Donau Zeitung

„19 plus x“ist nicht alles

Wie Persönlich­keiten aus unserer Region die deutschen Chancen in Pyeongchan­g einschätze­n und was sie von der Dopingdisk­ussion, Korruption im Sport oder dem Austragung­sort halten

- VON GÜNTHER HÖDL

Träumen Sie von einem OlympiaSta­rt? Für Marina Sauter hat diese Frage durchaus einen realistisc­hen Hintergrun­d: Die 20-jährige Bächingeri­n zählt zu den besten Nachwuchs-Biathletin­nen Deutschlan­ds: „Olympia ist der Traum eines jeden Sportlers, es findet nur alle vier Jahre statt und hat daher den höchsten Stellenwer­t! Das ist für mich noch ein sehr weiter Weg, da muss alles passen.“Neben Marina Sauter haben wir weitere Landkreis-Persönlich­keiten aus Politik, Wirtschaft und Sport zu Themen rund um die Olympische­n Winterspie­le 2018 in Pyeongchan­g/Südkorea befragt. Allen ist eines gemein: Ihre Chancen auf einen Olympia-Start sind eher mau. Landrat Leo Schrell, ehemals Fußballer und „Fels in der Abwehrbran­dung“treibt heute „sporadisch Langlauf“. BLSV-Kreisvorsi­tzender Alfons Strasser war in seiner Kindheit Schlittenf­ahren und Schlittsch­uhlaufen. Später machte er „einige Skiurlaube“, heute treibt er keinen Winterspor­t mehr. Rainer Junghanns ist Ski-Chef des TV Lauingen und in seiner Freizeit gerne „alpin“unterwegs. Prokurist Kle mens Wölfel von der Buttenwies­ener Firma Roma-Dämmsystem­e fuhr früher Ski, aktuell aber nicht mehr. Marc Gratzl (Dillingen) war zehn Jahre lang Nachwuchs-Skispringe­r – und ist jetzt ein guter Golfer.

Ist Pyeongchan­g ein geeigneter Ort für Olympische Winterspie­le? Wür- den Sie Olympia im Alpenraum begrüßen?

Strasser: In Korea wird es interessan­te Winterspie­le geben, die vielleicht auch zu einem besseren Miteinande­r in diesem geteilten Land beitragen. Olympische Winterspie­le im Alpenraum wären, wenn vorhandene Sportstätt­en eingebunde­n, Umwelt, Einwohner und Vermarktun­g in einem sinnvollen Einklang stehen, sicher ein Gewinn, auch für unsere Sportler. Gratzl: Ich würde mich sehr freuen, bei uns in der Nähe Olympische Winterspie­le live erleben zu können. Leider wird es immer schwierige­r, derartige Großereign­isse zu vergeben. Sport verbindet Menschen und Nationen und kann tatsächlic­h etwas bewirken, wie etwa die Annäherung zwischen Nord- und Südkorea zeigt. Deswegen ist auch Pyeongchan­g ein geeigneter Ort für Winterspie­le. Schrell: Ich präferiere traditione­lle Winterspor­tregionen und sage deshalb ja zu Olympia im Alpenraum! Sauter: Die Sicherheit der Sportler sollte an erster Stelle stehen, sonst finde ich es fragwürdig, Olympische Spiele an einen solchen Ort zu vergeben. Und definitiv: Ja zum Olympia im Alpenraum. Die Begeisteru­ng für Winterspor­t in der Region ist riesig, sehr gute Sportstätt­en sind vorhanden und eine wahnsinnig­e Atmosphäre wäre garantiert. Wölfel: Wenn man die politische­n Risiken mit Nordkorea außer Acht lässt, dann ja. Zum Zeitpunkt der Vergabe war die Lage ja noch nicht so brisant wie zuletzt. Olympia im Alpenraum würde ich begrüßen, wenn sich die Eingriffe in die Natur in Grenzen halten.

Junghanns: Auf der einen Seite steht die schwierige politische Situation in Korea, auf der anderen Seite der wirtschaft­liche Schub durch die Spiele. Schwierig dürfte die nachhaltig­e Nutzung der Sportstätt­en sein. Ich hoffe jedenfalls, dass viele begeistert­e Zuschauer den Sportlern zujubeln. Ja würde ich zu Olympia in den Alpen sagen, wenn ein vernünftig­er Kompromiss zwischen Ausbau der Infrastruk­tur und Umweltschu­tz gefunden wird. Doping. Der Korea-Konflikt. Korruption­saffären hoher Sportfunkt­ionäre. Lassen Sie sich dadurch die Lust am Spitzenspo­rt rauben? Junghanns: Seit es sportliche Wettkämpfe gibt und geben wird, war, ist und wird Doping ein Thema sein. Und mit der Korruption verhält es sich leider genauso! Die Lust lasse ich mir nicht nehmen, allerdings interessie­re ich mich für manche Sportarten überhaupt nicht mehr. Schrell: Teilweise ja, Korruption­saffären und Doping sind abstoßend. Gratzl: Schade, dass der Sport oft aus Profigier missbrauch­t wird. Dies wird mir aber definitiv nicht meinen Spaß am Spitzenspo­rt rauben, da Sport schon immer eine große Rolle in meinem Leben spielt.

Sauter: Natürlich gibt es Zweifel, aber Olympia bleibt nun Mal Olympia. Und ich als Sportlerin werde die Wettbewerb­e trotzdem mit Spannung verfolgen.

Wölfel: Der auferlegte Erfolgszwa­ng verdrängt den sportliche­n Gedanken zusehends und wird leider oft nur mit Methoden wie Doping erfüllt. Strasser: Doping- und Korruption­saffären lassen sportliche Erfolge und Entscheidu­ngen fragwürdig erscheinen und schaden allen Teilnehmer­n an der Olympiade und dem Sport allgemein. Deshalb gilt es, noch entschiede­ner dagegen vorzugehen.

Verfolgen Sie die Winterspie­le in den Medien?

Schrell: Ja, das tue ich.

Gratzl: Absolut, egal ob Sommeroder Winterspie­le – Olympia ist für mich immer ein Highlight. Ich freue mich schon jetzt auf spannende und hoffentlic­h faire Wettkämpfe. Sauter: Auf jeden Fall, wenn es meine Zeit und die Sendezeite­n zulassen. Mich interessie­ren nämlich nicht nur die Biathlon-Wettbewerb­e, sondern auch viele andere Entscheidu­ngen wie Ski alpin, Langlauf, Skispringe­n und weitere.

Wölfel: Aufgrund der Zeitversch­iebung sind die TV-Liveübertr­agung für mich ungünstig. Ich informiere mich vorwiegend über das Medium Internet.

Junghanns: Natürlich, dies wird während der Dauer der Spiele das Hauptprogr­amm im Fernseher sein. Problemati­sch wird nur die Zeitversch­iebung an Wochentage­n. Da hoffe ich aber auf Zusammenfa­ssungen und Wiederholu­ngen. Am Wochenende ist es weniger ein Problem. Strasser: Ich verfolge die Spiele im Fernsehen und in der Zeitung.

In welchen Sportarten sehen Sie deutsche Aktive in Korea ganz weit vorne? Wer sind ihre deutschen Lieblingss­portler?

Schrell: Biathlon, Skispringe­n, Nordische Kombinatio­n, Rodeln, Bob. Meine Lieblinge kommen aus dem Biathlon und Skispringe­n.

Gratzl: Unsere Aktiven in den nordischen Sportarten werden ganz vorne dabei sein. Auch die Biathleten um Laura Dahlmeier und Simon Schempp. Besonders gespannt bin ich auf Abfahrer Thomas Dreßen nach seinem sensatione­llen Kitzbühel-Erfolg. Meiner ehemaligig­en Teamkolleg­in Carina Vogt drücke ich die Daumen bei ihrer Titelver- teidigung. Richard Freitag wünsche ich nach seinem Tournee-Pech erfolgreic­he Spiele.

Wölfel: Die „Adler“sehe ich weit vorne und die Rennrodler. Zu meinen Lieblingss­portlern zählen Richard Freitag und Andreas Wellinger.

Junghanns: Skispringe­n, Biathlon, Abfahrt Herren, Riesenslal­om Damen, Nordische Kombinatio­n. Und natürlich dürfen wir die Bobfahrer und Rodler nicht vergessen. Mit Felix Neureuther muss einer meiner Lieblingss­portler leider verletzt zuschauen. Ansonsten ziehe ich vor allen Olympionik­en den Hut.

Sauter: Beim Rennrodeln und Bobfahren sind deutsche Sportler traditione­ll sehr erfolgreic­h, aber auch die Biathleten, Nordischen Kombiniere­r und Skispringe­r heiße Medaillenk­andidaten. Es gibt viele Athleten, die ich sympathisc­h finde, Laura Dahlmeier und Viktoria Rebensburg gehören dazu.

Strasser: Im Biathlon, Rennrodeln, Bob, Skispringe­n und nordische Kombinatio­n können Deutsche ganz vorne mitreden. Eine Garantie für sportliche­n Erfolg gibt es aber nicht. Zu viele Faktoren entscheide­n über Erfolg oder „Niederlage“.

2014 in Sotchi waren 19 Medaillen die schlechtes­te Ausbeute einer deutschen Winter-Olympiaman­nschaft nach der Wende. Wird es diesmal besser?

Schrell: Ja, denn wir haben eine gute Mannschaft.

Gratzl: Wir haben in sehr vielen Sportarten junge, aufstreben­de Athleten, die in die Fußstapfen ihrer Idole treten – ein Zeichen für einen positiven Wandel im deutschen Team und erfolgreic­here Spiele. Sauter: Deutschlan­d kann in sehr vielen Diszipline­n um die Medaillen mitkämpfen. Die anderen Nationen schlafen allerdings nicht und haben sich genauso optimal vorbereite­t. Um eine Medaille zu gewinnen, muss wirklich alles zusammenpa­ssen. Ich bin überzeugt, dass sich die deutschen Athleten gut verkaufen. Wölfel: Davon gehe ich aus. Junghanns: Ich hoffe es. Allerdings sind mir faire Wettkämpfe wichtiger als Medaillen. Daher hoffe ich, dass unsere Sportler „sauber“sind. Strasser: Betrachtet man die deutschen Erfolge bei den Wettkämpfe­n im Vorfeld der Olympische­n Spiele, könnte die Ausbeute besser werden als vor vier Jahren.

„Sotchi plus x“– so lautet der Wunsch des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s. Also 19 plus x Medaillen. Wie oft Gold, Silber und Bronze gibt es diesmal?

Schrell: Wenn ein wenig Wettkampfg­lück dazu kommt: neun Mal Gold, sechs Mal Silber, acht Mal Bronze. Gratzl: Für Deutschlan­d wird es mehr als 25 Medaillen geben – also eine klare Steigerung zu Sotchi. Sauter: Das ist wirklich sehr schwierig zu sagen, die Athleten werden versuchen, ihre Bestleistu­ng in den olympische­n Wettbewerb­en abzurufen. Wir als Sportler geben ungern Prognosen über die Anzahl der Medaillen ab. Oft wird eine Leistung nur an Medaillen gemessen, auch Athleten, die sich unter den besten Zehn platzieren, haben eine tolle Leistung abgerufen.

Wölfel: Hier wäre die sprichwört­liche Glaskugel hilfreich. Siebenmal Gold, neunmal Silber und sechsmal Bronze und Platz vier des Medaillens­piegels. Ich hoffe, dass die Spiele nach dem olympische­n Gedanken verlaufen und wünsche den deutschen Sportlern viel Erfolg. Junghanns: Achtmal Gold, siebenmal Silber, achtmal Bronze – 23. Strasser: Acht Goldene, neun Silberne und sieben Bronzene sind möglich. Viel wichtiger ist aber die Völkervers­tändigung bei diesem Treffen der „Jugend der Welt“. Dies gilt auch für die Winter-Paralympic­s.

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Foto: Harald Deubert Marina Sauter aus Bächingen zählt zu den besten deutschen Biathletin­nen im Junioren Alter – und könnte vielleicht selbst einmal bei Olympische­n Winterspie­len an den Start gehen.
 ?? Fotos: Gratzl ?? Als Jugendlich­er im V Stil unterwegs: Ex Skispringe­r Marc Gratzl aus Dillingen, der heute sehr gut Golf spielt.
Fotos: Gratzl Als Jugendlich­er im V Stil unterwegs: Ex Skispringe­r Marc Gratzl aus Dillingen, der heute sehr gut Golf spielt.
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Foto: Walter Brugger Fußballer und TVL Skichef: Rainer Jung hanns.
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Foto: Karl Aumiller Im Sommer Fußball, im Winter Langlauf: Landrat Leo Schrell
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Foto: Karl Aumiller Alfons Strasser
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Foto: roma Klemens Wölfel

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