich­en Rechts, Ende 2016 auf 685,9 Millionen Euro. Das des Bischöflic­hen Stuhls auf 629,2 Millionen Euro und das des Augsburger Domkapitel­s auf 3,6 Millionen Euro. Zum Vergleich: Im Erzbistum München und Freising, das als eines der reichsten Bistümer weltweit gilt, liegt alleine die Bilanzsumm­e der Erzdiözese bei rund 3,3 Milliarden Euro zum Jahresende 2016.

Welches Gesamtverm­ögen die katholisch­e Kirche hat, lassen diese Zahlen allenfalls erahnen. Denn hinzurechn­en müsste man noch das Vermögen der Kirchengem­einden, der eigenständ­igen Pfarrkirch­enund Pfründesti­ftungen oder etwa der Ordensgeme­inschaften.

Wie reich sind die bayerische­n Bistümer?

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Symbolfoto: Henning Kaiser, dpa Dass die katholisch­e Kirche über große Vermögensw­erte verfügt, ist bekannt. Dass sie mitunter fahrlässig damit umgeht, machte nun der Skandal im Bistum Eichstätt deutlich.

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