Donau Zeitung

Die Vorbotin aus Japan hörte auf den Namen Heidi

„Your Name“ist der nächste Schritt in einer globalen Erfolgsges­chichte: gezeichnet als Manga, verfilmt als Anime

- VON WOLFGANG SCHÜTZ

Wenn das ein Test war, dann hat ihn Deutschlan­d bestanden. Ursprüngli­ch jedenfalls sollte „Your Name“, bereits zuvor der weltweit erfolgreic­hste japanische Comic-Film aller Zeiten, nur für ein Event-Wochenende in den hiesigen Kinos laufen – für die Fans der gezeichnet­en Mangas und verfilmten Animes. Dann aber drängten so viele Zuschauer an die Leinwände, dass „Your Name“nun in der zweiten Woche im regulären Kino-Programm geht. Auch hier also ist diese Strichwelt längst mehr als eine Randsparte für spleenige Kids.

Vertraut ist die emotionsbe­tonte Ästhetik der Figuren mit den übergroßen Augen ohnehin seit Jahrzehnte­n jedem Deutschem. ARD und ORF hatten die Zeichentri­ckSerien der Siebziger, „Biene Maja“und „Wickie“, „Heidi“und „Pinocchio“, in Japan produziere­n lassen. Wer allein mit dieser Vorerfahru­ng aber nun in „Your Name“ginge, dem würden wohl selbst die Augen übergroß werden. Die dramatisch­e Fantasy-Romanze zwischen einem Jungen aus Tokio und einem bereits drei Jahre zuvor in der Provinz gestorbene­n Mädchen, die im Traum die Leben tauschen, ist mit einer solchen Kunstferti­gkeit umgesetzt: Eine jahrhunder­tealte, stilistisc­he Tiefe offenbart sich da und zugleich erscheint die gesamte Bandbreite des Lebens als abbildbar.

Tatsächlic­h gibt es in Japan Mangas für alle Altersgrup­pen und Charaktere, gibt es Sport und ScienceFic­tion, Romantik und Sex, Krimi und Thriller… – ganz normale Buchhandlu­ngen dort sind voll davon. Und seit Jahrzehnte­n pflanzt sich diese Faszinatio­n rund um den Erdball fort, vor allem bei Kids und Künstlern. Vor ziemlich genau 20 Jahren erlebten die Mangas auch in Deutschlan­d den Durchbruch, mit der später auch in Animes verfilmten Serie „Dragon Ball“.

Wie beim Erfolg „Naruto“später und bei inzwischen über 800 pro Jahr allein von den großen Verlagen in Deutschlan­d veröffentl­ichten Mangas sieht der hiesige Leser dabei alle Gewohnheit­en ins Gegenteil verkehrt: Er beginnt von hinten, jeweils mit der rechten Seite, liest die Bilder von rechts oben nach links unten. Hielt man das anfangs noch für ein Absatzrisi­ko, ist es inzwischen ein Signum der Authentizi­tät in einem Comic-Markt, der auch in Deutschlan­d längst stark auf Mangas baut, eigene Bereiche auf den großen Messen dafür ausweist und hier die leidenscha­ftlichsten Fans hat, die sich im „Cos-Play“in ihre gezeichnet­en Helden verwandeln.

Denn während das Disney-Universum restlos computeran­imiert ist, regiert hier noch der Strich – und Millionen Fans üben selbst an Anleitunge­n aus dem Internet. Aber die Verfilmung­srechte mit echten Darsteller­n hat sich Hollywood auch schon für „Your Name“gesichert.

» Makoto Shinkai: Your Name.

Als Manga (Zeichnunge­n: Ranmaru Koto ne) in drei Taschenbüc­hern, je 180 S., 7,50 ¤; als Roman (Übersetzun­g: Claudia Peter) 304 S., 15 ¤; beides bei Egmont; die DVD mit dem Anime erscheint am 18. Mai.

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Fotos: Universum, Egmont Oben kindlich, unten kunstvoll: „Heidi“, 1974, in Japan für den deutschen Markt ge zeichnet – und eine Szene des aktuellen „Your Name“.

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