Geburtshilfe schließt
Von 23. März bis 30. Juni brauchen Schwangere, wenn sie entbinden müssen, eine Alternative
Die Geburtsstation am Dillinger Kreiskrankenhaus wird vorübergehend geschlossen. Der Grund ist Personalmangel. Es fehlen Ärzte und Hebammen.
Dillingen Über 500 Babys erblickten im vergangenen Jahr in der Dillinger Kreisklinik das Licht der Welt. 2018 werden es weniger sein: Ab 23. März wird die Geburtshilfe am St.Elisabeth-Krankenhaus vorübergehend geschlossen.
Trotz aller intensiver Bemühungen der Geschäftsführung und des Aufsichtsrates der Kreisklinik Dillingen-Wertingen gGmbH sei es laut Landratsamt in den zurückliegenden Wochen nicht gelungen, den akuten Personalmangel im Bereich der Geburtshilfe an der Kreisklinik St. Elisabeth in Dillingen zu beheben. So hatte die Klinik zuletzt neben Ärzten für den Bereich Geburtshilfe und Gynäkologie auch Hebammen gesucht, um den Betrieb der Geburtshilfe nachhaltig sichern zu können. Dies sei vor allem wegen des bundesweit vorherrschenden Mangels an Fachkräften in diesem Bereich leider nicht gelungen. Deshalb haben Aufsichtsrat und Geschäftsführung die unausweichliche Konsequenz gezogen und beschlossen, die Abteilung ab 23. März vorübergehend zu schließen. Der Neustart der Geburtshilfe am Krankenhaus in Dillingen soll drei Monate später ab 1. Juli erfolgen.
Ausschlaggebend dafür war letztlich die Erkenntnis, dass mit den noch vorhandenen Hebammen und Ärzten kein Dienstplan aufrechterhalten werden kann, der rund um die Uhr eine qualitativ hochwertige Versorgung der werdenden Mütter und der Neugeborenen garantieren würde.
In den vergangenen Tagen haben der Vorsitzende des Aufsichtsrates der Kreiskliniken, Landrat Leo Schrell, Geschäftsführer Uli-Gerd Prillinger und das gesamte Gremium des Aufsichtsrates in mehreren Gesprächen und Sitzungen versucht, die Situation abzuwenden.
Dabei wurde einvernehmlich beschlossen, am Konzept zur Gründung eines Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ,
festzuhalten und zunächst die Abteilung Gynäkologie mit neuen Ärzten zu stärken. Im zweiten Schritt wird die Geburtshilfe neu aufgebaut und dafür ein neues Ärzteteam und ein vollständiges Hebammenteam am Krankenhaus in Dillingen etabliert. Aufgrund der Schließung des geburtshilflichen Bereichs empfiehlt die Klinik schwangeren Frauen, bei denen zwischen 23. März und 30. Juni dieses Jahres eine Entbindung ansteht, sich an die Kliniken in der Umgebung zu wenden. „Wir werden mit den umliegenden Kliniken sprechen, damit sie den betroffenen Frauen aus unserem Landkreis zur Seite stehen“, sagte Landrat Schrell am Montag auf Nachfrage. Auch die Hebammen werden sich darum kümmern. Dass es für die Schwangeren nicht leicht wird, dessen ist sich Schrell bewusst. In seinem Verwandtenkreis wird im Mai ein Baby erwartet. Doch nachdem das MVZ vorerst gescheitert ist, hatten die beiden neuen Ärzte Dr. med. Sascha Vietoris und Dr. med. Eva-Maria Link gekündigt. In der Folge kündigten Hebammen – aus verschiedenen Gründen.
Die Sprecherin der Hebammen, Anne Braun-Springer, betont: „Wir lieben unsere Arbeit und es ist immer wieder eine schöne und erfüllende Zeit, Schwangere bis zur Geburt zu begleiten und sie bei der Entbindung in der Dillinger Kreisklinik zu unterstützen. Wir wollen für unsere Frauen da sein. Wir Hebammen können aber mit der vorhandenen Personalstärke ab März den Dienstplan rund um die Uhr nicht mehr erfüllen.“Das Hebammenteam komme an seine körperlichen Belastungsgrenzen und könne die Verantwortung für die Sicherheit der werdenden Mütter und deren Kinder so nicht mehr übernehmen, weil auch Ärztemangel besteht. „Wir sind einfach zu wenige, und neue Hebammen zu finden, ist unter den gegebenen Rahmenbedingungen schwer. Es sind zu wenige Hebammen, die die verantwortungsvolle und zeitintensive Arbeit im Kreißsaal noch ausüben wollen“, so Braun-Springer. Es gebe zu wenig Nachwuchs, und Hebammen seien überall gesucht. „So bleibt für uns nur noch der letzte Ausweg: Die geburtshilfliche Tätigkeit an der Kreisklinik aufzukündigen.“Die Vor- und Nachsorge wie auch die Angebote im Hebammenhaus würden auf jeden Fall weiterhin gewährleistet. „Wir sind weiterhin für die Frau- en, die eine Hebamme benötigen, da.“
Geschäftsführer Uli-Gerd Prillinger und Landrat Leo Schrell zeigen sich enttäuscht über die nunmehr eingetretene Entwicklung: „Wir haben viele Hürden genommen und es in der Vergangenheit immer wieder gemeinsam mit dem Aufsichtsrat geschafft, die Lücken zu schließen und die Probleme im Dialog zu lösen. Wir haben vieles unternommen, um Personal zu gewinnen, neue Beschäftigungsformen anzubieten und attraktive Arbeitsbedingungen zu schaffen. Der Aufsichtsrat der Kreiskliniken habe mehrere Sondersitzungen einberufen und Gespräche geführt. „Die letzten Ereignisse stellen uns jedoch vor schier unlösbare Herausforderungen – bedingt durch Personalmangel und bundesweite Rahmenbedingungen für die Geburtshilfe“, sagt Schrell. Letztendlich gebe es zu der Entscheidung, die Geburtshilfe vorübergehend zu schließen, keine sinnvolle Alternative.
Dazu erklärt Oberbürgermeister Frank Kunz, selbst Mitglied des Aufsichtsrates der Kreiskliniken gGmbH: „Für unsere Stadt ist das eine ganz bittere Nachricht!“Jeder Tag, an dem in Dillingen kein Kind zur Welt kommen kann, sei einer zu viel. „Deswegen sehen wir die Verantwortlichen in der Pflicht, schnellstmöglich eine tragfähige Lösung für die Geburtsabteilung der Kreisklinik zu finden.“Schwierige Rahmenbedingungen würden auch ein Höchstmaß an Anstrengungen fordern. „Vonseiten der Stadt und des Stadtrats erwarten wir jetzt, dass die Geschäftsführung alle Hebel in Bewegung setzt, um die Geburtshilfe bis Juli wieder auf die Beine zu bringen. Diese Aufgabe muss allerhöchste Priorität haben!“
Schrell und Prillinger wollen zusammen mit dem Aufsichtsrat die Geburtshilfe und die Gynäkologie im Landkreis Dillingen langfristig sichern. Das sei man vor allem den Frauen im Landkreis schuldig. Auch die Hebammen wollen unter tragfähigen Bedingungen weitermachen und sich zudem aktiv an der Suche nach weiteren Hebammen beteiligen, wie Schrell sagte. Er fügte hinzu: „Die Entscheidung ist uns sehr schwergefallen, doch wir sehen die vorübergehende Schließung als Neuanfang für eine tragfähige Zukunft eines leistungsstarken Zentrums für Frauenheilkunde, bei dem die Geburtshilfe wesentlicher Bestandteil sein soll.“ Dafür benötige man aber Zeit, um den Appellen an die Politik Nachdruck zu verleihen, denn eine wohnortnahe Versorgung rund um die Geburtshilfe im Landkreis Dillingen müsse sichergestellt werden.“
Zudem könne durch die vorübergehende Schließung die notwendige Zeit für die Gewinnung fachlich qualifizierter Hebammen und Ärzte, die notwendige Einarbeitung und Strukturierung sowie für einen langfristigen Auf- und Ausbau stationärer und ambulanter medizinischer Versorgungsstrukturen gewonnen werden. „Diese Zeit nutzen wir intensiv, um den geburtshilflichen Bereich fortführen zu können“, so Schrell. Die Abteilung Gynäkologie werde uneingeschränkt aufrechterhalten.
„Für unsere Stadt ist das eine ganz bittere Nachricht!“Dillingens Oberbürgermeister Frank Kunz