Donau Zeitung

Ohrwürmer begeistert­en im Festsaal des Dillinger Schlosses

Die Wagner-Stipendiat­en präsentier­en bekannte, aber anspruchsv­olle Kompositio­nen

- VON ERICH PAWLU

Dillingen Seit der Ohrwurm nicht nur in der Biologie, sondern auch in die Musik zu Hause ist, quält oder erfreut er das Ohr von Millionen Menschen. Beim „Ohrwurm“-Konzert des Kulturring­s im Festsaal des Dillinger Schlosses sorgte das magische Geschöpf für pure Freude.

Als die vier Stipendiat­en des Richard-Wagner-Verbandes Ulm/ Neu-Ulm vierzehn Ohrwürmer aus aller Welt zu neuem Leben erweckt hatten, sorgten die Besucher im restlos besetzten Saal für südländisc­hen Jubel. Das war nur konsequent. Denn der Vortrag berühmter Kompositio­nen verknüpfte hohen Kunstgenus­s mit der Freude des Wiedererke­nnens. Dabei setzte das Künstlerte­am nicht auf die flache Faszinatio­n von Gassenhaue­rn. Die Ohrwürmer des Programms kamen vor allem aus dem Milieu des Konzerts und der Oper. Die Dillinger Sopranisti­n Miriam Galonska, die luxemburgi­sche Cellistin Anne Schumacher, der aus Ulm stammende Bariton Konstantin Krimmel demonstrie­rten, am Klavier begleitet vom neuseeländ­ischen Pianisten Marcus McLaren, dass der Ohrwurm ein anspruchsv­olles Wesen sein kann.

Besonders gefeiert wurden verständli­cherweise die Auftritte Miriam Galonskas. Die Dillinger Diplom-Konzertsän­gerin hat, gefördert von Carmen Hanganu, inzwischen umfassende Bühnen- und Konzerterf­ahrungen gesammelt. Mit der „Habanera“aus Bizets „Carmen“verdeutlic­hte sie die Fä- das beeindruck­ende Volumen ihrer Stimme mit viel Charme und Esprit zu verbinden. Die eigenwilli­ge Kompositio­nsstruktur in Gershwins „Summertime“interpreti­erte sie als das Tongemälde einer verträumte­n Seele. Und mit Lehárs „Giuditta“-Lied „Meine Lippen, sie küssen so heiß“zeigte Miriam Galonska, dass sie den von Anna Netrebko in Baden-Baden geschaffen­en Konkurrenz­ohrwurm nicht fürchten musste.

Einen starken Eindruck von der Kultur, der Vehemenz und der Sensibilit­ät seiner Stimme hinterließ auch der Bariton Konstantin Krimmel. Schon der Programmau­ftakt der Goethe-Ballade „Prometheus“wurde zu einem besonderen Hörhigkeit, erlebnis, weil Krimmel die Gefühlsbre­ite dieses Sturm-und-Drang-Gedichts in der romantisie­renden Schubert-Vertonung als ein Kontrastge­bilde aus donnerndem Protest und empfindsam­em Selbstmitl­eid deutete. Mit differenzi­erendem Lautstärke­wechsel sicherte der Bariton dem Heine-Gedicht „Belsazar“in der musikalisc­hen Fassung von Robert Schumann einen hochdramat­ischen Charakter.

Die Cellistin Anne Schumacher demonstrie­rte ihre Kunst beispielsw­eise mit Edward Elgars „Salut d’amour“. Ohne jede Sentimenta­lität verlieh sie dem Werk schon deshalb ein Höchstmaß an melodiöser Schönheit, weil der Gegensatz von Höhen und Tiefen, von Forte und Piano den romantisie­renden Code von der großen Liebe meisterhaf­t wiedergab. Und den berühmten „Czardas“von Monti servierte das Cello Anne Schumacher­s als Studie tänzerisch geäußerter Mentalität, die in Wildheit und Melancholi­e traditions­gemäß den ungarische­n Volkschara­kter schildert und im ausklingen­den Flageolett überhöht wird. Allen Programmnu­mmern gab Marcus McLaren das pianistisc­he Gewand. Seine absolute Sicherheit koordinier­te das oftmals dialektisc­he Zusammensp­iel mit Sängerin, Sänger und Cello. Frappieren­d wirkte seine Kunst, durch Anschlag, Pedaleinsa­tz, Tempo und Kolorit die Unterschie­dlichkeit der einzelnen Stücke schon in Einleitung­en hörbar zu machen.

Der „Ohrwürmer“-Abend wurde von den Firmen Marquardt, Vogt, Reichardt, Kimmerle, HKM und Galonska mitgespons­ert. Den begeistert­en Musikfreun­den, die von Kulturring-Leiter Werner Bosch begrüßt worden waren, erläuterte Viola Lachenmann die Arbeit des Richard-Wagner-Verbandes in Ulm. Da passte die Zugabe. Der bekanntest­e Walzer von Johann Strauß wurde in diesem Zusammenha­ng zu einer Hymne auf das blühende kulturelle Leben an der Donau.

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Foto: Pawlu Erfolgreic­hes Konzert der Richard Wagner Stipendiat­en im Festsaal des Dillinger Schlosses. Im Bild (von links): Pianist Marcus McLaren, Cellistin Anne Schumacher, Sopranisti­n Miriam Galonska und Bariton Konstantin Krimmel.

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