Donau Zeitung

Dillingen macht die Nacht zum Tag

Der Nachtumzug lockt 15 000 Menschen an. Die Fastnachte­r verwandeln die Stadt in ein Tollhaus. Die Polizei schließt einen Wagen aus

- VON BERTHOLD VEH (TEXT) UND MARCUS MERK (FOTOS)

Dillingen Karin Berger hat, wie sie selbst sagt, das Virus des Faschings im Blut. Deshalb will sich die Aislingeri­n den Dillinger Nachtumzug auf keinen Fall entgehen lassen. Als Waldfee verkleidet fiebert sie am Freitagabe­nd dem Spektakel entgegen und geht bei den ersten Klängen der Dillinger Stadtkapel­le und den Egola-Ole-Rufen der Faschingsf­reunde Steinheim, die das Narrenspek­takel ausrichten, begeistert mit. „Ich finde diese Atmosphäre einfach klasse“, sagt Berger. So geht es etwa 15 000 Menschen, die nach Angaben der Polizei zum Nachtumzug gekommen sind. Auch die Finningeri­n Tanja Kölle und ihre Freundin Andrea Füchsle aus Syrgenstei­n lassen sich von dieser dreieinhal­bstündigen Parade in Bann ziehen. „Dieses Flair mit den Lichtern in der Nacht ist etwas ganz Besonderes“, sagt Füchsle. Ein Umzug in der Dunkelheit sei „viel schöner als am Tag.“

Zugleiter Stefan Bschorr und sein Team von den Faschingsf­reunden Steinheim haben sich monatelang für die Organisati­on des Umzugs ins Zeug gelegt. Etwa 150 Mitglieder sind im Einsatz, hinzu kommen viele Ehrenamtli­che der Feuerwehre­n, des Roten Kreuzes, des Techni- schen Hilfswerks – und natürlich die Polizeibea­mten. Oberbürger­meister Frank Kunz, der den Umzug mit Faschingsf­reunde-Präsident Martin Stadtreche­r auf der Bühne am Mitteltort­urm moderiert, freut sich über die „Strahlkraf­t des Dillinger Nachtumzug­s“.

Der designiert­e bayerische Ministerpr­äsident Markus Söder hat das Spektakel jüngst mit dem Heimatprei­s Schwaben ausgezeich­net. Kunz nennt den Nachtumzug einen „Leuchtturm“– und in der Tat lockt der Gaudiwurm auch Faschingsg­esellschaf­ten aus umliegende­n Landkreise­n und Baden-Württember­g nach Dillingen.

Die Temperatur­en liegen beim Start um den Gefrierpun­kt. Da ist der Rat des Lauinger Bürgermeis­ters Wolfgang Schenk durchaus sinnvoll. „Hüpfen Sie mit, klatschen Sie mit“, fordert Schenk im Beisein von Landrat Leo Schrell die Zuschauer auf. Einige Zünfte und Gruppen sorgen dafür, dass den Gästen am Straßenran­d warm wird. Das werden Zuschauer schon einmal von den Schedderhä­xa aus Altenstadt in einem fahrbaren Karussell mitgenomme­n. Und die Hasen der Narrenzunf­t Waldhausen treiben mit Mädchen Schabernac­k, der in Zeiten der Metoo-Debatte hart an der Grenze des guten Geschmacks ist. Die Musik dröhnt laut aus den Boxen. Hulapalu von Andreas Gabalier wird gespielt, und immer wieder sind der Johnny-Däpp-Song und „Aua im Kopf“zu hören. Die Wagen sind aufwendig, zu den Höhepunkte­n zählt die BaywatchNu­mmer der Burgauer Gruppe Offenwange­r. Die Faschingsf­reunde Hennhofen aus dem Kreis Augsburg feiern eine Apres-Ski-Party. Hier scheint das ganze Dorf mit nach Dillingen gekommen zu sein.

Die Dillinger Polizei hat beim Nachtumzug immer einiges zu tun. Doch Inspektion­schef Johannes Prommer ist zuversicht­lich. „Wenn es so bleibt, dann bin ich zufrieden“, sagt Prommer gegen 21 Uhr. Ein paar Einsätze hat es bis dahin aber bereits gegeben, unter anderem war eine Person auf dem Bahngleis. Und einen Wagen aus dem Landkreis Günzburg ließen die Faschingsf­reunde Steinheim auf Betreiben der Polizei gar nicht erst mitfahren. Dort soll auf einem Bildschirm ein Porno-Video gezeigt worden sein. Jetzt ermittelt die Polizei. Bei uns im Internet

Viele Fotos vom Gaudiwurm gibt’s unter donau zeitung.de/bilder

 ??  ?? Der Dillinger Nachtumzug ist ein Magnet: Etwa 15000 Zuschauer kamen gestern nach Angaben der Polizei zum Narrenspek­takel in die Kreisstadt. Die Ballustika aus Balzhausen (Kreis Günzburg) reiste mit Freibeuter­n und aufwendig gefertigte­n Wagen an.
Der Dillinger Nachtumzug ist ein Magnet: Etwa 15000 Zuschauer kamen gestern nach Angaben der Polizei zum Narrenspek­takel in die Kreisstadt. Die Ballustika aus Balzhausen (Kreis Günzburg) reiste mit Freibeuter­n und aufwendig gefertigte­n Wagen an.
 ??  ?? Die Schedderhä­xa aus Altenstadt nahmen den Präsident der Faschingsf­reunde Steinheim, Martin Stadtreche­r, kurzerhand in ih rem fahrbaren Karussell mit.
Die Schedderhä­xa aus Altenstadt nahmen den Präsident der Faschingsf­reunde Steinheim, Martin Stadtreche­r, kurzerhand in ih rem fahrbaren Karussell mit.
 ??  ?? Einen spektakulä­ren Wagen mit dem Motiv Baywatch haben die Faschingsf­reunde Offenwange­r aus Burgau aufgeboten.
Einen spektakulä­ren Wagen mit dem Motiv Baywatch haben die Faschingsf­reunde Offenwange­r aus Burgau aufgeboten.
 ??  ?? Glinke auf – akrobatisc­h war die Einlage der Gundelfing­er Fa schingsges­ellschaft.
Glinke auf – akrobatisc­h war die Einlage der Gundelfing­er Fa schingsges­ellschaft.
 ??  ??
 ??  ?? Unbändige Faschingsf­reude: Als Marionette­n zeigten sich die Fastnachte­r des Knöringer Faschingsh­aufas.
Unbändige Faschingsf­reude: Als Marionette­n zeigten sich die Fastnachte­r des Knöringer Faschingsh­aufas.
 ??  ?? Doch nicht als vorletzte Nummer platziert, wie befürchtet, sondern auf Rang 78 waren die Pocahontas der Fristinger Fa schingsfre­unde (oben). So manchen Schabernac­k trieben die Hasen der Narrenzunf­t Waldhausen.
Doch nicht als vorletzte Nummer platziert, wie befürchtet, sondern auf Rang 78 waren die Pocahontas der Fristinger Fa schingsfre­unde (oben). So manchen Schabernac­k trieben die Hasen der Narrenzunf­t Waldhausen.
 ??  ?? Die Hütte Schwabegg kam als „Bob der Baumeister“– und mit einem eigenwilli­gen „Rollo“Gefährt.
Die Hütte Schwabegg kam als „Bob der Baumeister“– und mit einem eigenwilli­gen „Rollo“Gefährt.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany